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Halo - Tochter der Freiheit

Titel: Halo - Tochter der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zizou Corder
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einzigen zischenden Bewegung schwangen die Hopliten ihre Speere in die Angriffsstellung – alle Speerspitzen zeigten nach vorn, fest und unbeirrbar, gehalten von mächtigen, starken Armen.
    Dann rückten sie vor.
    Sie rückten auf Halo zu.
    Und die schrie auf. Sie konnte den Schrei nicht unterdrücken.
    Wie Leonidas Freunde lachten! Scitas fiel vor Lachen tatsächlich auf den Rücken. »Iih!«, äffte er sie immer wieder nach, »Iih! Ein Heer! Ein richtiges Heer! Iih!«
    »Spartas Ruhm und Pracht!«, sagte Leonidas nachsichtig. »Hast du etwa angenommen, damit hätte ich die Häuser gemeint?«
    Halo riss sich zusammen, aber das Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals.
    Natürlich übten sie nur – Parade, Marschieren. Sie hatten nicht vor, ihr etwas anzutun.
    Jedenfalls nicht jetzt , hörte sie eine kleine warnende Stimme in ihrem Kopf.
    Als die Gruppe am Übungsplatz vorbeizog, flüsterte ihr Leonidas ins Ohr: »Ein wenig härter solltest du schon werden, Kleiner …«
    Machte er sich über sie lustig, oder wollte er ihr wirklich nur einen guten Rat geben? Sie wusste es nicht. Wütend kniff sie die Lippen zusammen und kickte einen Stein über den Weg. Sie nahm sich vor, wirklich härter zu werden.
    Leonidas fuhr fort: »Dort drüben siehst du unsere schönsten Tempel – Artemis Orthia, dort oben – «, wobei er auf einen der Tempel deutete, » – und den der Athene Chalkioikos, unserer Schutzgöttin.«
    Halo blickte wie gebannt zu den Tempeln hinüber, und als ihr Herz nicht mehr gar so heftig schlug, schickte sie den Göttinnen ein inniges, flehendes Gebet: Artemis, Athena, schützt mich, zeigt mir, wie ich mich in dieser seltsamen Stadt verhalten soll.
    Um die Tempel standen Statuen der Götter, die Halo besonders aufmerksam betrachtete. Solche steinernen Bildnisse hatte sie noch nie gesehen, aber man hatte ihr davon erzählt. Zwar wusste sie nicht, welche Statue welche Gottheit darstellte, aber sie hatte selbst sehr genaue Vorstellungen von den Göttern: Apollon – er musste groß, goldblond und stark sein, mit einem frohen Lachen im Gesicht; Dionysos hatte schwarze Locken und ein boshaftes Grinsen (fast ein bisschen wie Leonidas, dachte sie); Hera war breitschultrig und stark und immer ernst, dagegen war Artemis langbeinig, mit klarem Blick und sonnengebräuntem Gesicht. Athena hatte graue Augen und blickte ständig leicht belustigt auf die menschlichen Torheiten, und schließlich war da noch Demeter, die in Halos Vorstellung genauso aussah wie Chariklo.
    Aber die Spartaner schienen die Götter anders zu sehen, als Halo sie sich vorstellte.
    Eine der Statuen konnte sie überhaupt keiner Gottheit zuordnen – sie zeigte einen großen Mann mit ausdruckslosem Gesicht. Leonidas bemerkte, dass sie diese Statue verwundert anstarrte, und grinste.
    »Erkennst du ihn denn nicht?«, fragte er spöttisch.
    »Nein.«
    »Das ist Phobos.«
    Die anderen Jungen hatten den Namen gehört und grinsten ebenfalls.
    »Der Gott der Furcht!«, rief Leonidas und lachte.
    Der Gott der Furcht!
    »Warum verehrt ihr denn die Furcht?«, entfuhr es ihr.
    »Oh – Furcht sollte man niemals unterschätzen«, antwortete Leonidas. »Furcht wirkt genauso, als würde man dir die Kniesehnen durchschneiden, sodass du jammernd und heulend hinfällst … und so wirkt sie auch bei deinem Feind … Furcht kann dich so rücksichtslos machen, dass du dich und deine Gefährten in Gefahr bringst, weil du unbedingt beweisen willst, wie mutig du bist … Furcht erzeugt immer neue Furcht, bis man ungeheuer viel Mut und Selbstvertrauen braucht, um sie jemals wieder überwinden zu können. Du siehst, Furcht ist etwas sehr Menschliches. Kleiner Fremder, warum interessiert dich das? Hast du etwa vor, die Wissenschaft von der Furcht zu erlernen? Willst du dich etwa zum Hopliten ausbilden lassen? Willst du die Geheimnisse der inneren Harmonie kennenlernen – wie man die Furcht aus den Muskeln, aus dem Gesicht, aus der Seele vertreibt? Dann musst du auch die Gesetze der äußeren Harmonie erlernen – und dabei lernst du, dich mit deinen Waffenbrüdern so eins zu fühlen, als wärt ihr die Glieder eines einzigen Körpers. Oder willst du dich einer wirklich grauenhaften Erfahrung aussetzen, um zu lernen, was Phobos in einer solchen Situation bei dir bewirkt?«
    Die anderen Jungen hatten sich um Leonidas versammelt und hörten ihm gebannt zu. Und dann begannen alle wie auf Kommando zu lachen, als sie sich vorstellten, wie dieser schmächtige kleine Fremde die

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