Hale 2 Freibeuter des Herzens
Bestrafung. Grob riß er sie auf die Füße. Ihre Röcke hingen noch immer um ihre Hüfte, und sie beeilte sich, sie mit den Händen hinunterzustreichen. Einen Augenblick lang schützten ihre goldenen Haare sie vor den Blicken der grinsenden Menge. Dann warf sie den Kopf stolz zurück. Ihre Augen glühten, und sie hob ihr Kinn, als sie sie ansah. Verdammt, sie würde vor diesen Galgenstricken keine Scham zeigen, und schon gar nicht Jon gegenüber!
Cathy konnte ihm gerade noch einen giftigen Blick zuwerfen, da nahm er sie bereits mit seinen kräftigen Armen hoch. Cathy rührte sich nicht und versuchte krampfhaft herauszufinden, was er nun wieder im Schilde führte. Einerseits wollte sie seine Wut nicht erneut entfachen, aber andererseits, falls er sie etwa ins Meer werfen wollte...
Was immer Cathy auch erwartet hatte, was jetzt kam, traf sie völlig unvorbereitet. Jon blieb plötzlich stehen. Cathy hatte gerade genug Zeit, festzustellen, daß sie sich in sicherer Entfernung von der Reling befanden, als ihre Knie auch schon nach oben flogen, und sich ihr Kopf senkte. Mit einem Aufschrei wurde ihr bewußt, daß dieser Bastard sie mit dem Kopf voran in den Kessel tauchte, in dem sich die schmierige Masse befand, die sie vorhin Jon über den Kopf gegossen hatte.
Als Jon sie wieder herauszog, waren ihre Haare über und über mit dem ekligen Zeug verklebt. Er hatte sie nur bis zur Stirn hineingetaucht, wofür sie ihm vermutlich dankbar sein durfte, aber in ihren Gedanken war nur noch pure Mordlust zu finden. Ihre Finger krümmten sich zu einer Klaue, als Jon sie wieder gegen seine Brust gepreßt hielt.
»Das würde ich mir noch einmal überlegen«, meinte er leise, als er die Bewegung ihrer Hände sah. Cathys Augen sprühten Feuer, aber sie gab klein bei. Sie würde nichts dadurch gewinnen, außer vielleicht weitere Demütigungen. Sie konnte warten...
Er lachte offen über sie, während er sie über das Deck trug. Die Männer machten einen Gang frei, um sie passieren zu lassen. Auch sie lachten und schienen sich köstlich zu amüsieren. Ha, ha! dachte Cathy insgeheim. Ha, ha, ha!
»Perkins, bring uns Wasser. Ich glaube, Lady Stanhope benötigt dringend ein Bad«, sagte er zu einem hageren Jungen im Vorbeigehen. Diese Bemerkung rief erneut Heiterkeit hervor. Cathy biß sich so fest auf die Unterlippe, daß sie Blut schmeckte. Dafür würde er bezahlen, schwor sie sich, und wenn sie ein ganzes Leben darauf warten mußte.
Noch immer grinsend, betrat Jon mit ihr seine Kajüte, wo er sie zu Boden gleiten ließ. Am liebsten hätte sie einfach ziellos auf ihn eingeschlagen, aber sie nahm all ihre Kraft zusammen und beherrschte sich. Er würde sich nicht noch weiter über sie amüsieren! Sie nahm ihr letztes bißchen Würde zusammen, kehrte ihm den Rücken zu und blickte zu einem der Bullaugen hinaus. Nur ihre Augen und die geballten Fäuste ließen ihren wahren Gemütszustand erkennen. Aber Jon kannte sie bereits zu lange, um sich täuschen zu lassen.
»Ich hatte dich gewarnt, an Deck vorsichtig zu sein«, erinnerte er sie, und seine Mundwinkel zuckten noch immer amüsiert. Das war zuviel! Cathy fuhr wütend herum, und ihre verklebten Haare klatschten ihr ins Gesicht. Es war wie Öl auf das Feuer ihrer Wut.
Aber die Worte in ihrer Kehle wurden durch ein kurzes Klopfen an der Tür gebremst. Jon grinste sie breit an und öffnete. Draußen stand Perkins, ein großes Faß in seinen Armen. Als Witz hatte ihm jemand eine verbeulte Blechwanne über den Kopf gestülpt. Jon nahm dem Jungen das Faß ab, setzte es am Boden in in der Kajüte ab und befreite ihn dann von der Wanne. Perkins grinste ihn schüchtern an.
»Danke, Sir. Ich - ich dachte, Sie brauchen vermutlich eine ganze Menge... « stotterte er.
»Gut mitgedacht, Perkins. Du hast völlig recht«, sagte Jon trocken, und während der Junge noch abwartend stehen blieb, schloß Jon die Tür.
»Ausziehen! « sagte er, zu Cathy gewandt. Sie starrte ihn an, und ihre Wut war für den Augenblick verraucht.
»Wie bitte? « fragte sie.
»Ausziehen«, wiederholte er. »Die einzige Möglichkeit, das Zeug wieder aus dem Haar zu bekommen, ist durch waschen. Ich helfe dir. «
»Fahr zur Hölle! « stieß Cathy mit zusammengebissenen Zähnen aus. Jon lachte.
»Danke, da war ich schon, und obwohl es gar nicht so übel war, habe ich nicht vor, dorthin zurückzukehren. So, und jetzt wirst du tun, was ich dir sage, oder... «
»Ich hasse dich, ich verabscheue dich«, zischte Cathy,
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