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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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gemacht? Bist ausgerissen? Wir haben in diesem Jahr schon genug Probleme gehabt.«
    »Ich bin nicht ausgerissen«, entgegnete sie. »Ich habe mich verirrt.«
    »Du sprichst komisch«, sagte er. »Du kommst besser mit mir.« Er gab ihr aus seiner schmierigen Flasche zu trinken und einen Korb, um Feigen zu pflücken. Dann legte er dem Hengst die Zügel an, und bald darauf trotteten sie langsam über die Ebene nach Osten. Der Mann führte den Hengst, und die anderen Pferde folgten. Halo ging mutlos neben ihm her. Was blieb ihr auch anderes übrig?
    Gegen Mittag kamen sie in ein Flusstal. Die Pferde stellten sich bis zu den Knöcheln ins Wasser und tranken. Der Mann schüttete sich Wasser über den Kopf, und Halo kühlte sich die Füße. Sie ruhten sich ein wenig im Schatten aus, und er gab ihr ein Stück widerlich schwitzenden Käse. Dann sagte er: »Los«, und machte sich auf den Weg talaufwärts.
    »Und die Pferde?«, fragte sie erschrocken.
    »Die bleiben hier«, erwiderte er und ging weiter.
    Halo rannte schnell zu der freundlichen Stute, die sie gefunden hatte. Sie legte ihre Hand an die Wange des Tiers und sah ihm in die schönen, feuchten Augen.
    »Leb wohl«, flüsterte sie. Sie küsste es rasch auf die Nase und schloss für eine Sekunde die Augen. Dann drehte sie sich um und rannte hinter dem Mann her. Er hatte ihr nichts getan. Und die Pferde besaßen keine Boote. Nur Menschen hatten Boote.

ΚΑΠΙΤΕΛ 7
    Spät am Nachmittag kamen sie zu einem heruntergekommenen, kleinen Haus. Dort übergab der Mann Halo einem anderen Mann, der klein und dünn war und ebenfalls sehr schmutzig aussah. Dieser Mann lachte laut, als sie ihm sagte, sie hätte sich verirrt.
    Er fragte wieder dieselben Fragen. Woher bist du, wo ist deine Familie, ach, keine Familie – zu wem gehörst du dann? Sie sagte nicht: Zu mir. Ich gehöre zu mir. Sie hatte genug von den Menschen erfahren, um zu wissen, dass sie damit nur Spott ernten würde.
    »Dann gehörst du mir«, sagte der Mann. Sie biss die Zähne zusammen, um ihn nicht anzuschreien.
    »Hier«, sagte er und warf ihr ein Stück Brot hin. Sie musste in die Luft springen und es fangen, damit es nicht auf den schmutzigen Boden fiel. Das brachte ihn noch mehr zum Lachen. Dann sagte er: »Was ist das an deinem Hals?« Er packte sie am Arm und griff nach der goldenen Eule.
    »Pilo!«, schrie er. »Komm her und nimm ihr das ab.«
    Aus dem Dunkel des Hauses kam eine plumpe Frau. Sie sah verängstigt aus, aber beim Anblick der Eule begannen ihre Augen zu funkeln. Mit ihren nach Zwiebeln stinkenden Händen nahm sie Halo den Anhänger ab und band ihn sich um ihren eigenen fetten Hals. Halo trat mit den Füßen nach ihr, aber der Mann hielt ihr die Arme auf dem Rücken fest, sodass sie sich nicht wehren konnte.
    »Geh und mach mir Essen«, sagte er zu der Frau. Die verschwand prompt, und der Mann setzte sich und versuchte, Halo auf seinen Schoß zu ziehen. Sie trat ihm, so fest sie konnte, mit ihrer nackten harten Ferse gegen das Schienbein.
    »Du kleine Schlange«, zischte er und drehte sie herum, ohne sie loszulassen. Halo trat ihn wieder und schrie und versuchte, sein Gesicht zu zerkratzen. Da packte er sie und zerrte sie hinaus in einen Verschlag, der wie ein leerer Stall aussah. Er warf sie auf einen Heuhaufen und warf mit einem ohrenbetäubenden Knall die Tür hinter sich zu und verriegelte sie.
    Halo machte sich nicht die Mühe, weiter zu schreien. Wütend und außer Atem lag sie in dem kratzigen Heu. Menschen! Wenn die Menschen so waren, dann wollte sie, bei allen Göttern, kein Mensch sein! Das Blut schoss ihr heiß durch die Adern, und sie hätte ihn am liebsten wieder getreten. Wie gern wäre sie stark genug, um ihn fertigzumachen, ihm wehzutun, diesem widerlichen Dieb, diesem Tyrannen …
     
    Offenbar war sie eingenickt, und als sie erwachte, wusste sie nicht, wie lange sie schon dort lag. Sie richtete sich auf. Hoch oben an der Wand befand sich ein kleines Fenster – zu hoch –, und von dort wanderte das Licht langsam durch den Raum. Wütend starrte sie auf die Tür …
    Sie musste fliehen, so viel war klar, aber in welche Richtung? Sie wusste nicht einmal, wo sie sich genau befand. Natürlich konnte sie zurück nach Westen gehen, zum Meer – zurück durch die Wildnis, durch die sie hergekommen war. Und sich wieder verirren, womöglich verhungern. Vielleicht gab es eine bessere Lösung. Sie malte sich im Geist die Weltkarte auf: Zakynthos zwischen Sizilien und Griechenland.

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