Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
ihn - im Grunde - mindestens jeden zweiten Tag sehen, so sehr sehne ich mich nach ihm. Mein Herz rast, wenn mein Handy klingelt und wenn ich auf dem Display die blinkende Anzeige mit seinem Namen entdecke. Er übt eine animalische Anziehungskraft auf mich aus, die absolut vergleichbar mit den Gezeiten und dem Verhältnis des Meeres zum Mond ist. Es läuft wirklich alles optimal, zumindest wenn man von einer gewissen Problemzone absieht. Diese ist tabu. Dort unten herrscht Death Trouser
– zumindest noch ... tja, das ist jammerschade! Die Behandlungsweise dieses geheimnisvollen Inkognito Arztes ist bis jetzt ohne Erfolg geblieben, aber ich blicke auch hier positiv in die Zukunft.
Ich habe mir extra für die Mailänder Expedition ein bezauberndes Outfit besorgt. Die chinesische schulter- und rückenfreie Cheongsam ist aus hochwertigem bestickten Brokat-Seidenmaterial. Das Kleid ist äußerst figurbetont und wirkt mit seinem Kragen im chinesischen Stil und den Schmetterlingsknöpfen sehr elegant. Darüber hinaus hat es einen Seitenschlitz, der beinahe bis zu meiner linken Hüfte reicht. Das raffinierte Dekolleté lässt dabei nicht zu viel und nicht zu wenig erahnen und präsentiert meinen Busen optimal. Um das Ensemble zu ergänzen, setze ich auf eine edle, silbergraue Stola, eine schwarze Fendi-Handtasche und hohe Glattleder-Sling-Hacken (Letztere sind auch neu und sehen wirklich sexy aus!).
Erfreulicherweise sollte die Vernissage zuerst stattfinden, denn sonst hätte ich die Beköstigung verweigern müssen (Bauchzone!). Durch meine sportliche Aktivität und durch mein kontinuierliches Zuckerfallenaufspürprogramm zeigt die Waage nun die etwas erfreuliche Ziffer 61,80 kg an. Juhu!
Vinzenz lenkt Raumschiff Enterprise minutiös zu meiner Bleibe. O Scheibenkleister, ich hab’ verschlafen! Die Batterien meines Weckers haben justament in dieser Nacht den Geist aufgegeben. Wir wollten um sieben Uhr starten.
Uuuff ... Ich bin fünfzehn Minuten später tatsächlich abfahrbereit! Ich hoffe nur, dass ich in der Hektik nichts vergessen habe.
Einige Stunden, ein Frühstück und ein kurzes Nickerchen an Francescos breiter Schulter später, erreichen wir Mailand. – Ich betrete darauf das erste Mal Francescos italienisches Domizil. Er bewohnt die obere Etage einer Villa, die in einer noblen Gegend etwas außerhalb des Stadtzentrums gelegen ist. Die Räumlichkeiten sind freundlich und modern eingerichtet. An dem satten Grün der vielen Pflanzen lässt sich erkennen, dass hier ein wahrer Botaniker Hand angelegt hat und Sachverständnis beweist. Das Bett ist frisch bezogen und der Wohlgeruch, welcher der Küche entströmt, lässt auf eine köstliche Mahlzeit schließen.
Nachdem ich meine Habseligkeiten ausgepackt habe, klingelt es an der Tür und eine betagte Frau begrüßt Francesco überschwänglich (auf Italienisch und sie herzt meinen Lebemann, als ob sie ihn schon seit Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen hätte!). Francesco macht uns, nachdem er endlich wieder freigegeben wurde, bekannt. Die Frau stellt sich als seine Zia (Tante) Antonella heraus. Sie bewohnt die Wohnung unter ihm und sieht hier immer nach dem Rechten. Francesco bittet sie herein und macht uns einen Espresso. Und während die beiden ausgelassen plaudern, lehne ich mich entspannt in den Sessel zurück und lausche selig der italienischen Sprachmelodie.
Nachdem ich meine Tasse geleert habe, verabschiede ich mich, um eine Dusche zu nehmen (jene frühmorgens habe ich ja – dank des ausgefallenen Appells - versäumt!). Wenig später höre ich die Tür ins Schloss fallen und Francesco ruft mich zum Mittagessen.
Ich flutsche daraufhin, nur mit einem Bademantel bekleidet, zur Tür hinaus und halte nach meinem Liebhaber Ausschau. Ich finde das angepeilte Objekt schließlich auf dem Balkon vor. Die Balustrade ist kunstvoll aus Eisenstäben gefertigt und wird von unzähligen Terrakottatrögen, die mit einer Vielzahl mediterraner Gewächse und Kräuter bestückt sind, komplett eingesäumt. Geschützt wird der entzückende Erker durch einen geschwungenen Dachgiebel. Inmitten dieses Ambientes prangt ein schmiedeeiserner Tisch und zwei weiß getünchte Eisensessel, die mit wollig weichen Sitzkissen versehen sind. Zia Antonella hat uns eine Pasta mit Tomaten, Zucchini, Pinienkernen und Parmesan gezaubert. Sie versteht demzufolge nicht nur etwas von Pflanzen, sondern sie ist auch eine Koryphäe in der Küche. Dazu wird Weißbrot und eine Flasche Pinot blanc
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