Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
Vom Netzwerk:
mich?«, flüsterte sie.
    Er schwieg wieder. Dann sagte er: »Ich weiß nicht genau. Wahrscheinlich mag ich dich.« Dabei wandte er sich ihr zu und sah sie mit einem Blick an, der ihr durch Mark und Bein ging.
    Sie starrte ihn mit großen Augen an.
    »Du bist ein ziemlich merkwürdiger … äh … Knabe«, sagte er und lachte kurz auf. »Und du sagst sehr ungewöhnliche Dinge. Ich fände es interessant, mich länger mit dir zu unterhalten.«
    »Aha. Und weshalb?«, fragte sie. Sie hatte Schmetterlinge im Bauch. Warum hatte er gezögert, bevor er »Knabe« gesagt hatte? Er wusste doch, dass sie ein Mädchen war. Schließlich hatte er sie aus dem Wasser gezogen … Sie musste ihn immerzu ansehen.
    »Weil du infrage stellst, was für mich richtig und wahr ist«, sagte er. »Das ist interessant. Dir zu erklären, warum du im Unrecht bist, schult mein Wissen.«
    Oh, gütige, weise Athena, betete sie stumm, hüte meine Zunge.
    »Und wenn ich dir beweise, dass du im Unrecht bist?«
    » Wenn«, sagte er und musste bei diesem Gedanken leise lachen.
    Aber du bist im Unrecht, dachte sie. Du bist vollkommen im Unrecht.
     
    Am nächsten Morgen konnte sie sich kaum auf den Beinen halten. Scitas zerrte sie derb hinter sich her. »Komm schon, du komischer Junge!«, rief er. »Beeil dich!« Sie wollte unbedingt durchhalten, aber ihre Knie gaben fast nach, und ihr Kopf dröhnte unter dem frischen Verband, den Leonidas angelegt hatte. Diese Knaben waren nicht müde zu kriegen. Ihre staubigen Füße waren noch abgehärteter als ihre, ihre sehnigen Beine machten größere Schritte, wenn sie im Gleichschritt marschierten, ihre Mägen waren robuster, ihre Bedürfnisse bescheidener. Und ihre Stimmen stiegen hoch in die Luft und trällerten in einem fort ein dummes Liedchen:
     
    » Du lebst, obwohl alle tot sind?
    Bist du ein Feigling?
    Dann bist du nicht mein Sohn.«
     
    Dann folgte der Refrain: » Mit oder auf. Mit oder auf. Mit oder auf … « Es handelte vom Schild eines Soldaten, seinem Hoplon, und davon, dass es besser war, tot auf seinem Hoplon zu liegen, als zu leben und den Hoplon an den Feind verloren zu haben. Kaum dass sie eine einigermaßen begehbare Straße erreicht hatten, brüllten sie dieses Lied in einem fort und marschierten dazu im Takt. Halo wurde übel vom Zuhören.
    Außerdem war sie hungrig. Diese Knaben aßen kaum etwas, und wenn, war das Essen widerlich. Außerdem schienen sie kein Wasser zu brauchen – was Halo ganz recht war, denn sie konnte schlecht im Stehen pinkeln wie sie – und dass die jungen Krieger sie zum Pinkeln allein lassen würden, war ausgeschlossen. Diese Knaben brauchten keine Privatsphäre und pissten wie die Tiere, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.
    Wenn Halo nur daran dachte, verspürte sie einen starken Drang. Aber sie wollte Scitas nicht bitten müssen, wegen ihr anzuhalten. Sie hielt es zurück, solange es ging, aber als sie sich schließlich fast in den Chiton machte, rief sie: »Leonidas!«
    »Was gibt’s?«, rief er zurück, behielt aber sein Tempo bei.
    »Ich muss – anhalten.«
    »Wieso?« Er wurde immer noch nicht langsamer.
    Also gut, dachte sie und biss ihre Zähne zusammen.
    »Ich muss pinkeln!«, schrie sie vor allen anderen.
    »Dann pinkel doch!«, rief Scitas aus. »Wieso brauchst du Leon dafür?«
    Aber Leonidas war stehen geblieben. Er sah zu ihr nach hinten, und sie sah ihm direkt in die Augen. Da verzog er sein Gesicht zu einem Grinsen.
    »Ist es bei deinen Leuten üblich, in Abgeschiedenheit zu pinkeln, Kleiner?«, fragte er übertrieben höflich.
    Sie kniff die Augen zusammen. Du Schwein, dachte sie. Du weißt genau, dass ich ein Mädchen bin. Du fieses Schwein.
    »Ja, Leonidas. Ganz richtig.«
    »Dann erlaube mir, dass ich dich hinter einen Baum begleite, wo ich dir den Rücken zukehren und gleichzeitig deine Leine halten kann. So kann ich verhindern, dass du abhaust, ohne dass ich deine … Aktivitäten störe.« Er nahm Scitas, der sich vor Lachen krümmte, die Leine ab.
    Als sie hinter dem Baum wieder hervortraten, sang die ganze Truppe ein neues Lied:
     
    »Schau her und guck,
    der kleine Muck
    muss zum Pieseln
    in die Wiesen,
    hinter ’nen Baum,
    damit wir nicht schaun.«
     
    »Und ihr«, schrie sie zurück, »ihr pisst in euern eigenen Mist ...« Das war nicht besonders gut, aber etwas Besseres fiel ihr im Moment nicht ein. Die Knaben brüllten vor Lachen. Sie hasste sie.
    Sowie es wärmer wurde, entledigten sie sich ihrer Umhänge. Halo

Weitere Kostenlose Bücher