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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Treiben schöpferischer Tätigkeit. Für Feiertagsdekorationen ist es zu nobel, und als der Oberkellner sie zu ihrem Tisch führt, freut sie sich zu sehen, dass es Leute in ihrem Alter sind, vielleicht auch ein bisschen älter, größtenteils Paare. (Hier ist es langweilig, sagt Toe. Können wir gehen?
    Nein. Nicht bevor sie uns weglässt. Du kennst doch die Regeln.)
    Ihre Teller stehen schon da, riesig und handbemalt, nur zur Schau. Auf einem saphirblauen Kerzenständer aus Glas brennt eine Votivkerze, und daneben steht in einer dünnen Vase in derselben Farbe ein Veilchen. «Die Serviettenringe gefallen mir», sagt sie. «Sehr modern.» Die Speisekarte ist eine Liste von Dingen, die die Kinder nicht essen würden, die sie aber liebt – Morcheln und Kapern und Trüffelöl, sautierte Endivienstreifen und gegrillte Portobellopilze.Der Oberkellner bringt Kyles Dad die Weinkarte, direkt hinter ihm ein Kellner mit einem Schälchen eingelegter Oliven. (Langweilig. Langweilig. Langweilig. Langweilig.
    Ich finde es süß, sagt Danielle. Sie haben ein Rendezvous.)
    «Das sieht alles so gut aus», sagt Kyles Mom, über die Kerze gebeugt, als wäre es ein Geheimnis. «Können wir Wein bestellen?»
    «Welche Sorte?»
    «Roten, bitte.»
    «Eine Flasche?»
    «Warum nicht», sagt sie.
    Auch er hat Lust dazu und wählt einen aus, den sie noch nie getrunken haben, zuckt die Schultern, als hätte er aufs Geratewohl getippt. Während sie warten, bringt ihnen der Kellner geröstete Knoblauchzehen und, frisch aus dem Backofen, warme Streifen salzigen Pizzabrots, die sie dazu essen können.
    «Da brauche ich ja keinen Hauptgang mehr zu bestellen», protestiert sie.
    Welch ein Luxus, hier zu sein. So etwas hatte sie schon fast vergessen. Es kommt ihr vor wie ein besonderer Anlass, und sie wünscht, sie könnte große Neuigkeiten verkünden. Der Kellner kommt und öffnet die Flasche, lässt sie den Korken begutachten. Kyles Mom darf den ersten Schluck probieren.
    «Ausgezeichnet», sagt sie, und das stimmt auch – voll und schwer und fruchtig, sodass ihr der Raum noch wärmer erscheint, die Stimmen noch fröhlicher, als wäre es eine Party. Als sie das erste Glas halb ausgetrunken hat, tastet sie nach seinem Fuß, streift mit dem Knöchel seine Wade.
    «Bitte zahlen», witzelt er.
    (Und schon sind wir verschwunden.)
     
    Um diese Uhrzeit ist niemand auf dem Radweg, nichts als schwarze Nacht und die von den Bäumen prasselnden Regentropfen, auf den Asphalt geklatschte Blätter im schwachen Schein der Taschenlampe,der vor ihren Timberlands schwebt. (
Viel
besser, sagt Toe.) Greg und Travis marschieren mit ihren Rucksäcken durch die Gegend, in Tarnponchos, damit sie nicht klatschnass werden. Sie sind den ganzen Weg von der Stony Corners Road gekommen und schwitzen; die Abzweigung kann nicht mehr weit sein.
    «Halt», sagt Greg und bleibt stehen. «Ich rieche ein Stinktier.»
    Bei dem Regen ist nichts zu hören. Travis leuchtet mit der Taschenlampe zur Seite und geht weiter, schweigsam wie ein Ninja. Greg beeilt sich, um ihn einzuholen.
    «Weißt du, was cool wäre?», sagt Greg. «Wenn wir ein Stinktier fangen und es bei ihm durchs Fenster schmeißen würden.»
    Travis muss darüber lachen, wie blöd das klingt. Sie sind seit heute Morgen bekifft, und er kann sich vorstellen, wie erstaunt die Hunde wären, wenn das Stinktier und die Glasscherben direkt auf sie zugeflogen kämen. Es ist wie in einem Comicheft, mit Ausrufezeichen über ihren Köpfen.
    «Du bist echt total fertig», sagt er, «weißt du das?»
    «Das wär doch cool, gib’s zu.»
    Und er muss völlig von der Rolle sein, denn statt an Toe und die guten Zeiten zu denken, die sie zusammen hatten (echt stark, Brother), fragt er sich, ob die Hunde über das Stinktier herfallen und es zerfleischen würden oder ob es sie voll spritzen und sich unter irgendeinem Möbelstück verkriechen könnte. In jedem Fall würde es eine riesige Schweinerei anrichten. Das wäre
echt
cool.
    «Nicht zu glauben, dass du mich dazu gebracht hast, über so was nachzudenken», sagt Travis.
    «Weißt du», sagt Greg, «ich wünschte, wir hätten eine von diesen Fallen.»
    Sie erörtern gerade die Möglichkeit, dass das Stinktier zu leicht sein könnte, um die Fensterscheibe zu zertrümmern – dass sie vielleicht einen Stein benutzen und dann das Stinktier wie eine Granate hinterherwerfen müssten –, als die Taschenlampe ausgeht.
    Völlige Dunkelheit. Wie im Weltall.
    «Scheiße», sagt Greg, und seine

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