Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
Hals nach meinem Begleiter.
Nach dem zweiten Campari-Orange beschließe ich, mich auf die Suche nach Francesco zu machen und finde ihn im lauschigen Innenhof, fernab der Gesellschaft, in Begleitung einer attraktiven Frau um die Vierzig vor. Die beiden lachen und unterhalten sich scheinbar prächtig (während ich geduldig ausharre und wie Aschenputtel auf das Erscheinen meines Prinzen warte). Mir fällt sofort auf, dass sich die Frau vertraut bei ihm eingehakt hat. Zusammen starren sie gen Himmel und sie bedeutet ihm mit ihrer freien Hand Ausschau nach irgendetwas zu halten. Tja, und während sie sich konzentriert dem Sternenhimmel zuwenden, wandert Francescos Hand an der Lady unbekümmert abwärts, bis sie sich schließlich gemächlich auf ihren wohlgeformten Vier Buchstaben niederlässt.
Nun, in dieser Pose finde ich also meinen Lebemann vor! Ich bin etwas erzürnt! Nein, ich bin eigentlich fuchsteufelswild! Er will im Befehlston angesprochen werden, na, das kann er haben! Zu schade, dass ich die Peitsche nicht eingesteckt habe, denn die würde ich ihm jetzt ungemein gerne überbraten!
»Ach, Amelie, da bist du ja!«
(Wie schön, er weiß meinen Namen noch! – Ich konnte mich leider nicht leise anpirschen und ihre Unterhaltung verfolgen, da Absätze am Kopfsteinpflaster zu geräuschvoll waren und im Innenhof sofort Resonanzen bildeten.)
»Ich habe dich vorhin überall gesucht«, trällert er mir freudestrahlend zu.
»Nun, du hast ja, wie ich feststellen muss, einen ganz netten Ersatz gefunden, nicht wahr«, antworte ich betont kühl.
»Amelie, darf ich dir Bibiana vorstellen!« Er greift nach meiner Hand und zieht mich zu sich. »Sie ist die Schwester meines besten Freundes. Wir haben uns gerade eben zufällig getroffen«, bemerkte er euphorisch.
Tja, was soll ich sagen! Die einzige Sprache, deren wir alle drei mächtig sind, ist die Englische, folglich kommunizieren wir dementsprechend. Wir tauschen einige Höflichkeitsfloskeln aus, wobei ich Bibiana misstrauisch beäuge. Nach wenigen Minuten schließen wir wieder zur Gesellschaft auf und danach werden wir zu Tisch geleitet. (Meine Füße jubeln lautlos auf!)
Bibiana wirft kurzerhand die Tischordnung über den Haufen und gesellt sich gleich neben Francesco. Sie ist wieder ins italienische Sprachmuster zurückgefallen und gestikuliert wie wild mit ihren Händen und
– was mir sehr missfällt – mit ihren Augen. Sie flirtet ungeniert mit Francesco, obwohl ich gleich nebenan platze. Nun, bald PLATZE ich, soviel ist gewiss! Ich suche unter der Tischdecke nach seinem Oberschenkel und kneife gleich, nach dessen Entdeckung, gewissenhaft hinein.
»Autsch!«, entweicht es ihm leise und er starrt mich daraufhin mit treuen Hundeaugen und mit »Ich will ja mit dir plaudern, aber ich kann mich nicht losreißen!« – Blick an.
Dieser Abend verläuft äußerst zäh. Während sich Francesco blendend unterhält, langweile ich mich fast zu Tode. Francesco platziert offenbar einen Witz oder schildert eine humoristische Situation, denn alle lachen herzhaft (außer meine Wenigkeit, da Sprachbarriere ja allseits vorhanden).
Ich frage mich aufrichtig, was ich hier mache. Warum hat er mich mit nach Mailand genommen und warum zum Teufel hat er mich auf diese Vernissage geschleppt? (Damit ich hier doof rumsitze!) Irgendwie fühle ich mich gegenwärtig überhaupt nicht wohl. Ich scheine in dieser kuriosen, italienischen Künstlerwelt komplett deplatziert zu sein! Ich will eigentlich auf der Stelle in die Villa. Ob Vinzenz vor dem Eingang wartet? - Auf der anderen Seite hat mich Francesco zu sich eingeladen und mich auf dieses Event mitgenommen. Er würde sich doch nicht in der Öffentlichkeit mit jemanden zeigen, denn er nicht zu schätzen wüsste, oder?
Nun, ich werde – quasi als Dame der Gesellschaft – meinen kurzweiligen Verpflichtungen nachkommen, allseits liebevoll lächeln und nicken, einen großzügigen Schluck Wein trinken, meine geschwollenen Füße aus den beengenden Schuhen befreien und geduldig abwarten!
Wenn man einen Menschen nicht verlieren will,
muss man seine verwundbare Stelle respektieren.
(Elise Pinter)
Nach zweistündiger Stillhalteparole halte ich es schließlich nicht mehr aus. Nachdem ich Francesco von meiner Absicht, endlich nach Hause in die Villa Kunterbunt fahren zu wollen, unterrichte, sieht er mich verärgert an.
»Was, jetzt schon? Ich kann ja verstehen, dass du dich ein wenig langweilst, aber halte mir zuliebe noch
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