Hallo Mister Alzheimer
Eigentlich stehen doch Fragen und Angelegenheiten der Bewohner im Mittelpunkt kulturellen Wandels. Wie finden Sie heraus, worum es dabei geht, ohne zunächst einmal viele von uns an einem Tisch zusammenzubringen, um darüber zu sprechen? Nebenbei gesagt wird es schwerfallen, an unsere Ideen heranzukommen. Aber schließlich ist jeder Wandel schwierig.»
So, das ist der Dialog. Jetzt der Monolog. Ich glaube, jedem Culture Change Agent liegt an den Menschen, deren Kultur er verändern möchte. Schließlich tun sie es möglicherweise deshalb mit so großer Begeisterung. Sie kümmern sich, aber sie können sich nicht auskennen. Sie sind nicht wir. Also lesen sie über PMD. Sie gehen in Graduiertenkollegien und zu Tagungen, wo andere, die nicht wir sind, über uns sprechen. Sie haben uns studiert. Sie haben persönliche Erfahrungen mit ihren eigenen Familien, die uns besuchen, uns in den Ferien ein paar Tage bei sich aufnehmen, die vielleicht sogar einmal Urlaub nehmen, um uns zu besuchen. Die jüngeren Culture Change Agents kennen uns durch ihre Großeltern. All diese Bemühungen sind in Ordnung, aber das ist auch alles: in Ordnung. Es ist besser als nichts, aber nicht viel mehr.
Ich möchte, dass sich meine Kultur anfühlt wie meine und dass sie meine ist. Ich möchte nicht, dass andere sie besitzen und managen,als hätten wir wirklich eine Kultur gemeinsam. Sie leben zwei Monate in diesem 11-Quadratmeter-Zimmer, dann haben wir eine gemeinsame Kultur. Sie spielen an fünf Tagen pro Woche zwei Stunden täglich Bingo, dann haben wir eine gemeinsame Kultur. Sie sitzen drei Mahlzeiten am Tag in einem stillen Speisesaal, sprechen mit niemandem und werden von niemandem angesprochen, dann haben wir eine gemeinsame Kultur. Wenn Sie oder ich meinen, es sei an der Zeit, meine Kultur und Ihre Verhaltensweisen bei der Arbeit zu verändern, dann lassen Sie uns als Partner zuhören, planen, implementieren und evaluieren. Was Sie als «echte Fragen und Anliegen» bezeichnen, scheint mir eher arbeits- als kundenbezogen.
Zweifellos muss die Kultur des Alterns verändert werden. Zweifellos muss die Kultur in Pflegeheimen und in Gemeinschaften des betreuten Wohnens verändert werden. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass Pläne für einen Kulturwandel kaum jemals Beiträge von Personen mit Demenz beinhalten, von eben den Personen, deren Kultur verändert werden soll.
Genug der Worte. Manche Culture Change Agents ignorieren die Bäume (die Empfänger ihrer Änderungsbemühungen) und kümmern sich stattdessen um die Bäume, die sie selbst gepflanzt haben. Bevor Sie beginnen, noch mehr Bäume zu pflanzen, um die meinen zu ersetzen, die Sie abholzen, lassen Sie uns bitte, bitte gemeinsam daran arbeiten.
Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass die Einrichtung, in der Ihr Mann ist, ihre Kultur und wie sie am besten zu verändern wäre selbst betrachtet. Stellen Sie sicher, dass man Sie und Ihren Mann in den Veränderungsprozess einbezieht. Ich hoffe, es läuft für Sie beide gut.
Richard
19. Kann man die Diagnose Alzheimer überwinden?
Lieber Richard,
in den vergangenen drei Jahren haben mein Mann und ich Sie einmal sprechen hören und wir haben Ihr Buch gelesen. Sie scheinen seit Ihrer anfänglichen Angst und Wut, die gleich nach Ihrer Diagnose auftraten, vorangekommen zu sein. Mein Mann kann die anfängliche Erfahrung, die Diagnose Alzheimer erhalten zu haben, nicht loswerden. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass ihn dieser letzte Gang zum Arzt verfolgt. Verbergen Sie Ihre ersten Ängste oder haben Sie sie überwunden?
Emma G.
Hallo!
Ich habe das Gefühl, diese alten Dämonen nicht abschütteln zu können. Ich weine. Ja, es ist dieses immer wiederkehrende Gefühl. Es hat mich die vergangenen sieben Jahre heimgesucht. Der straffe Knoten im Magen, der Kloß im Hals, das unkontrollierte Weinen und das Gefühl, in einen Abgrund zu stürzen. Dies ist kein schlimmer Traum für mich. So fühle ich mich jetzt gerade. Mir ist, als würde ich meine eigene Reaktion auf die Worte meines Neurologen: «Richard, du hast Demenz, wahrscheinlich vom Alzheimer-Typ, sicher aber mit Alzheimer-Merkmalen» erneut durchleben. Es ist schon sieben Jahre her, fühlt sich aber immer noch an wie gestern. Genau dasselbe Gefühl, dasselbe intensive Weinen sind plötzlich wieder da. Es fühlt sich an, als würde es nie enden. Es fühlt sich an, als hätte ich keine Kontrolle darüber. Ich fühle mich hilflos, außerstande, etwas Schreckliches zu verhindern.
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