Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
- weist keinen akzeptablen Lesestoff auf. Ich benötige aber unbedingt ein Nachschlagewerk, am besten eines mit Bildern, das jeden Schritt genauestens dokumentiert. Aber auch für den Erwerb eines deppensicheren Bilderbuchs bin ich nicht mehr in Reichweite einer Geschäftsöffnung.
Diese kleinen Hindernisse stellen trotzdem kein Problem für mich dar. Ich rufe einfach kurzum in der Patisserie an. Wenn mir die Königin der Süßwarenkunst nicht weiterhelfen kann, dann kann mir auch sonst niemand helfen!
Zum Glück ist Chanette gleich am Telefon. Ich habe sie um eine kinderleichte Rezeptur einer Weihnachtsbäckerei gebeten und ihre genaue Anleitung mit dazugehöriger Mengenangabe gleich notiert. Nun noch eine Entspannungs-CD, ein betörendes Duftkerzchen, ein Gläschen Welschriesling und schon kann es losgehen!
Also, was steht hier auf meiner Liste: Weizenmehl, Butter, geriebene Mandeln, Staubzucker, Vanilleschote. Okay, mal sehen. Was von dem Zutatenzeugs bietet unser Haushalt? Oh, muss mir Weizenmehl, Staubzucker, geriebene Mandeln und die Vanilleschote von unseren Nachbarn ausborgen. Hoffentlich ist einer der beiden Jungs zu Hause.
Nach zehn Minuten ist alles geritzt! Riccardo war der Retter in der Not. Das Rezept für Vanillekipferl scheint wirklich idiotensicher. Ich muss hierfür nur die richtige Zutatenmenge zu einem glatten Teig verarbeiten, danach soll der Klumpen ein wenig ruhen, dann muss ich Kipferl formen und diese auf ein Backblech geben, und hinterher würde es damit ab ins vorgeheizte Rohr gehen.
Alles null Problemo!
Ich werfe demnach alles, was ich zuvor fein säuberlich abgewogen habe, in eine Rührschüssel und im Anschluss versuche ich den aufsässigen Teig mit einem Schneebesen durchzukneten ... ein Vorhaben, das offenbar unwiderruflich zum Scheitern verurteilt ist. Der Quirl des Schneebesens ist in Sekundenschnelle durch und durch zugekleistert. Nun gut, dann werde ich eben meine Hände in die klebrige Masse eintunken und den Teig so verarbeiten. Durchwühle folglich mit meinen Fingerchen die hartnäckige Knetmasse. Ich schufte, mische, plansche und walke, was das Zeug hält und langsam aber sicher sieht der Batzen nach einem gelungenen Vanillekipferlteig aus! Gerade als ich selbstzufrieden auf den Teig hinabstarre, klingelt mein Handy.
Oh ... ich muss sofort meine Patschhändchen von den klebrigen Teigresten befreien. Schnell, schnell!
Ich mache mich folglich gleich auf die Fährte nach dem nervtötenden Klingelton! Wo hab’ ich’s nur hingelegt? Ach ... wie könnte es schon anders sein: Zimmer, Küche, Kabinett – alle absolut gewichtigen Gebrauchsgegenstände sind in meiner Handtasche zusammengepfercht, mitunter auch mein Handy. Ein verheißungsvoller Blick auf das Display.
Oh, es ist nur Nike!
Nach dem Small Talk mit meiner Mitbewohnerin, die eigentlich nur durchgeklingelt hat, um mir mitzuteilen, dass sie nun mit Bernie eine verträumte Schlittenfahrt auf eine nahe gelegene Alm machen würde, konzentriere ich mich auf das weitere Herstellungsreglement der Kipferl.
Den Teig zum Ruhen in den Kühlschrank geben.
Während der Überbrückungszeit tue ich mir und meiner geschundenen Seele etwas Gutes und schenke mir einen weiteren großzügigen Schluck Welschriesling nach.
Nach einer Stunde ist es so weit. Der Teig hat sich gefestigt und lässt sich kinderleicht aus der Rührschüssel hieven. Die ersten etwas unförmigen Vanillekipferl werden kurze Zeit später ins beinahe jungfräuliche Backrohr geschoben. Nach wenigen Minuten verströmen sie ihr wundervolles Aroma und der weihnachtliche Duft wandert von Raum zu Raum. Ein prüfender Blick ins erhellte Backofeninnere verrät mir, dass die Kipferl, um in goldbrauner Farbe zu erstrahlen, noch etwas Zeit benötigen. Ein Schlückchen Wein ...
Oh ... schon wieder Telefon! Wahrscheinlich will mir Nike mit ihrem romantischen Geplappere nun endgültig den Abend versauen! Ich blicke giftig auf die Handyanzeige.
Was ist denn das für eine Nummer?
Ausländische Vorwahl? Eventuell italienisch? Was haben die noch mal: 0039, oder? Mein Herz ist mir soeben in die Hose geflutscht!
O du meine Güte! O du meine Güte! Ich habe tatsächlich rumorende Schmetterlinge (oder was auch immer) im Bauch. Ich muss mich unbedingt setzen. Einen anständigen Schluck Wein und ich bin bereit.
»Amelie!«, hauche ich vorsichtig in die Muschel.
»Pronto! Ciao Amelie! Hier sprich Francesco!«
Juhu ... der Verdachtsmoment ist bestätigt! Juhu!
Aber er hat sich
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