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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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und die Kinder arbeiteten den ganzen Nachmittag in bedrückender Stille, während Halo Wache hielt. Thalia schaute immer wieder erschreckt auf, als hätte sie etwas gehört. Mit der Zeit wurden die Kinder quengelig. Es war, als warteten alle darauf, dass etwas Schreckliches geschehen würde.
    Nach Sonnenuntergang richtete Thalia das Essen: Getreidebrei, Oliven und ein bisschen Gerstenbrot. Thanus kam zu ihnen, aber niemand hatte richtig Appetit.
    Nach dem Essen brachte Thalia die Kinder nach oben. An diesem Abend debattierte sie nicht mit ihrem Sohn, ob sie unten bleiben könnte. Thanus nahm einen dicken Stock vom Holzstoß und das größte Messer aus der Küche und ging wieder auf das Dach hinauf. Halo folgte ihm wortlos.
    Im Süden ging der Mond auf, groß und golden, rund und voll. Wie seltsam, dachte Halo, dass Selene, die schöne Mondgöttin, so viel Schrecken zulässt.
    Sie lagen bäuchlings auf dem Dach. Thanus beobachtete den Norden und Osten, Halo den Süden und Westen. Der Mond wurde, je höher er stieg, kleiner und blasser. Hat auch die Mondgöttin Angst?, überlegte Halo. Zieht sie sich deshalb zurück und wird so weiß?
     
    Die Agela, die Gemeinschaft der Jünglinge, war bereit. Sie hatten sich bei Sonnenuntergang am vereinbarten Ort getroffen, ihr kärgliches Mahl gegessen, die notwendigen Gebete gesprochen und ihren rituellen Tanz aufgeführt. Sie hatten ihre Jagdlieder gesungen und ihre glänzenden Waffen geschärft. Danach hatten sie ihren Wein getrunken. Sie hatten gegrinst und gelacht und sich gegenseitig auf den Rücken geklopft, und als der Mond höher am Himmel stand, waren sie in einer langen, wendigen, unsichtbaren Linie aus dem Wald gestürmt. Geduckt und geräuschlos und schweigend wie die Nacht liefen sie hinunter zu den Dörfern der Heloten.
    Die Gegend war bekannt für ihre rebellischen Bewohner. Die Lehrer aus Sparta schickten die Knaben nicht irgendwohin. Sie jagten die Menschen nicht aus Mordlust. Sie jagten sie, um die Aufrührer in ihre Schranken zu weisen, um die Bürger Spartas, ihre Familien und ihre Lebensweise zu schützen.
    Der Plan war eigentlich, zu den Häusern zu gehen und alles zu jagen, was sich dort rührte. Nur Häuser, in denen es ganz dunkel und still war, wollten sie verschonen, denn Schlafende zu erschlagen war nicht ehrenvoll. Aber dann machten sie einen Glückstreffer – als sie sich der dritten Ansiedlung näherten, erspähten sie zwei Wanderer, die offensichtlich nach einer langen Reise noch in der Nacht nach Hause kommen wollten.
    Die Jäger, vom Dickicht am Wegrand verborgen, schlichen sich leise und konzentriert an die Wanderer heran. Es waren zwei Heloten. Sie trugen Arbeitskleidung und wirkten müde. Aber was hatten sie zu dieser Stunde hier draußen zu suchen? Gesetzestreue Männer waren um diese Zeit zu Hause.
    Die Jäger waren stolz darauf, wie lange sie diesen beiden Bauertölpeln unbemerkt folgen konnten. Die Knaben kannten sich schon ihr Leben lang. Seit zehn Jahren trainierten sie zusammen, aßen zusammen, ruhten zusammen, beteten zusammen. Sie hatten dieselben Dinge gelernt, dasselbe Brot gegessen, dieselben Strafen erlitten. Und sie hatten nichts anderes getan. Jeder von ihnen wusste, wie der andere reagierte – sie konnten handeln, ohne ein Wort miteinander zu sprechen. Sie konnten vorpreschen oder nachfolgen und wussten sich immer geschützt. Jeder stellte das Leben der Kameraden über sein eigenes.
    Aber die Bauerntölpel bemerkten sie nicht einmal. Als hätten sie keine Ohren.
    Die Bäume und Dornenbüsche am Wegrand wurden lichter. Der Pfad führte jetzt durch einen Olivenhain, in dem sich das silberne Licht des Mondes und die schwarzen Schatten der Nacht abwechselten. Die Jäger, sich ihrer Unsichtbarkeit und Schnelligkeit gewiss, fielen ein wenig zurück. Bald würde ihr Anführer das Zeichen zum Angriff geben. Die Heloten waren in greifbarer Nähe. Sie waren so gut wie tot.
     
    »Schau!«, zischte Halo. »Dort auf dem Pfad bei den Oliven! Zwei Männer!«
    Thanus robbte über das Dach zu Halo und spähte in die Nacht hinaus.
    »Dort«, flüsterte Halo.
    »Hera, Mutter der Güte, mein Vater und mein Onkel«, flüsterte Thanus gepresst.
    »Und dort, hinter den Bäumen, siehst du das?«, zischte Halo.
    »Das sind sie«, sagte Thanus keuchend. »Das sind sie. Sie sind gekommen. Es ist vorbei.«
    »Vorbei?«, fragte Halo. »Werden wir nicht kämpfen?«
    »Oh, gütige Hera, was sollen wir tun?«, flüsterte Thanus und seine Stimme klang

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