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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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hervorstachen. Träge kreiste ein Adler am purpurnen Himmel, verschwand mal hinter einem Berggipfel und tauchte dann wieder auf. Sie blieb zitternd im frischen Morgenlicht stehen und beobachtete den eleganten Flug des Vogels. Sie war auf dem richtigen Weg.
    Was nicht bedeutete, dass sie sich auf einem Weg befand. Es gab keinen Weg, außer da und dort ein Trampelpfad der Wildziegen und manchmal einen steinigen Bachlauf, über dem winzige blauschwarze Vögel hoch oben in Felslöchern brüteten. Halo sehnte sich nach frischem Wasser – sie wollte die Kleider und auch sich selbst waschen –, aber da es schon spät im Jahr war, waren die meisten Flussläufe ausgetrocknet, in ihrem Bett fand sie höchstens Kieselsteine und die abgeworfenen Stacheln der Stachelschweine.
    In der Mittagshitze machte sie Rast und aß und trank ein wenig. Am Nachmittag, als es kühler wurde, setzte sie ihren Weg fort. Sie glaubte nicht, dass der Mann sie verfolgte – und selbst wenn, würde er sie nicht finden. Zentauren waren gut im Verstecken.
    Als es Abend wurde, befand sie sich tief in einem Wald. Hier wollte sie übernachten. Sie aß den restlichen Käse mit etwas wildem Sellerie und ein paar Feigen, die sie unterwegs gefunden hatte. Sie war so müde, dass sie sich kein Lager baute, sondern sich zum Schlafen zwischen die Wurzeln eines großen Baumes legte und den Umhang um sich schlug. Er roch widerlich nach Schweiß und Ziegenbock und kratzte an ihrer Wange, aber er schützte sie wenigstens vor Skorpionen, Spinnen und beißenden Ameisen. Sie lag unbequem und zog irgendwann ihren kleinen Chiton aus und faltete ihn zu einem Kopfkissen zusammen. Der Stoff roch wenigstens nach ihr und nicht nach dem schrecklichen Mann. »Artemis, behüte mich vor bösen Menschen«, murmelte sie und hörte im selben Augenblick das Heulen eines Wolfs, »und vor Wölfen«, fügte sie schnell hinzu, »und vor Bären.«
    Bevor sie einschlief, dachte sie an zu Hause und bat Demeter um ihren Segen für die Traubenernte der Zentauren. Und, sagte sie im Geist zu der Göttin, bitte tröste sie. Sie werden trauern, weil sie mich verloren haben, so wie du getrauert hast, als deine Tochter Persephone dir genommen und in die Unterwelt gebracht wurde – bitte tröste sie. Und sobald ich kann, werde ich dir ein Opfer bringen – wenn ich zu essen habe, sollst du etwas davon abbekommen. Auch wenn es dir ohnehin gehört, denn du bist die Göttin der Saat und des Wachstums … Und während sie noch überlegte, wie das alles zusammenhing, war sie auch schon eingeschlafen.
    Am nächsten Morgen erwachte sie sehr hungrig. Das hält nicht lange vor, dachte sie, nachdem sie ein paar Feigen und wilden Fenchel gegessen hatte. Fallen auslegen hatte keinen Zweck, weil sie nicht zurückkommen und sie überprüfen konnte.
    Sie holte ihr Messer hervor und grübelte. Was konnte sie mit einem Messer Essbares erlegen?
    Nichts. Außer –
    Sie lächelte.
    Der Wald war ihr wohlgesonnen. Sie fand einen langen und flexiblen Eibenschößling, der kräftig und zugleich schlank war. Dann entdeckte sie wilde Reben, die um diese Jahreszeit zäh und biegsam waren, und schnitt zwei davon ab, um sie zu einer Schnur zusammenzudrehen. Sie suchte im Unterholz nach toten Zweigen und fand ein paar, die besonders gerade und stark waren. An einem Stein wetzte sie ihr Messer und machte sich an die Arbeit, schnitzte, spitzte, drehte und fädelte. *****
    Sie sang bei der Arbeit.
    Als die Sonne höher stieg, hatte sie einen ganz passablen Bogen und ein paar spitze Pfeile hergestellt, die vielleicht nicht die besten, aber auch nicht die schlechtesten waren. Sie lächelte zufrieden und hatte noch eine andere Idee. Sie schnitt ein Stück von einer Schlingpflanze ab und befestigte damit das Messer an der Spitze eines langen, kräftigen Stocks. Ein Speer! Jetzt konnte sie jagen und Fleisch essen.
    Jagen bedeutete aber, dass sie langsamer vorankam, denn wenn sie schnell ging, wurden Rehe und Vögel aufgeschreckt, und auch die kleinen Tiere im Wald hörten sie und rannten davon. Aber Rehe waren ohnehin zu groß für ihre Jagdpläne.
    Am Abend erlegte sie mit Pfeil und Bogen eine kleine Wildziege. Sie war stolz. Nicht auf ihren Schuss – der war nicht schwer gewesen – aber darauf, dass ihr selbst gebastelter Pfeil mehr oder weniger gerade geflogen und die Ziege sauber getroffen hatte.
    Aber wie sollte sie das Fleisch zubereiten? Sie starrte das Tier an, dessen Augen sich langsam trübten. Sie hatte es getötet, und

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