Hale 2 Freibeuter des Herzens
dieser Aspekt der Lage zu Bewußtsein kam. Sein Kind von Harold rechtmäßig beansprucht! Wenn es ein Junge wurde, erbte er sogar Harolds Titel und alle seine Besitztümer. Cathy stellte sich Harolds Wut vor, wenn er erfuhr, daß die Frau, mit der er nie geschlafen hatte, ihm einen Erben schenkte, und diesmal mußte sie wirklich kichern. Mein Gott, was war das alles nur für ein Durcheinander.
»Was ist denn so lustig? « ertönte eine tiefe Stimme an ihrem Ohr. Cathy zuckte schuldbewußt zusammen. Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, daß Jon hinter ihr stand.
»Nichts«, antwortete sie hastig. Sie brauchte selbst erst einmal Zeit, bevor sie ihm die Neuigkeit beibrachte. »Ich - ich mußte einfach lachen. «
»Ich würde gerne an deiner Heiterkeit teilhaben«, sagte er verstimmt. »Ich würde auch ganz gerne wieder einmal herzhaft lachen. «
Cathy warf ihm diesmal einen längeren Blick zu. Er sah müde aus. Die Linien, die sein Gesicht zeichneten, schienen tiefer als sonst, und es lagen Schatten unter seinen Augen. Sein Haar war inzwischen so lang, daß es in Locken über seinen Kragen fiel, und Cathy dachte, ich muß ihn überzeugen, daß er es mich schneiden läßt, bevor sie sich wieder ernsteren Gedanken zuwandte.
»Stimmt etwas nicht? « fragte sie leise. Jon schnitt eine Grimasse.
»Nicht mehr als üblich«, sagte er und blickte über ihre Schulter hinweg aufs Meer hinaus. »Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, daß ein Sturm aufzieht. Ein böser Sturm. Alle Anzeichen sprechen dafür. Ich werde alle Hände voll zu tun haben, das Schiff vor dem Sinken zu bewahren und keine Zeit haben, mir um dich Sorgen zu machen. Ich möchte, daß du mir versprichst, die Kajüte nicht zu verlassen, bis ich dir sage, daß es wieder sicher ist.
Cathy warf ihm einen fragenden Blick zu.
»Wenn ich dich nicht besser kennen würde, Captain, hätte ich den Verdacht, du wärest besorgt um mich«, murmelte sie herausfordernd. Jon schnaubte verächtlich.
»Sagen wir einfach, ich möchte nicht, daß sich die Haie an diesem schönen Körper genüßlich tun - zumindest noch nicht. Im Moment fallen mir noch zu viele schöne Dinge ein, die man damit anstellen kann. « Cathy versteifte sich während dieser Worte.
»Spring doch meinetwegen über Bord«, sagte sie mit eisiger Stimme, machte auf dem Absatz kehrt und wollte davonlaufen. Jon packte sie am Arm und hielt sie fest. Cathy warf ihm einen feindseligen Blick zu.
»Versprich es mir«, sagte er leise. »Oder ich schwöre, ich schließe dich ein. Wenn mir dann etwas geschieht und das Schiff sinkt... «
Cathy schluckte, als sie sich ausmalte, was dann geschehen würde.
»Na schön, ich verspreche es«, stieß sie aus, und er ließ ihren Arm los, so daß sie gehen konnte.
Bis lange nach Einbruch der Dunkelheit blieb sie an Deck. Jon war auf dem Achterdeck beschäftigt, und Angie war unter Deck verschwunden. Niemand sonst belästigte sie, und Cathy gab sich ganz ihren Gedanken hin. Diese drehten sich fast ausschließlich um das
Baby. Sie würde es Jon sagen müssen, darüber gab es keinen Zweifel. Eine Schwangerschaft ließ sich nicht lange verborgenhalten. Sie verwünschte die Tatsache, daß das Kind in ein solches Durcheinander hinein geboren werden sollte. Jon liebte sie nicht - das hatte er ihr nur zu deutlich zu verstehen gegeben. Und sie -liebte sie ihn? Ihre Gedanken waren in einem solchen Aufruhr, daß sie es selbst nicht mehr wußte. Manchmal liebte sie ihn noch, wenn er der Jon war, den sie noch von Woodham her kannte, ihr zärtlicher Liebhaber, der Vater ihres Sohnes Cray. Aber dann wieder, wenn er sie verächtlich für etwas zu strafen suchte, was sie nie begangen hatte, haßte und verabscheute sie ihn. Und immer wieder dachte sie an jene Nacht, die er mit Sarita verbracht hatte, und Haß stieg in ihr auf. Wenn sie sich also fragte, ob sie ihn liebte, war die ehrliche Antwort, daß sie es nicht wußte.
Die See wurde immer rauher, und der Wind frischte auf. Die Cristobel pflügte durch die immer höheren Wellen. Über ihnen hatte sich eine Wand schwarzer Wolken aufgetürmt, die den blassen Mond verdeckte. Kalte, salzige Gischt wehte über die Seite des Schiffes und erwischte Cathy im Gesicht. Abrupt aus ihren Gedanken gerissen, prustete sie erschrocken. Während sie sich noch die Feuchtigkeit aus dem Gesicht wischte, verfing sich der Wind im falschen Ende eines der Segel, und es begann zu schlagen und zu knallen wie eine Peitsche.
»Rafft das Segel! « hörte
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