Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
vergessen! Ich bin nicht dein dummes Frauchen, das stets stillhält und ruhig und gelassen abwartet, während du allerorts herumflirtest! Ich bin gewiss kein Mensch, den man schnell mit Eifersüchteleien reizen kann, aber du hast heute den Bogen bei Gott überspannt! Ich hätte dir in deinem Alter schon ein bisschen mehr Sinn für Anstand und Sitte zugetraut!«
»Es tut mir leid!«
»Ja, das sagtest du schon! Ich will jetzt nach Hause!«
»Ich habe Vinzenz bereits informiert, er ist schon auf dem Weg hierher. Ich werde mich nur noch rasch verabschieden.«
»Tu, was du nicht lassen kannst!«, sage ich emotionslos.
»Warte auf mich, ich bin gleich wieder zurück!«
Vinzenz rollt wenig später mit Raumschiff Enterprise an. Ich besteige hastig meine Transfermöglichkeit und gebe Vinzenz die Anweisung, mich bitte unverzüglich nach Hause zu chauffieren. »Und, Herr Percher kommt nicht mit?« - fragt er fürsorglich, »Nein, der kommt erst später nach« erwidere ich und damit brausen wir auch schon davon.
Mir gehen augenblicklich tausend Dinge durch den Kopf. Die Abfolge meiner vielen Fragen und die Ereignisse des Abends prasseln dermaßen auf mich herab, dass ich beinahe keine Luft mehr bekomme. Ich blicke starr aus dem Fenster und will die letzten Stunden eigentlich nur noch eilig aus meinem Gedächtnis canceln!
Tja, das Schönste an einem klärenden Gespräch oder einem heftigen Streit ist doch die Versöhnung! Nachdem ich Zia Antonella gebeten habe, mir die Wohnung aufzuschließen, setze ich all meine vorigen Bedürfnisse um. Gerade als der erste Schluck Wein meine Kehle hinunterstürzt, höre ich die Tür und Francesco betritt die Wohnung.
»Es tut mir ehrlich leid!«, versichert er mir abermals und steuert mit bekümmertem Gesichtsausdruck auf mich zu. So schnell bekommt er mich aber nicht rum, ich schmolle weiter auf meinem Sessel und kippe noch einen kräftigen Schluck Wein hinunter. »Mein Verhalten war wirk
lich unangebracht.«
»Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung«, sage ich trocken.
»Ich möchte dir etwas schenken.«
»Du kannst nicht etwas Unrechtes tun und darauf hoffen, dass du es mit Geschenken wiedergutmachen kannst.«
»Das ist mir bewusst, aber ich habe es heute für dich gekauft und es stellt eine Kombination dar, also mach bitte die Augen zu.«
Nun, was soll ich sagen! Der Ausklang dieses Wochenendes ist genauso bezaubernd wie der Anfang, nur den verheerenden Mittelteil hätten wir auslassen sollen.
Wir haben weiterhin fleißig an unserem sexuellen Techtelmechtel geübt, aber über den Einminutentakt ist Francescos Kumpel nicht hinausgekommen. Aber was soll’s, es war trotzdem sehr vergnüglich.
Ach, übrigens! Ich bin nun stolze Besitzerin eines glitzernden und funkelnden Dreier-Assemblies, bestehend aus: rosarubinrotem Armband, geschmeidigem Collier und dazupassenden Ohrringen, Marke Swarovski. Juhu!
Selbstverteidigungskurs mit zwingenden Hindernissen
Echte Missverständnisse vervielfältigen sich durch Zellteilung.
Der Kern des Irrtums spaltet sich,
und neue Missverständnisse entstehen.
(Erich Kästner)
Am Montag hat mich der Alltag wieder voll und ganz im Griff. Leider bin ich zum Frühdienst eingeteilt und muss somit mein Frühstück hastig hinunterwürgen, denn Frau Grinsel ist schon auf dem Weg hierher, das kann ich regelrecht spüren.
Unser Kaffeehaus-Kampfgeschwader hat bei hypochondierendem Mädchen nun eine neue Taktik eingeschlagen. Frau Grinsel ist ein Gewohnheitsmensch und erkundigt sich ja jeden Tag aufs Neue nach dem werten Befinden der Servicebrigade. An und für sich ein netter Charakterzug von ihr, aber - wie wir alle schon wissen - verbirgt sich dahinter nur ein geschickter Schachzug. Unser Anstand geht automatisch dazu über, sie dasselbe zu fragen, was katastrophal für Kellnergeist und –seele sein kann. Ach, ich glaube, ich höre sie schon die Treppen herauftrippeln.
»Guten Morgen, Frau Amelie! Auch wieder einmal im Dienst?«
»Ja, ab und an sehe ich hier schon vorbei«, erwidere ich lächelnd.
»Und, wie geht es Ihnen heute?«, fragt sie mich interessiert.
»Ach, was soll ich Ihnen sagen, Frau Grinsel! Ich habe seit Tagen entsetzliche Zahnschmerzen. Und durch diese mittlerweile schon chronisch gewordenen Attacken habe ich einen Kopf ... nein, ich kann’s Ihnen gar nicht beschreiben! Mir tut einfach alles in diesem Umkreis hier weh«, erkläre ich ihr und deute dabei schmerzverzerrt auf meine linke
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