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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Ausguss und auf der Arbeitsplatte, ein schmutziger Stein neben der Geschirrspülmaschine auf dem Boden.
    Nicht länger überrascht, gehen sie durch die Zimmer.
    «Jedes einzelne», sagt sie verbittert, als hätten ein paar ausgereicht.
    Von oben sieht er im Licht des Fensters im Erdgeschoss Fußabdrücke, die rings ums Haus und kreuz und quer über den schlammigen Rasen führen. Es kann ein Jugendlicher oder auch ein Dutzend gewesen sein.
    (Niemand, den wir kennen. Das riecht nach Mittelschule.)
    Wegen der Versicherung muss er ihre Anzeige aufnehmen, und sie gehen nochmal durch alle Zimmer und zählen die kaputten Fensterscheiben. Er lässt sie auf dem Klemmbrett unterschreiben, reißt dann ihren Durchschlag von dem Formular ab, und sie steckt das Blatt in ihre Handtasche. An der Haustür aktiviert sie die Alarmanlage und tippt die Zahlen von einem Zettel ab.
    «Warum tut jemand so etwas?», fragt sie draußen, eher wütend als verblüfft.
    Brooks weiß es und er weiß auch, warum es ihr nicht klar ist. Auch er hat schon den Drang dazu verspürt. Am liebsten würde er fragen, wie hoch ihre Provision bei diesem Haus ist und ob sie es schon zum zweiten Mal verkauft. Am liebsten würde er fragen, ob sie weiß, wem das Land gehört hat oder wozu es diente. Am liebsten würde er fragen, woher sie kommt, denn sie stammt nicht aus Avon. Er kennt die Leute aus Avon.
    «Das waren bloß Jugendliche», sagt er. «So ist das um diese Jahreszeit.»
    Er wartet, bis sie den Wagen zurückgesetzt hat, und folgt ihr dann zur Lovely Street runter, wo sie rechts abbiegt. Er fährt nach links, nach Norden zur 44, und hofft, dass das Funkgerät stumm bleibt. Er muss nach Tim sehen.
    Irgendwas an dem Haus lässt ihm keine Ruhe, aber er weiß nicht, was. Irgendeine persönliche Beziehung, die über die frühere Farm, die vom Glück verlassene Familie hinausgeht. Unwichtig, denkt er, sonst würde es ihm beim Fahren einfallen.
    Orchard View Estates ist Avons Zukunft, vielleicht ist es das. Während er die Vergangenheit ist. Wenn Melissa zuhören würde, könnte er es ihr erklären.
    Letztes Jahr hat es Zeiten gegeben, wo er dachte, er könnte alles in Ordnung bringen, wenn er mit ihr alles in Ordnung brächte, als könnte sie ihm alles verzeihen. Aber das kann sie nicht. Er kann es nicht. Das weiß er schon länger, als er zugeben will. Irgendwas – vielleicht der Marine in ihm – lässt ihn nicht aufgeben, auch wenn er weiß, dass er geschlagen ist. (Semper fi, kämpf oder stirb.)
    Er kaut auf der Lippe, während er den Vic durch die Kurven gleiten lässt, stellt sich sein Haus ohne Möbel vor, wie es auf seine neuen Besitzer wartet. Wo wird er dann sein? Und Gram?
    Er wird woanders leben; sie wird tot sein.
    Beides ist unvorstellbar und zugleich eine Erleichterung, all das vorbei, von seinen Schultern genommen. Als er das lange, dunkle Stück am Holzlager entlangbraust und die wenigen Straßenlaternen wie Kometen über ihn hinwegschwirren, fühlt er sich einen Augenblick lang frei, das Lenkrad in seinen Händen und der Wagen unter ihm viel stärker als alle Fragen. Was gibt es zu befürchten, wenn das Schlimmste schon eingetreten ist?
    (Genau!)
    Als er vor der Ampel an der 44 halten und neben Vincent’s Funeral Home warten muss, verliert sich diese Stimmung, und als er den Vic wieder auf Touren bringt, kommt es ihm gezwungen vor. Günstigerweise hat er seine Verpflichtung Tim gegenüber vergessen. (Eigentlich uns gegenüber. Aber deshalb sind wir ja hier.)
    Die 44, eine lange Gerade, die Straße, auf der er sein Leben lang gefahren ist. Er fährt an den Antiquitätenläden, dem Acura-Händlerund der Cape Cod Fence Company vorbei, an La Trattoria und dem Valley Car Wash, am Dunkin’ Donuts (Hallo, Mr. Arnold!), am Subway, am Staples und am McDonald’s. Bei der Ampel an der Mobil-und der Shell-Tankstelle hat er Grün und fährt dann hintenrum zum Stop’n’Shop. Er rollt langsam an der Laderampe vorbei, wo er Tim und Kyle beobachtet hat, während sie Pause machten, gleitet am Gebäude entlang und sucht die hinterste Reihe geparkter Wagen nach Tims Jeep ab. Nicht da.
    Vorn, im roten Schein des Ladenschilds, ist niemand. Er fährt am Eingang vorbei und zur Sicherheit einmal rundrum, platscht nochmal durch die Pfützen auf der Rückseite. Tim hat gesagt, sie würden arbeiten.
    Brooks hält an und betrachtet die Rampe, bleibt stehen, während die Scheibenwischer hin und her schwingen (gibt Toe die Gelegenheit, die Hand durch seinen Computer

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