Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
eigentlich ganz schön Zeit gelassen, um diesen Anruf zu tätigen. Na ja, was soll’s! Immerhin ruft er an.
»Buonasera, Francesco«, trällere ich fröhlich im fachmännischen Italienischjargon ins Telefon.
»Buonasera, Signorina! Devo scusarmi ...«
»Oh, halt, halt, halt!«, unterbreche ich Francesco belustigt. »Ich fürchte hier enden meine Italienischkenntnisse.«
»Ich wollte mich nur entschuldigen. Ich weiß, wir haben abgemacht, dass ich mich erst bei dir melde, sobald ich wieder im Lande bin, aber ich dachte mir, wozu so lange warten!«
(Haben wir tatsächlich so einen derartigen Blödsinn ausgemacht! Ich weiß eigentlich nichts davon!)
»Kein Problem. Ich bin froh, dass du anrufst.«
»Ich muss dir gestehen, dass ich schon lange nicht mehr so viel Spaß hatte, wie am vergangenen Montag.«
»Ich fand’s auch ziemlich lustig«, gestehe ich. »Bist du derzeit in Italien?«
(Ich will bezüglich der Vorwahl nur sichergehen!)
»Ja. Ich bin in Mailand, bei meiner Tante«, erklärt er mir. »Ich habe heute ordentlich über die Stränge geschlagen und bin dabei einfach mittags ins verfrühte Wochenende desertiert.«
»Du bist ja ein richtiger Draufgänger, was?«
»Ja, ja! Du hast mich vollends durchschaut«, bestätigt er lachend. »Aber nun zu einem sehr ernsten Thema, Signorina Amelie!« O der Tonfall ändert sich nun rapide, was mir ganz und gar nicht gefällt. »Ich muss Ihnen die unerfreuliche Mitteilung überbringen, dass ich Ihnen meine entgangenen Arbeitsstunden, die ich seit unserem Aufeinandertreffen nicht mehr mit jener Konzentriertheit verrichtet habe - wie ich es im Allgemeinen von mir gewohnt bin - in Rechnung stellen werde.«
»Oh, auf wie viel beläuft sich denn die Gesamtsumme in etwa?«, frage ich spitzbübisch nach und muss dabei erleichtert ausatmen.
»Auf achthundert Euro - über den Daumen gerechnet! Sie sehen, wir sprechen hier nicht über irgendwelche Peanuts!«
»Gewiss nicht, aber ich habe dennoch einige Fragen.« Dieses Gespräch gefällt mir zunehmend. »Erstens: Wie kommen Sie nur auf diesen unverschämt hohen Betrag? Und zweitens: Sind diese achthundert Euro auf Verhandlungsbasis errechnet? Ich appelliere an Ihre Menschlichkeit! Ich bin eine Frau mit geringem Einkommen und wüsste nicht, wie ich eine derartig überzogene Summe auch nur annähernd aufbringen könnte.«
»Zur Beantwortung Ihrer Fragen: Die achthundert Euro errechnen sich aus dem viertägigen Amelie-Entzug und sie beruhen – in Ihrem Fall – auf Verhandlungsbasis. Ich bin, durch Ihren Appell auf verminderte Liquidität, natürlich kein Unmensch und ich werde mich demnach auch mit einer anderwärtigen Ausgleichsmöglichkeit begnügen. Aber, durch diese Geneigtheit meinerseits, erwarte ich von Ihnen im Gegenzug absolute Zuverlässigkeit, was den zweiten Punkt betrifft, denn darüber lässt sich danach nicht mehr verhandeln. Deal ist Deal!«
»Das ist überaus löblich von Ihnen! Ich bin Ihnen diesbezüglich äußerst dankbar.«
»Sie sind sehr voreilig, Frau Amelie. Sie wissen ja noch gar nicht, welche Forderung ich Ihnen abverlange und trotzdem stimmen Sie schon zu.«
»Ich bin wahrscheinlich zu risikobereit - in diesem Punkt gebe ich Ihnen absolut recht –, aber ich fürchte, Sie lassen mir keine andere Wahl! Die achthundert Euro würden mir und meinem weihnachtslöchrigen Portemonnaie bleischwer im Magen liegen! Also, wie haben Sie sich nun diese sogenannte Ersatzfinanzierung vorgestellt?«
»Dieser Behelf stellt eine kleine Überraschung dar!«
»Ich liebe ja Überraschungen, aber nur wenn Sie nicht das winzige Wort böse vorn anstellen«, erwidere ich geschäftstüchtig.
»Tja, in diesem Punkt, fürchte ich, sind Sie mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert! Quitt pro quo! Ich vertraue Ihrem rechtschaffenen Charakter. Die Bedingungen für die Vereinbarung stelle ich Ihnen per Post zu! Sollten Sie mit dem schriftlichen Vertrag einverstanden sein, so würde ich Sie um eine formelle Rückantwort ersuchen!«
»Klingt vernünftig«, sage ich ernst, als mir der Duft beziehungsweise der Gestank von den verbrannten Vanillekipferln entgegenströmt. »Oh, Mist!«, plärre ich hysterisch ins Telefon.
»Wo?«
»O Entschuldigung!«, entschlüpft es mir geistesgegenwärtig, während ich flugs zum Backrohr hetze. »Ich fürchte während unserer beschwingten Konferenz ist mein erster Versuch, genießbare Kekse herzustellen, komplett fehlgeschlagen. Ich muss Dich einen kurzen Moment weglegen, ich meine
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