Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
sehr unmöglich erscheinen lässt, ich kenne diese Stimme nur allzu gut.
»Meine Damen, darf ich vorstellen: Das ist Hauptkommissar Handler!«, ertönt es von vorn. Der vermeintliche Kursleiter deutet dabei auf meine Rückenpartie. Ich wage es nicht, mich umzudrehen, obwohl sich nun alle Häupter auf meine Heckseite konzentrieren und freundlich nicken. »Herr Handler wird, je nachdem ob es ihm seine Zeit erlaubt, diesem Kurs beiwohnen und Sie ebenso mit Rat und Tat unterstützen. Scheuen Sie sich nicht, ihn oder uns, bei auftretenden Unklarheiten zu fragen.«
»Ich freue mich sehr, Sie hier alle so zahlreich begrüßen zu können! Einige von Ihnen durfte ich ja bereits vorhin kennenlernen«, bemerkt Stimme hinter mir. »Ach, Gustav! Frau Parker ist erst jetzt zu der Gruppe gestoßen und sie scheint mir noch unaufgewärmt. Wir wollen doch das Verletzungsrisiko nicht schüren und sie kalt einsteigen lassen. Ich werde mich persönlich um ihr Aufwärmprogramm kümmern. Du kannst einstweilen fortfahren.«
»Gut. Na dann meine Damen, aufgepasst!«, fährt Gustav fort (ich verliere hier den Faden, da mich an der Schulter etwas stupst).
»Sind Sie so weit?«, fragt die Stimme eines vermeintlichen Sklaventreibers ungeduldig.
»Wofür?«, will ich wissen und drehe mich rasch um, um den Anblick seines ungepflegten Aussehens rasch über mich ergehen zu lassen.
Also, also, ... nun, ich finde keine Worte. Dieser Mann kann unmöglich derselbe sein, wie jener, mit dem ich zweimal ein äußerst hitziges und verbales Wortgefecht ausgetragen habe. Ich bin baff und man merkt es mir leider auch an, da ich ihn mit offenem Mund anglotze! Dieser Mann vor mir hat nur noch zwei Dinge mit dem garstigen Kerl von Seefeld und vom Schlosspark gleich: Seine Körpergröße und diese unverschämt stahlblauen Augen (die mir schon bei unserer ersten Begegnung indirekt aufgefallen sind!). Der ekelhafte Rotzbremser ist mitsamt den anderen Barthaaren verschwunden und ein kleines Grübchen ist nun aus der Versenkung seines ehemaligen Kinnbewuchses aufgetaucht. Man entdeckt jetzt ein kantiges Gesicht und seine blauen Augen stechen kontrastvoll daraus hervor. Seine Nase ist schmal und geradlinig, und sein schulterlanges, brünettes Haar wirkt heute gepflegt und dabei ist es feinsäuberlich im Nacken zusammengebunden. (Wenn ich momentan nicht so daneben wäre, dann würde ich behaupten, dass ich allzeit seinem komplett gegensätzlichen Zwillingsbruder begegnet bin.) Und, der Clou des Ganzen ist das Gesamtbild, das er in seinem gut sitzenden Anzug abgibt.
Erde an Amelie ... Amelie, reiß dich zusammen!!!
Ich erwache rasch aus der Trance. Ich muss nun überrascht tun: »Oh, Sie sind’s?«, stoße ich beinahe glaubwürdig hervor.
»Ja, ich bin’s! Kommen Sie, Frau Parker!«
»Wohin? Zum Duellierplatz oder gleich zum Schafott?«, frage ich nach und bin dabei um eine freundliche Singstimme bemüht, um der Situation die Strenge zu nehmen.
»Saal zwei, in fünf Minuten!«
»Saal zwei?«, frage ich nach.
»Ja, gleich der kleine Saal links nebenan, in fünf Minuten. Seien Sie ja dort, sonst komme ich Sie holen!« Mit dieser Ankündigung entschwindet er aus meinem Gesichtsfeld.
Ich stemme mich rasch auf und schleiche mich, ebenfalls auf leisen Sohlen, aus Saal eins. Oh, Kommissario ist gerade hinter der letzten Tür des Ganges verschwunden. Ich muss ihm die Sache mit Garfield unbedingt erklären, und zwar, bevor er mich zu Tode gequält hat. Ich stehle mich barfuß und lautlos an die letzte Tür heran. Hierauf ist kein WC- oder Umkleideschild zu entdecken. Na, dann kann ich getrost einen Blick hinter die Kulissen riskieren. Zuerst sollte ich noch an der Tür lauschen. Nun, ich vernehme keine Stimmen. Nur das Öffnen und Verriegeln einer Lade ist zu hören. Oh, Kommissario ist scheinbar sehr verärgert, denn er greift bereits zu den Waffen (Pistole, Degen, Schwert ...).
Mein Plan sieht vor: Ich werde rasch eintreten und gleich mit meiner Erklärung beginnen. So unmöglich, wie er sich mir gegenüber auch verhalten hat, das entschuldigt nicht, dass ich ihm kurzfristig den geliebten Vierbeiner entrissen habe. (Und wenn dieser Rohling nun keine Menschenseele auf Erden hat, der er sich anvertrauen kann - bei seinem Gespür für Menschen würde mich das nicht wundern - und Garfield ist sein einziger Vertrauter! Na, dann bin ich schuld, dass er spätestens jetzt einen Psychiater benötigt oder vielleicht sogar schlimmstenfalls in der Klapsmühle landet.)
Ich
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