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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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stand unter den Trauernden. Halb Athen war erschienen, sofern die Menschen nicht zu krank waren oder selbst im Sterben lagen, und sie weinten um ihre eigenen Toten und um Paralos. Mit hohlen Augen sahen sie Perikles, den starken, immer gelassenen, weisen Perikles, am Grab seines Sohnes weinend zusammenbrechen. Perikles, der immer standfest war. Perikles, auf den sich Athen stützte, als sei er der Grundstein, auf dem die ganze Stadt ruhte.
    Halo beobachtete ihn aus der Ferne, und jede Faser ihres Körpers drängte danach, zu ihm zu gehen und ihn in die Arme zu nehmen und zu trösten. Sie sehnte sich danach, ihm sagen zu dürfen: »Ich bin ein Junge, ich bin dein Sohn, du hast immer noch mich …«
    Aber er wollte sie nicht. Sie war ja nur ein Mädchen.

ΚΑΠΙΤΕΛ 30
    Du hast das Richtige getan«, sagte Arko. »Du musstest es ihm sagen, und wenn er es nicht hinnehmen kann, gibt es nichts, was du noch tun kannst.«
    Halo war klar, dass Arko ihren Wunsch meinte, Arzt zu werden, und nicht den, ein Junge zu sein. Sie wollte kein Junge mehr sein. Sie wollte nur frei sein. Warum musste denn alles so kompliziert sein? Sie wollte doch nur eines: ihren eigenen Instinkten folgen. Arzt zu werden war nützlich und sinnvoll. Warum sollte jemand dagegen sein?
    Aber sie würden es zu verhindern versuchen – wenn sie es wüssten. Und Perikles könnte es jederzeit jedem Menschen erzählen.
    »Du weißt doch«, sagte Arko, »warum er sich so ärgert? Nicht nur, weil du ein Mädchen bist, sondern ebenso sehr, weil er belogen wurde.«
    Ja, das wusste sie. Und es war ihr auch klar, was das bedeutete.
    Mit schwerem Herzen schlich sie durch die entsetzlich leeren Straßen Athens zum Haus des Hippias. Sie fühlte sich wie ein Hund, der gegen seinen Willen an einer schweren Kette durch die Stadt geschleppt wurde. Um Hippias’ Haus stand wie immer eine kleine Menschenmenge, Leute, die verzweifelt um Hilfe baten, obwohl alle wussten, dass er nichts tun konnte. Aber er war zu Hause, mit all seinen Büchern und wie gewöhnlich mit einem Teller Kuchen vor sich. Als sie eintrat, blickte er auf, wie immer erfreut, sie zu sehen.
    Gleich wirst du dich nicht mehr freuen, dachte sie.
    »Hippias«, begann sie mit so fester Stimme wie möglich, obwohl ihr das Herz in die Kniekehlen rutschte. Vielleicht sollte ich nach Kos gehen und dort wieder als Junge anfangen, mit einem neuen Namen, einem neuen Leben …
    »Hippias, ich bin nicht mehr Perikles’ angenommener Sohn …«
    »Wovon redest du denn?«, fragte er verständnislos und strich sich über das bereits glatt auf dem Kopf liegende Haar.
    »Ich bin nichts«, sagte sie bitter.
    Er schaute sie abwartend an.
    »Ich bin ein Mädchen.«
    »Du bist ein Mädchen«, wiederholte er tonlos.
    »Ja. Ich bin ein Mädchen.«
    »Du bist kein Mädchen, sondern irre. Das kommt wahrscheinlich von der Pest. Du bist immer noch verwirrt …«
    »Nein. Ich bin wirklich ein Mädchen.«
    »Das erstaunt mich aber«, sagte er langsam. »Du hast doch alles so schnell gelernt …«
    »Vielleicht lernen die meisten Mädchen schnell, wenn man sie lässt«, sagte sie. »Aber wer kann das schon wissen?«
    Hippias war weniger geschockt als verwundert. »Aber warum bist du ein Mädchen?«, fragte er.
    »Weil ich so auf die Welt kam«, erwiderte sie trocken. »Ich musste mich als Junge ausgeben, damit sie mich überhaupt etwas lernen ließen.«
    Hippias legte das Stück Baklava auf den Teller zurück. »Und jetzt bist du gekommen, um mir zu sagen, dass du nicht mehr mit mir arbeiten willst?«
    Sie lachte ein wenig. »Nein, ich bin gekommen, um zu hören, dass du nicht mehr mit mir arbeiten willst.«
    Er rieb sich nachdenklich die Nase. »Ist die Sache immer noch ein Geheimnis?«
    »Du bist der Erste, dem ich es sage«, antwortete sie. »Sonst wissen es nur Aspasia und … Perikles …«
    »Werden sie dein Geheimnis bewahren?«
    »Ich hoffe es«, murmelte sie.
    Hippias dachte nach.
    »Dann sage es niemandem sonst«, meinte er schließlich eindringlich. »Bitte, Halo, keine Panik. Bleib ein Junge. Ich brauche deine Hilfe. Also musst du ein Junge bleiben.«
    Allmählich hörte der Boden unter ihren Füßen auf zu schwanken. »Wirklich?«, fragte sie unsicher.
    »Oh ja, wirklich«, er nickte. »Ganz wirklich. Im Ernst – es darf nicht bekannt werden. Nicht nur wegen dir selbst. Deine Arbeit ist so nützlich und gut … Ich fürchte, die Leute würden dich nicht mehr an sich heranlassen, wenn sie wüssten, dass du ein Mädchen

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