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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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für Stück das Wasser aus ihm heraus. Das funktionierte nicht sehr gut – aber das Wasser tropfte ohnehin herab und bildete kleine Rinnsale auf dem Felsen. Den Rest würde die Sonne erledigen, hoffte sie, sodass der Umhang bei Nachteinbruch trocken wäre. Ohne Umhang, ob er müffelte oder nicht, war es nicht sehr angenehm, im Freien zu übernachten, denn auch wenn es tagsüber brütend heiß war, wurden die Nächte immer kälter. Bis zum Herbstanfang konnte es nicht mehr weit sein, und Halo wollte unbedingt vor Einbruch des Winters wieder zu Hause sein.
    Sie wusch auch noch den kleinen Chiton und behielt den größeren an. An diesem Ort wollte sie ein paar Tage bleiben, Fische essen und wieder zu Kräften kommen. Und sie würde den großen Chiton waschen, sobald der kleine trocken wäre.
    Es war ein hübscher Rastplatz: Wasser, Fische, Sonne, Schatten, am Flussufer weiches Gras zum Schlafen und in den Felsen gurrende Tauben. Sie schwamm und sang und schlief und plante. Wo genau lag Sparta? Sie konnte nicht ewig nach Norden gehen und auf ein Wunder hoffen. Immerhin war sie schon eine ganze Weile unterwegs.
    Sie überlegte, dass Flüsse immer in größere Flüsse mündeten. Und dass Städte immer an großen Flüssen lagen. Sie wollte diesem kleinen Fluss folgen und sehen, wohin er sie führte.
    Der Umhang war noch nicht trocken, aber der große Chiton. Den zog sie an und bibberte sich mit angezogenen Beinen in den Schlaf. Der Wasserfall gluckerte ein Wiegenlied.
     
    Am nächsten Morgen wollte Halo vor der Weiterreise gerade noch einmal in den See springen, als sie auf der stillen, glatten Wasseroberfläche ihr Spiegelbild erblickte.
    Ihre Haare!
    Mit ihren ungezähmten, langen Haaren konnte sie nicht als Knabe durchgehen. Die Jungen und Männer der Zentauren trugen ihr Haar lang und offen, die Menschenjungen in Zakynthos dagegen hatten ihr Haar kurz geschnitten. Sie wusste nicht, wie die Knaben von Sparta ihr Haar trugen. Sie wusste von ihnen nur, dass sie schon mit sieben Jahren von zu Hause fort und in die Agoge – die Aufzucht – mussten, wo sie zu Soldaten ausgebildet wurden. Sie galten als die besten Soldaten der Welt. Halo hatte gehört, dass die erwachsenen Krieger das Haar lang trugen … Vielleicht war es besser, sich nicht als Spartaner auszugeben, sondern als Knabe von Zakynthos, da sie bisher nur dort welche gesehen hatte. Sie musste also ihre langen Locken abschneiden. Egal – sie waren ohnehin schrecklich verfilzt und voller Sand und Spelzen.
    Ich kann sie mir jederzeit wieder wachsen lassen, wenn ich mich in ein Mädchen zurückverwandle, dachte sie. Sie setzte sich auf einen Stein und holte das gestohlene Messer hervor.
    »Apollon, Hüter der Knaben«, murmelte sie, »bitte hilf mir, dass ich wie ein richtiger Knabe aussehe. Bitte nimm mich als Knabe an, so wie du Achilles annahmst, als seine Mutter ihn als Mädchen verkleidete, um ihn in Sicherheit zu bringen. Und Athena, Göttin der Weisheit, du erschienst Odysseus in Knabenkleidern – und Dionysos, du gingst eine Zeit lang als Mädchen …«
    Sie zückte ihr Messer, raspelte Strähne für Strähne durch und legte die dicken schwarzen Locken neben sich auf den Stein.
    Sie sahen aus wie ein totes Tier.
    Erst als sie mit ihrer Arbeit fertig war, wagte sie wieder einen Blick auf die Wasseroberfläche.
    Ein sorgenvolles Gesicht starrte ihr entgegen, umrahmt von wild abstehenden Haarbüscheln.
    »Ich sehe aus wie ein Mädchen mit einem furchtbaren Haarschnitt!«, schrie sie. Sie schärfte das Messer an einem Stein und begann erneut zu raspeln. Kürzer und immer kürzer wurden die Haare, denn sie war jedes Mal unzufrieden, wenn sie sich wieder im Wasserspiegel ansah.
    Schließlich gab sie es auf. Würde sie weiterschneiden, wäre sie bald kahl wie ein Schaf nach der Schur. Mit einem Satz sprang sie in das herrlich kühle Wasser, um die juckenden Härchen abzuspülen. Sie tauchte unter und jagte durch die grün verhangenen Tiefen hierhin und dorthin, damit die abgeschnittenen Härchen beim Auftauchen nicht mehr an ihr kleben würden.
    Aber sie schwamm zu schnell. Sie konnte in dem Wechsel von Licht und Schatten unter Wasser nicht gut sehen und verschätzte sich. Eben noch jagte und drehte sie sich wie ein Fisch im Wasser, im nächsten Augenblick war sie mit aller Wucht mit dem Kopf an einen Fels geprallt.
    Ein stechender Schmerz durchfuhr sie, dann wurde alles schwarz.
    Ihr Körper streckte sich und wurde schlaff. Wie eine geheimnisvolle Blume hing

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