Halloween
rauscht.
(Und wir sind fertig, du weißt, dass wir schon die ganze Zeit fertig sind. Im selben Moment, als Kyles Mom uns loslässt, verlassen wir sie und schleichen durchs Schlafzimmer in den mit Teppichboden ausgelegten Flur, die Treppe runter nach draußen, und dann laufen wir über den Rasen wie damals, als wir noch klein waren und zu spät zum Bus kamen, in dieser Welt zwischen zu Hause und Schule einen Augenblick lang frei von der Schwermut und Mühe der Erwachsenen.)
Der Verkehr ist jetzt dicht, die Autos anonym, und Brooks zählt die Minuten, bleibt nahe beim Revier und hofft, dass er genauden richtigen Zeitpunkt abpasst. Er kann sich nicht weigern, einem Einsatzbefehl zu folgen, und zwischen dem offiziellen Schichtende und der Rückgabe des Vic liegt immer eine Wartezeit, in der er wehrlos ist. Sie kriegen keine Überstunden bezahlt, können nicht mal freimachen, also dreht er eine Runde um die Innenstadt, bemüht sich, nicht aufzufallen, und wartet, bis die Kirchenglocken ihm sagen, dass Feierabend ist.
Brooks rollt durch die Einkaufszeile mit dem Mailboxes, Etc. und der japanischen Imbissstube, wo er morgens manchmal frühstückt (was er stets bereut, weil jeder Rülpser nach Sojasoße schmeckt). Beide sind noch geschlossen, dieser Teil des Tages hat noch nicht richtig angefangen. Er hat Hunger, weiß aber nicht, was er zu Hause vorrätig hat – hoffentlich eine dieser tiefgekühlten Reisschalen.
Plötzlich läuten die Glocken – seine Armbanduhr geht genau. Er braust zum anderen Ende der Einkaufszeile, als ginge es zu einem Einsatz, und muss dann an der Ampel warten, bevor er wieder auf die 44 biegen kann. Das Funkgerät schweigt und er stellt sich vor, wie Ravitch das Kontrollpult aufräumt und seinen Platz der Tagschicht übergibt (so wie er sich wünscht, er könnte uns jemand anderem übergeben).
Stadtauswärts ist so gut wie kein Verkehr, und Brooks schafft mühelos die Ampel am Stadtpark, blinkt und biegt mit hohem Tempo auf den Parkplatz des Polizeireviers. Er, das heißt der Streifenwagen, hat seinen eigenen Platz. Die rot gepunktete Anzeige des Funkgeräts blinkt ein letztes Mal, bevor er es ausschaltet. Er schaltet den Computer aus und steckt das Klemmbrett in seine Aktentasche, befestigt die Schrotflinte im Kofferraum, schließt die Türen ab, kontrolliert sie nochmal, und der Marine in ihm sieht, dass alles in Ordnung ist.
Als er reinkommt, ist die Tagschicht schon weg, der Umkleideraum gehört ihm, zwei Reihen geschlossener Türen. Er beugt sich über die Bank und hebt den Metallgriff seiner Tür vorsichtigan, bereit, sich zur Seite zu rollen. Er stellt sich einen Schwarm Fledermäuse vor, der die ganze Nacht dort eingesperrt war und es vor Wut auf seine Augen abgesehen hat. Brooks hebt den Griff an, bis es klickt, zieht die Tür auf und macht sich auf den Angriff gefasst.
Sein Hemd hängt auf dem Kleiderbügel, seine Jeans am Haken, und seine Stiefel stehen mit den Spitzen zur Rückwand.
Er zieht sich rasch um, in der Hoffnung, weg zu sein, bevor Saintangelo auftaucht, weiß aber, dass er das nicht schaffen wird.
Und er schafft es auch nicht. Die Tür geht auf, das Klappern der Tastaturen und das Piepen eines Beepers dringen herein, und da ist Saintangelo. Er nickt Brooks zu, und Brooks senkt den Kopf. Eine Weile konzentrieren sich beide auf ihre Spinde, eine beiderseitige Waffenruhe. Brooks fragt sich, ob ihre Berichte schon beim Chef angekommen sind und was in Saintangelos wohl drinsteht. Er kann es sich vorstellen; er hat schon jede Menge Anfänger bewertet. Missachtung der Vorschriften seitens des Beamten führte zu gefährlicher Situation – das heißt, dass er die Sache total verbockt hat. Das heißt, dass sie ihn feuern, diesen Klotz am Bein loswerden sollten.
«Danke», sagt Brooks, denn das schuldet er ihm.
«Hey», sagt Saintangelo schulterzuckend, zurückhaltend.
«Nein, ich weiß das zu schätzen.»
«Ich hab dich bloß unterstützt wie jeder andere.»
Ich bin geliefert, denkt Brooks. Es ist nicht Saintangelos Schuld, und er bedauert nicht, dass er es war; es wäre härter, wenn sie Freunde wären. (An was für Freunde denkt er? An den Typen, der das Dunkin’ Donuts führt?
Mr. Arnold, sagt Danielle.
Ist doch egal, wie der heißt.)
«Hör mal», sagt Saintangelo. «Vielleicht solltest du eine Weile freinehmen?»
«Wenn ich’s mir leisten könnte, würde ich’s tun.» Aber wie beijedem jämmerlichen Eingeständnis ist das nur die halbe Wahrheit. Was
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