Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
Hüllen fallen zu lassen.«
»Na, wie finde ich das nun: Gut oder schlecht?«
»Jedenfalls hat der Unterricht am Körperkult immer weitere Kreise gezogen. Doktor Aschenbrauer hat dann begonnen, mir Passagen aus erotischen Texten vorzulesen oder aber, wir haben uns gemeinsam ein erotisches Video angesehen.«
»Wie bitte? Ihr habt zusammen einen Sexfilm angesehen!« Ich bin aufrichtig entrüstet! (Nein, nein, nicht wegen dieses kleinen Sexfilms, sondern wegen der nahen Umstände und wegen dieser Frau, die sich doch tatsächlich Doktor schimpft!)
»Nein, das waren keine herkömmlichen Sexfilme, das waren erotische Filme. Ein Pornofilm würde meinen Freund noch mehr demotivieren, als er ohnehin schon ist, aber ein sinnlicher Film animiert mich«, erklärt er mir ruhig. »Und dann sind wir langsam einen Schritt weitergegangen. Zuerst hat mich Doktor Aschenbrauer sanft am Oberkörper berührt und im Laufe der Zeit hat sie meinen Unterleib beeinflusst.«
»Wie darf ich nun das wieder verstehen?«
»Nun, sie hat ihre Hände geschickt eingesetzt. Und, irgendwie scheint diese Methodik wirklich Fuß zu fassen, denn immerhin haben wir beide schon miteinander geschlafen oder sollte ich besser sagen: Wir haben einen Versuch gestartet. Zugegeben: Das Vergnügen war kurzweilig, aber es hat definitiv stattgefunden und das ist das Einzige, was für mich zählt!«
»Ich fasse es nicht! Du bezahlst sie für einen Dienst, den du von mir gratis hättest haben können.«
»Ich befinde mich mit meinem Freund in der Aufbauphase. Ich kann nicht von meiner Lebensgefährtin erwarten, dass sie monatelang darauf wartet, dass wir endlich einmal richtig intim sein können. Das würde dir auf Dauer nicht gefallen.«
»Du hättest mich fragen können! Nun bin ich mit der Tatsache konfrontiert, dass dir eine andere an die Wäsche geht. Und da wir gerade dabei sind: Wieso nimmst du ihre Dienste noch immer in Anspruch?«
»So gib es doch zu: Eine Minute Erektion löst nicht gerade einen Vulkanausbruch aus, oder? Ich wollte noch an meinem Handicap arbeiten und mich steigern!«
»Und sonst war nichts? Obwohl ... es ist eigentlich – genau genommen - schon genug zwischen euch passiert.«
»Nein! Es war nichts von Bedeutung zwischen uns«, versichert er mir einflößend.
»Du weißt, dass du dich mit diesen erotischen Abenteuern, und das sind sie für mich zweifelsohne, unweigerlich in einer undefinierbaren Grauzone befindest. Was ist hier noch erlaubt und was nicht?«
»Ich bedaure es von ganzem Herzen, dass du es auf diese Weise erfahren hast, und wenn ich gewusst hätte, dass du dafür Verständnis aufgebracht hättest, dann hätte ich es dir schon viel früher erzählt, aber nach Mailand ...«
»Ich hätte dafür kein Verständnis aufgebracht«, gebe ich ehrlich zu. »Ich kann verstehen, dass du verzweifelt bist, wirklich! Ich finde aber, dass dein Problem so intim und persönlich ist, dass, wäre ich in deiner Situation, ich mich nur bei einer geliebten und vertrauten Person gehen lassen könnte. Aber du kannst das anscheinend auch bei einer völlig Fremden.«
»Ich verstehe, was du meinst, glaub mir bitte und nun wird mir klar, dass es ein Fehler war, aber ich wollte dich glücklich machen und in unserer Beziehung einen richtigen Mann stehen und keine halb leere Flasche darstellen. Ich liebe dich von ganzem Herzen, Amelie!«
»Und ich dachte, du wärst die Liebe meines Lebens.«
»Du dachtest?«, fragt Francesco pikiert nach.
»Ja, ich dachte!«
Mit diesen Worten löse ich mich aus seiner innigen Umarmung und wende mich ihm zu. Ich lasse meine Finger sanft über seine Wange gleiten und hauche ihm einen zärtlichen Kuss auf die harmonischen Lippen. Ich verweile einen Augenblick, dann mache ich mich von ihm frei, schnappe den Laptop, die Mappe und meine Handtasche und gehe Richtung Tür.
»Es tut mir aufrichtig leid«, gebe ich noch zurück.
»Was tut dir leid?«, will er wissen.
»Vieles!«
»Und ... was wird nun aus uns?«
»Darüber muss ich nachdenken! Ich rufe dich an, wenn ich so weit bin!«
Mit dieser Ankündigung verlasse ich die offensichtliche Trugwelt und meinen vermeintlichen Prinzen dazu.
Nachdem die Tür hinter mir ins Schloss fällt, stürzen die letzten Wochen aber ohne Gnade auf mich herein.
Nun, zumindest habe ich dem Dämon der Vergangenheit kurzzeitig die Stirn bieten können. Ein Trost, der vergänglicher nicht sein könnte.
Sich kennen und lieben lernen - und dann sich trennen ist die traurige
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