Hale 2 Freibeuter des Herzens
Kabine zu bleiben. Wegen der Hitze hatte sie sich angewöhnt, ihr Haar zu einem Zopf zu flechten; mit ihren nackten Füßen, die unter dem Rock hervorlugten und ihrem inzwischen gebräunten Gesicht, sah sie aus wie eine Piratenbraut. Jon, der ihr zusah, wie sie an Deck mithalf, dachte, daß sie nie hübscher gewesen war, und fluchte innerlich über das Verlangen, das wie eine Pflanze immer wieder in ihm zu wachsen schien, und die sich nie mitsamt der Wurzel entfernen ließ.
Jons Augen waren nicht die einzigen, die Cathy auf Deck verfolgten. Viele der Männer gelüstete es ganz offensichtlich nach ihr, aber doch nicht so offensichtlich, daß Jon es mitbekam. Und Sarita beobachtete Cathy voll böser Gedanken. Seit jener Nacht war Jon nicht mehr auf ihr Lager gekommen, und diese Hure von Frauenzimmer bewohnte noch immer seine Kajüte. In Sarita brodelte es, und sie wartete auf ihre Gelegenheit.
Das Verhältnis zwischen Jon und Cathy ließ sich am besten als eine Art Waffenstillstand bezeichnen. Er schlief mit ihr, wenn er ihr nicht länger widerstehen konnte, und sie nahm es kampflos hin. Sie sprachen kaum miteinander. Nach außen hin lebten sie nebeneinander her wie zwei Fremde. Nur wenn sie zusammen in der Koje lagen, stillten sie ihren Hunger, den sie füreinander empfanden. Cathy schämte sich, daß sie sich so vollständig einem Mann hingab, der sie mit einer anderen betrogen hatte, der sie wie eine Dirne behandelte und sie offensichtlich auch dafür hielt. Aber sie konnte nicht dagegen an. Wenn seine Hand sie auch nur berührte, verriet sie ihr eigener Körper. Sie wollte ihn, und er wollte sie. Was das anbelangte, so waren sie sich einig.
Die Wunde, die sie Jon an der Schulter zugefügt hatte, war fast vollständig verheilt. Jon hatte sich selbst darum gekümmert und ihr nur einen eiskalten Blick zugeworfen, als sie sich angeboten hatte, ihm zu helfen. Es war, als wollte er sie nicht an sich heranlassen. Mitte Januar ließen nur noch zwei rote Flecken erkennen, wo die Wunde gewesen war, und Jons Arm besaß fast wieder die volle Kraft wie zuvor. Dafür war Cathy insgeheim dankbar. Die Unerfahrenheit der Crew der Cristobel erforderte, daß Jon viel Zeit in den Wanten verbringen mußte, um Segel zu setzen oder Taue zu verknoten. Jedesmal, wenn sie sah, wie er sich Hand um Hand an einem Seil nach oben zog, verursachte ihr die Angst um ihn Magenschmerzen. Wenn er stürzen sollte... Aber Jon war unglaublich kräftig. Sobald er wieder seine ganze Kraft besaß, würde er keinen Fehler machen. Und seine Kraft hatte er fast vollständig wiedererlangt.
Seit einiger Zeit fiel Cathy auf, daß ihr übel wurde, wenn das Schiff zu sehr rollte oder wenn sie sich zu lange in der Sonne aufhielt. Zunächst schob sie die Schuld daran auf das unappetitliche Essen, das es als Verpflegung gab, und vergeudete keine weiteren Gedanken daran. Aber ganz allmählich nahm ein bestimmter Verdacht immer mehr Form an: Sie hatte schon seit längerer Zeit keine Monatsblutungen mehr gehabt. So schrecklich dieser Gedanke auch war, es wurde immer wahrscheinlicher, daß sie ein Kind erwartete.
Als Cathy sich diese Möglichkeit endlich eingestand, war es ihr unverständlich, daß sie es nicht schon früher gemerkt hatte. Wenn sie zurückdachte, wurde ihr bewußt, daß ihr Magen ihr schon seit Monaten Probleme machte, und was ihre Blutungen anbelangte - Cathy dachte angestrengt nach. Das letzte Mal hatte sie Sie vor dem Verlassen Woodhams gehabt. Das bedeutete - großer Gott, sie war demnach mindestens im fünften Monat schwanger!
Cathy war wie erstarrt. Instinktiv legte sie ihre Hand auf ihren Bauch. Jetzt, wo sie es wußte, konnte sie eine gewisse Schwellung ihres Bauches ertasten, wenn auch nicht soviel, daß es einer Schwangerschaft im fünften Monat gerecht wurde. Vielleicht hatte sie sich verrechnet oder das Kind war außergewöhnlich klein. Cathy fragte sich, wie wohl Jons Reaktion ausfallen würde, wenn er erfuhr, daß er erneut Vater wurde, und erbleichte. Er würde alles andere als begeistert sein. Er würde ihr dafür die Schuld geben... Trotzig hob Cathy das Kinn. Es gehörten immer noch zwei dazu, ein Kind zu zeugen, also trug er mindestens ebenso die Verantwortung dafür wie sie. Außerdem betraf es ihn nicht sonderlich. In den Augen des Gesetzes war Jon nicht einmal der Vater des Kindes. Harold würde der Vater sein, denn er war ihr legaler Ehemann. Sie verspürte das unerklärliche Verlangen loszukichern. Jon würde rasen, wenn ihm
Weitere Kostenlose Bücher