Hale 2 Freibeuter des Herzens
sie Jon brüllen. Cathy fuhr herum und entdeckte seine Figur, wie er über das Deck schritt. Unter dem Hauptmast blieb er stehen und wiederholte sein Kommando zu dem Mann in den Wanten mit einer Stimme, die den beginnenden Donner noch zu übertönen schien.
»Hölle und Verdammnis! « fluchte Jon, als der Mann
seinen Befehl offensichtlich nicht richtig ausführte. Ihre Augen weiteten sich, als sie sah, wie Jon den Mast umklammerte und scheinbar mühelos hinaufzuklettern schien. Noch ehe er ein Drittel der Strecke zurückgelegt hatte, stand sie unter dem Mast und warf ihren Kopf weit in den Nacken, um hinaufsehen zu können. Er war nicht allein dort oben. Es mußten sich mindestens ein Dutzend weiterer Männer da oben befinden, die teils halsbrecherisch an den Rahen hingen und sich teils angstvoll an den Tauen festklammerten. Ihre Aufgabe war selbst einer Landratte wie Cathy klar. Sie sollten die Segel raffen, bevor der Sturm losbrach.
Er blieb eine gute Viertelstunde dort oben, und Cathy brach fast das Genick, als er endlich wieder herunterkam. Als er Cathy entdeckte, die neben dem Mast auf ihn wartete, platzte ihm fast der Kragen.
»Verdammt noch mal, ich dachte, du hättest mir versprochen, du würdest während des Sturms in der Kajüte bleiben! « brüllte er sie an. Cathy schnitt eine Grimasse.
»Welcher Sturm? « fragte sie frech. »Alles was ich sehe, sind ein paar Regentropfen. «
Jon knirschte hörbar mit den Zähnen. Er packte ihren Arm so fest, daß es schmerzte.
»Was ich sehe, sind die Vorboten eines Wirbelsturms«, preßte er heraus. »Und in etwa zehn Minuten wird hier die Hölle losbrechen. Ich habe keine Zeit, mit dir Spielchen zu spielen. Du gehst jetzt sofort in die Kajüte und bleibst dort, oder ich fessele dich an die Koje, bis der Sturm vorbei ist! «
»Ein Wirbelsturm? « hauchte Cathy entsetzt. Die Bezeichnung allein weckte Bilder in ihr, die ihr nackte Furcht einjagten. Es war schon schlimm genug, einen solchen Sturm an Land zu erleben, aber mitten im Meer, und mit einem Schiff wie der Cristobel, die alles andere als seetüchtig war - der Gedanke allein verursachte ihr eine Gänsehaut.
»Ja, ein Wirbelsturm«, grollte Jon, und seine Finger bohrten sich noch tiefer in ihre Arme.
»Das - das wußte ich nicht - ich bleibe in der Kajüte«, sagte Cathy, aber Jon war nicht bereit, es noch einmal ihren Launen zu überlassen.
»O'Reilly! « brüllte er, und als der Mann neben ihm erschien, befahl er ihm: »Bring Lady Stanhope in meine Kajüte. Und zwar auf dem direkten Weg, verstanden? «
»Zu Befehl. « O'Reilly nickte kurz. Zu Cathy gewandt, fügte Jon hinzu: »Und wenn ich dich noch einmal an Deck sehe, bekommst du meinen Gürtel zu spüren! Das ist ein Versprechen! «
Cathy war noch viel zu sehr mit dem Gedanken an den Wirbelsturm beschäftigt, um seine Drohung ernst zu nehmen. Gehorsam ließ sie es zu, daß O'Reilly ihren Arm ergriff. Sie waren noch keine drei Schritte weit gekommen, als Jon O'Reilly noch einmal rief.
»Schicke die anderen Frauen ebenfalls in meine Kabine«, ordnete er an. »Dort sind sie sicherer, und es ist besser, wir wissen, wo alle sind. Ich traue es den Frauenzimmern zu, daß eine von ihnen auf die Idee kommt, während des Sturms einen Spaziergang an Deck zu machen. «
»Aye, aye, Sir«, antwortete O'Reilly grinsend. Cathy kochte innerlich bereits wieder, aber O'Reilly sorgte dafür, daß sie sich kurz darauf in Jons Kabine wiederfand, wo er sie allein ließ. Cathy zündete eine Kerze an und wartete auf die anderen Frauen.
»Der Captain sagt, keine Kerzen - es könnte ein Feuer ausbrechen«, sagte O'Reilly, als er mit Angie, Sarita und den anderen Frauen zurückkehrte. Schweigend gingen sie an ihm vorbei und kauerten sich in der Mitte des Raumes zusammen.
»Und daß mir keine die Kabine verläßt«, fügte er eindringlich hinzu, wobei sein Blick auf Sarita gerichtet war. Dann blies er die Kerze aus und verließ sie, während die Kabine in völliger Dunkelheit versank.
Wenn Cathy geglaubt hatte, daß sie keine fünf Minuten mit Sarita in einem Zimmer würde bleiben können, ohne daß sie aufeinander losgingen, hatte sie sich getäuscht. Die Furcht in diesem dunklen Raum, während draußen der Sturm losbrach, machte sie alle zu Verbündeten. Alle Gedanken an ihre Rivalität waren wie weggeblasen. Jede von ihnen wollte nichts anderes, als überleben.
Der Sturm tobte achtundvierzig Stunden lang, und unzählige Male während dieser Zeit glaubte Cathy, ihre
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