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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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du ihn dir mal angesehen?» Taylah verdrehte die Augen. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass er irgendwelche Selbstzweifel hat.»
    Eine Debatte über das Thema «lange Robe oder Cocktailkleid» schloss sich an. Das Gespräch wurde so banal, dass ich die Flucht ergreifen musste. Ich murmelte, dass ich in die Bibliothek musste, um nach einem bestimmten Buch zu schauen.
    «Igitt, Beth, nur Loser hängen in der Bibliothek herum», sagte Taylah. «Jemand könnte dich sehen.»
    «Und wir müssen sowieso nachher alle noch eine Stunde dorthin und dieses blöde Referat fertig machen.»
    «Worum ging es dabei noch mal?», fragte Hayley. «Hatte es nicht irgendwas mit der Politik im Nahen Osten zu tun?»
    «Wo ist der Nahe Osten?», fragte ein Mädchen, das Zoe hieß und ihre blonden Haare immer zu einer Art Krönchen auf dem Kopf aufgesteckt hatte.
    «Damit bezeichnet man die gesamte Region am Persischen Golf», sagte ich. «Sie dehnt sich bis Südwestasien aus.»
    «Das glaube ich nicht, Beth», sagte Taylah lachend. «Jeder weiß, dass der Nahe Osten in Afrika liegt.»
    Am liebsten hätte ich mich zu Ivy nach Hause geflüchtet, aber sie war im Ort. Sie hatte sich einer kirchlichen Gruppe angeschlossen und war jetzt dabei, neue Mitglieder anzuwerben. Mit Buttons für fairen Handel und Plakaten informierte sie über die ungerechten Arbeitsbedingungen in der Dritten Welt. Da sie in Venus Cove regelrecht verehrt wurde, wuchs die Zahl der Gruppenmitglieder enorm. Die jungen Männer aus der Stadt hatten viel mehr Buttons gekauft, als irgendjemand gebrauchen konnte, in der Hoffnung, mit ihrer Telefonnummer oder auch nur einem anerkennenden Schulterklopfen belohnt zu werden. Ivys Ziel war es, die Mutter Erde von Venus Cove zu werden – sie wollte den Menschen die Natur wieder näherbringen. Ich schätze, man könnte das, was sie erreichen wollte, ökologische Einstellung nennen – Lebensmittel aus biologischem Anbau, Gemeinschaftssinn und die Erhabenheit der Natur über materielle Dinge.
    Also begab ich mich in Richtung der Musikräume und suchte Gabriel.
    Der Musiktrakt war im ältesten Teil der Schule untergebracht. Ich hörte Gesang aus der Aula und öffnete die schwere Flügeltür. Die Aula war riesig, sie hatte hohe Decken, und die Wände waren mit Porträts grimmig blickender Schulleiter behängt. Gabriel stand vor einem Notenständer und dirigierte den Chor der jüngeren Schüler. Seit Gabriel an der Schule war, hatten alle Chöre enormen Zulauf, im Oberstufenchor gab es sogar so viele neue Sängerinnen, dass sie die Proben in den Zuschauerraum verlegen mussten.
    Gabriel studierte mit dem Chor gerade eins seiner Lieblingskirchenlieder ein, einen vierstimmigen Choralsatz, und wurde dabei von der Schülerin Lucy McCrae am Klavier begleitet. Als ich eintrat, verstummten alle. Gabriel drehte sich um, um zu sehen, wer da störte. Das Licht, das durch die bunt verglasten Fenster fiel, ließ sein goldenes Haar aufleuchten, und für einen Moment schien er in Flammen zu stehen.
    Ich winkte ihm zu und lauschte, als der Chor wieder einsetzte.
    «Here I am, Lord. Is it I, Lord?
    I have heard you calling in the night.
    I will go, Lord, if you lead me.
    I will hold your people in my heart.»
    Auch wenn einige Sänger nicht ganz richtig sangen und die Begleitung etwas zu laut war, rührte mich die Reinheit der Stimmen. Ich blieb, bis der Gong das Ende der Mittagspause einläutete. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich genau im richtigen Moment eine Erinnerung an das große Ganze bekommen.
    Die nächsten Tage schienen ineinander überzugehen, und ehe ich michs versah, war es Freitag und die nächste Woche zu Ende. Ich hatte gehört, dass die Ruderer nach der Mittagspause zurückgekehrt waren, aber ich hatte keinen von ihnen gesehen. Sie mussten wohl direkt nach Hause gegangen sein. Glaubte Xavier, ich hatte das Interesse an ihm verloren, weil ich mich nicht gemeldet hatte? Oder wartete er immer noch auf meinen Anruf? Es beschäftigte mich, dass er vielleicht auf etwas wartete, das nie kommen würde. Jetzt hatte ich nicht einmal die Möglichkeit, es ihm persönlich zu erklären.
    Als ich meine Sachen zusammenpackte, bemerkte ich ein kleines Papierröllchen, das jemand in eine der Metalllamellen oben in meinem Spind gesteckt hatte. Es fiel zu Boden, als ich die Tür öffnete. Ich hob es auf und las die Nachricht, die in einer typisch jungenhaften Handschrift geschrieben war.
    Falls du deine Meinung änderst: Ich stehe am Samstag um 21  Uhr

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