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Halloween

Halloween

Titel: Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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fragt Greg.
    Travis hält die erlöschende Taschenlampe senkrecht hoch. «Hör mal.»
     
    «232, hier spricht die Zentrale.»
    Die Stoßzeit ist vorbei, die beiden Wagen abgeschleppt, die Straße wieder offen; Avon ist für den Abend zu Hause. Der Wind löst Alarmanlagen aus, Jugendliche werfen Eier gegen Fensterscheiben – Nichtigkeiten, und Brooks kümmert sich um alles. Frag den Inhaber nach dem Code. Tiefer geht’s nicht mehr, er steht auf der schwarzen Liste des Chefs und hat die Schicht eines anderen übernommen, und während er zu der neuen Adresse fährt, hat er Zeit zu überlegen, was das heißt. Er grübelt immernoch über den Unfall am Berg nach, darüber, wie der Adrenalinstoß in ihm verpuffte. Das ist gefährlich, weil er sich dann wieder an uns erinnert.
    Denn Brooks ist nicht dumm. Er weiß, was los ist, oder spürt es dunkel, der Polizist in ihm eingestimmt auf die Gerechtigkeit seines eigenen Untergangs. Vielleicht hat er es verdient. Vielleicht ist er schon die ganze Zeit sein eigener Ankläger, wie Melissa behauptet.
    (Vielleicht wird er aus einem bestimmten Grund heimgesucht. Sag es mir, Geist!)
    Die Alarmanlage, zu der er geschickt wird, ist nicht an einem Laden, sondern einer Baustelle, einem der riesigen Häuser, das zu der Hügelsiedlung Orchard View Estates gehört. Zu Brooks’ Kinderzeit war das bloß eine heruntergekommene Milchfarm, die zurückgesetzt auf einem Hügelkamm stand. Schon damals wurde der Obstgarten nicht genutzt, das Fallobst an die Schweine verfüttert. Die Familie hatte in einer Ecke der Wiese ein paar verrostete Lastwagen stehen, in denen die Kinder spielten; jetzt dürfte das Land wohl ein paar Millionen wert sein.
    Es gibt keine Straßenlaternen und es ist, als würde man auf dem Mars fahren. Die Siedlung ist halb fertig – Grundgerippe, die wie riesige Vogelkäfige aussehen, neben fertigen Häusern, gegiebelt und verschachtelt wie Schlösser – und hässlich: überall Ziegelsteinimitation und Panoramafenster. Die Bauunternehmer fällen auf den Grundstücken die Bäume, um den Blick zu öffnen, legen aber keinen Rasen an, sodass die Gärten aus planiertem Schlamm mit eingestreuten Felsblöcken bestehen, die man liegen lässt, um dem Ganzen diesen New-England-Touch zu geben. Auf Betonplatten am Bordstein stehen – sarkophagähnlich – verschlossene Verteilerkästen mit großen Aufklebern, auf denen ACHTUNG steht. Brooks dreht am Griff seiner Taschenlampe, um die Aufschrift auf den Briefkästen lesen zu können, und sieht dann, wie ein paar Häuser weiter eine Frau aus einem VolvoKombi steigt, einen Regenschirm aufspannt und ihm winkt, als wollte sie sagen: Hier bin ich.
    Es ist die Maklerin, Tammy Sowieso, eine jüngere, teurere Ausgabe von Charity, die Handtasche über der Schulter. «Danke, dass Sie gekommen sind», sagt sie, als wäre er ein potenzieller Käufer. «Ich habe nichts angerührt.»
    Alle denken, sie wären im Fernsehen.
    «Gut», sagt er.
    Das Haus ist fertig gestellt, aber dunkel. Tammy erklärt, dass niemand drin wohnt, seit die ursprünglichen Besitzer nach Virginia versetzt wurden. Es war einfach schlechtes Timing, sie haben nur drei Monate dort gewohnt. Wie immer versucht Brooks, es mit seiner eigenen Situation zu vergleichen, aber das Geld macht das unmöglich. Das hier sind die Leute, die ihn aus seiner Heimatstadt verdrängt haben.
    Er richtet seine Taschenlampe auf den Weg – keine schmutzigen Schuhabdrücke –, und sie folgt ihm. Die Haustür sieht aus wie seine, mit einem Messingcodeschloss am Knauf. Sie tippt die Kombination ein und holt den Schlüssel raus; er nimmt ihn ihr ab und geht zuerst rein, stellt sich hin und richtet den Strahl der Taschenlampe in die Diele, während ringsum die Deckenbeleuchtung angeht.
    Es gibt keine Möbel, nur den gebohnerten Hartholzboden, die kahlen eierschalenweißen Wände, die ihre Schritte hallen lassen. Die Leere überrascht ihn, kommt ihm vor wie ein Scheitern – das brandneue Traumhaus von seinen Bewohnern verlassen. Er fragt sich, was die Interessenten wohl gesehen haben, als sie sich sein Haus anschauten. Was hat Charity über ihn gesagt – dass der Verkäufer ein Interesse an dem Geschäft hat?
    Mitten im Wohnzimmer liegen zwei kartoffelgroße Steine und lauter nasse Glasscherben. In den beiden Panoramafenstern sind Löcher mit strahlenförmig abgehenden zackigen Rissen, durch die die Kälte eindringt.
    «Na großartig», sagt Tammy.
    In der Küche sieht es genauso aus, Glasscherben im

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