Hallo?! Holt mich hier raus!: Vom Mann, der sich selbst einmauerte, und andere kuriose Missgeschicke (German Edition)
Anfang 2007 die Ersten, die ihre Wahlplakate aufhängten. Und schon Monate davor hatten die Sozialdemokraten ihren Spitzenkandidaten bestimmt: Ernst-Ewald Roth, bisher katholischer Stadtdekan in Wiesbaden.
Für den Wechsel in die Politik gab der damals 53-Jährige sogar seine Kirchenämter auf. Und seine Chancen standen gut: Ein Katholik als Herausforderer der CDU, das hätte Stimmen bringen können. Doch Wochen vor der Wahl im Sommer 2007 stand der Kandidat der SPD Wiesbaden plötzlich mit leeren Händen da. Denn die Genossen hatten es verpennt, ihren Kandidaten zur Wahl überhaupt anzumelden. Der Kandidat konnte nicht mehr kandidieren.
Alle anderen waren am Start – nur die SPD durfte nicht mehr. Frist verpennt, Wahl gelaufen, bevor überhaupt Stimmen abgegeben wurden.
War da denn gar nichts mehr zu machen? Der Wahlleiter fühlte sich jedenfalls an das Gesetz gebunden. Und Hinweise auf die fehlende Anmeldung habe er bis zum Stichtag auch nicht geben dürfen, so Wahlleiter Peter Grella. Wiesbaden wählte, die SPD fehlte. Der Vorstand der örtlichen SPD trat nach dem beispiellosen Wahldebakel zurück, das machte die Sache allerdings auch nicht besser. Marco Pighetti führte das folgenschwere Versäumnis auf Stellenstreichungen innerhalb seiner Partei zurück. Niemand habe sich um die Wahlanmeldung gekümmert.
Aus dem Sturm aufs Rathaus wurde so natürlich nichts. Stattdessen machte wieder der Kandidat der CDU das Rennen, so groß war die Konkurrenz schließlich auch nicht mehr. Dr. Helmut Müller wurde für sechs schöne Jahre zum Wiesbadener OB gewählt. Unklar blieb, ob die örtliche SPD weiter am falschen Ende sparen will oder ob die Parteikasse nicht doch den Kauf eines Weckers zulässt. Denn die nächste Wahl kommt bestimmt.
Es gibt es noch weitere Schlafmützen, die ihre Kandidatur glatt verpennt haben. So wollte bei der Europawahl in Berlin eigentlich wieder die grüne Abgeordnete Birgit Daiber antreten. Doch in ihrem Büro vergaß sie es schlichtweg, ihre von der Partei bestätigte Kandidatur an den Wahlausschuss abzuschicken. Dafür hatte sie fünf Monate Zeit gehabt. Erst am letzten Tag vor Ablauf der Frist fiel es ihr ein. Zu spät, ihre Anmeldung kam nicht mehr fristgerecht an. Weg der Sitz im Europaparlament, fort auch die Diäten und Spesen.
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Wer ist der Beste im ganzen Land?
Was meint Erich Honecker? Wer küsst ihn auf die Wange? Und wen drückt er inbrünstig an sich? Sämtliche Regungen des Titans der Arbeiterklasse bestimmten die Nachrichten in der DDR.
Die Mauer fiel, die DDR ist weg und Erich Honecker schon lange tot. Wenig bekannt ist bis heute seine historische Höchstleistung bei dem Abdrucken von Fotos – das war wirklich Weltniveau. An einem einzigen Tag, in einer einzigen Ausgabe schaffte es das «Neue Deutschland», die damalige Parteizeitung der SED, 41 Aufnahmen des Staatsratsvorsitzenden zu veröffentlichen. Dieser Rekord wurde anlässlich der Eröffnung der Leipziger Messe im März 1987 aufgestellt: Erich Honecker eröffnet die Messe, Erich Honecker trifft den Volksbildungsminister aus Angola, Erich Honecker empfängt eine ZK-Delegation aus Bulgarien und, und, und.
Typisch Ossi, typisch Kommunist? Wohl eher die Folge ungehemmter Macht einschließlich der Kontrolle über die Presseorgane. Das ist auch im Westen möglich.
Denn sechs Jahre nach dem endgültigen Abgang des Despoten aus Wandlitz bekam der rote Rekordhalter erstmals einen Konkurrenten. Im Organ der Deutschen Steuergewerkschaft schmückte der damalige Vorsitzende der Steuergewerkschaft nicht nur das Titelbild. Vorsitzender Dieter Ondracek war auf 14 Seiten im «DSTG Magazin» gleich dreizehnmal abgebildet.
Dieter Ondracek mit Finanzexperten, Dieter Ondracek mit einer Jugenddelegation, Dieter Ondracek immer am Ball, Dieter Ondracek empfängt eine ZK-Delegation aus Bulgarien – ach nee, Letzteres war ja Erich Honecker. Verantwortlich im Sinne des Presserechtes, und damit auch für Wort und Bild, war zu der Zeit, wir ahnen es schon: Dieter Ondracek.
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Protest – aber nur mit Spesen
Noch eine Demo, die es in sich hatte: Mit aller Entschiedenheit protestierten 50000 Teilnehmer auf einer gemeinsamen Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und des Deutschen Beamtenbundes (DBB) in Berlin gegen die grausame Sparpolitik der Bundesregierung. Sparen – auch intern hielt der Beamtenbund davon wenig. Denn hinterher kam heraus: Die Demo hat sich wirklich
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