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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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sah, dass ihre kräftigen Rücken alle von diesen glänzenden weißen Narben gezeichnet waren, die sich hell von ihrer sonnengebräunten Haut abhoben. Sogar ihre Haut ist abgehärtet, dachte sie. Vielleicht ist auch ihre Seele so – abgehärtet.
    Zwei Tage brauchten sie bis Sparta. Als sie endlich ankamen, war Halo erschöpft, hungrig und durstig und davon überzeugt, dass die Spartaner anders waren als alle anderen Menschen, die sie bisher kennengelernt hatte. Und dass sie viel unangenehmer waren.

ΚΑΠΙΤΕΛ 12
    Auf den ersten Blick war Sparta nicht besonders beeindruckend. Es sah ungefähr wie die Stadt Zakynthos aus, nur größer, und es lag auch nicht am Meer, sondern an einem schimmernden Fluss. Eigentlich wirkte es eher wie eine Ansammlung kleiner Dörfer, die allmählich miteinander verschmolzen waren – eine Menge strohgedeckter Dächer auf Häusern, deren Mauern offenbar aus getrocknetem Lehm bestanden. Nur wenige Häuser hatten rote Ziegeldächer. Es gab keine Stadtmauern und keine Tore mit Wächtern. Die Straßen waren kaum mehr als ungepflasterte Trampelpfade, gesäumt von ein paar kärglichen, halb verkrüppelten Bäumen. An den Rändern der Stadt lagen einige staubige Kampfübungsplätze, wo Halo aus der Ferne kleine Gestalten ausmachen konnte – trainierende Jungen und Soldaten. Über das Tal hinweg funkelten ihre Waffen wie winzige glitzernde Punkte, und trotz der Entfernung konnte sie laut gebellte Befehle hören.
    Auf dem Weg in die Stadt kamen sie dicht an einem der Übungsplätze vorbei. Während sie daran vorbeizogen, beobachtete Halo das Geschehen neugierig. Über das Soldatenleben wusste sie nichts, und auch von der Ausbildung der Soldaten und vom Kämpfen hatte sie keine Ahnung. Doch was sie hier sah, machte sie nicht schlauer: eine kleine Gruppe strammer, muskulöser langhaariger Männer beaufsichtigte ungefähr zwanzig Jungen in Halos Alter, die offenbar versuchten, einen großen alten Baum mit ihren Schilden umzustoßen. Die Jungen bildeten ein einziges Knäuel staubiger, verschwitzter Körper. Sämtliche Muskeln waren bis aufs Äußerste angespannt, die Körper waren vollkommen ineinander verkeilt, die Schilde pressten jeweils gegen Rücken, Nacken und Kopf des Vordermanns, während die Füße um Halt auf dem staubigen Boden kämpften. Die Schultern hoben und senkten sich vor Anstrengung. Die Vordersten müssen doch eigentlich vollständig zerquetscht werden , dachte sie. Und die Schilde sind groß – kriegen die überhaupt noch Luft? Sie sollten aufhören …
    Aber sie hörten nicht auf. Sie schoben und pressten weiter, drückten, drängten und stießen mit aller Kraft. Es war klar, dass sich der Baum so nicht umstoßen lassen würde. Und trotzdem kämpften die schwitzenden, verdreckten Jungen weiter gegen den Baum, und die Männer verfolgten ungerührt den vergeblichen Versuch. Als Halo näher kam, konnte sie auch ihre zornigen Rufe verstehen.
    »Alte Weiber seid ihr!«, brüllte einer der Männer, »Schwächlinge! Weicheier! Ihr stoßt nicht hart genug – sogar eure Mütter mussten härter pressen, um euch aus dem Bauch zu kriegen! So, wie ihr euch anstellt, würde nicht mal eine Bohnenstange umkippen! Glaubt ihr, Leonidas hätte auf die Art die Perser bei den Thermopylen aufhalten können? Wenn er und seine Männer wie Hasen gekämpft hätten? Jetzt bewegt endlich eure Ärsche, ihr faulen Säcke, sonst vertilgen euch die Athener wie Haferschleim!«
    Und die Jungen stießen und schoben noch härter.
    Als die Gruppe der jungen Krieger gleichauf war, rief Leonidas einen Gruß hinüber. Der Mann, der die Befehle gebrüllt hatte, drehte sich um. Sein Gesicht war grobschlächtig und von der Sonne gerötet, mit großer Nase und dichten Augenbrauen.
    »Leon!«, rief er fröhlich. »Kommt rüber, Jungs!«
    Halo folgte zögernd; erst jetzt wurde ihr so recht bewusst, wie grausam es war, in Fesseln durch die Stadt geführt zu werden. Schon auf dem Marsch durch das Land war der Strick schwer auszuhalten gewesen, doch hier, in der Stadt, wo sie von allen Leuten begafft werden würde, würde es ihr noch schwerer fallen, die Schande zu ertragen.
    »Alles in Ordnung, Leonidas?«, fragte der Mann. Er sah aus wie eine ältere Kopie der Jungen – Muskeln, Narben, ein über die Schulter geworfener Umhang. Wie Leonidas Waffenbrüder wirkte auch er stark, zuversichtlich, selbstsicher, fröhlich. Er hatte hier offensichtlich den Befehl, aber niemand verhielt sich so schweigsam und unterwürfig,

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