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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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vor dem Mercury-Kino.
    X
    Ich las die Nachricht mehrmals. Sogar ein Stück Papier von Xavier ließ mich schwindelig werden. Ich behandelte den Zettel so vorsichtig wie einen antiken Gegenstand. Xavier ließ sich nicht so leicht abwimmeln, das gefiel mir. So fühlte es sich also an, wenn man umworben wurde. Ich wäre am liebsten vor Aufregung in die Luft gesprungen, aber ich blieb ruhig. Als ich Gabriel und Ivy traf, lächelte ich immer noch. Es gelang mir einfach nicht, über meine Freude hinwegzutäuschen.
    «Du siehst aus, als wärst du mit dir zufrieden», sagte Ivy, als sie mich sah.
    «Hab im Französischtest gut abgeschnitten», log ich.
    «Hast du etwas anderes erwartet?»
    «Nein, aber es ist trotzdem schön, es schwarz auf weiß zu sehen.»
    Ich war erstaunt, wie leicht mir das Lügen fiel. Ich wurde immer besser darin, das war kein gutes Zeichen.
    Gabriel schien zufrieden, dass ich endlich einmal wieder guter Laune war. Ich wusste, dass er sich schuldig fühlte. Er hasste es, Kummer mit ansehen zu müssen, und noch weniger gern war er der Grund dafür. Ich nahm ihm seine Strenge nicht wirklich übel. Es war nicht sein Fehler, dass er mit dem, was ich erlebte, nichts anfangen konnte. Sein Blick war auf unsere Mission gerichtet, und ich wollte mir gar nicht vorstellen, was alles auf ihm lastete. In seiner Verantwortung lag es, dass alles nach Plan lief. Ivy und ich waren von ihm abhängig, und die Mächte im Königreich vertrauten auf seine Weisheit. Es war nur natürlich, dass er alles versuchte, um Komplikationen zu vermeiden, und er befürchtete, dass mein Kontakt zu Xavier genau das bedeuten würde.
    Die freudige Erregung über Xaviers Nachricht hielt den ganzen Nachmittag und Abend an. Aber am Samstag kämpfte ich erneut mit meinem Gewissen. Was sollte ich tun? Ich wollte Xavier unbedingt sehen, aber ich wusste, dass das rücksichtslos und egoistisch war. Gabriel und Ivy waren meine Familie, und sie vertrauten mir. Ich konnte unmöglich absichtlich etwas tun, was ihnen schaden würde.
    Der Samstagvormittag verlief weitgehend ereignislos. Ich erledigte die üblichen Hausarbeiten und machte mit Phantom einen langen Spaziergang am Strand. Als ich nach Hause kam und auf die Uhr schaute, sah ich, dass es schon später Nachmittag war, und begann nervös zu werden. Beim Abendessen konnte ich meine Aufregung zum Glück verbergen, und danach sang uns Ivy mit ihrer melodischen Stimme etwas vor, wobei sie von Gabriel auf einer alten Gitarre begleitet wurde. Ivys Stimme war wie flüssiges Gold und hätte den schlimmsten Verbrecher zum Weinen bringen können. Und Gabriel spielte die Melodie so zart, dass sie klang, als wäre sie lebendig.
    Gegen halb neun ging ich in mein Zimmer, räumte meinen Schrank aus und sortierte alles neu ein. Wie sehr ich mich auch dagegen wehrte, meine Gedanken an Xavier drängten sich mit der Kraft eines Hochgeschwindigkeitszugs in meinem Kopf in den Vordergrund. Um fünf vor neun konnte ich an nichts anderes denken als daran, dass er auf mich wartete. Die Minuten zogen vorbei. Ich stellte mir den Moment vor, in dem ihm klarwurde, dass ich nicht kam. Vor meinem geistigen Auge sah ich ihn mit den Schultern zucken, sich umdrehen und sein Leben weiterleben. Dieser Gedanke schmerzte zu sehr, und bevor ich michs versah, hatte ich mein Portemonnaie gegriffen, die Balkontür aufgerissen und war das Gitter hinunter in den Garten geklettert. Der Wunsch, Xavier zu sehen, war zu stark, selbst wenn ich nicht mit ihm sprechen würde.
    Ich hastete die dunkle Straße entlang, bog nach links ab und lief weiter, direkt auf die Lichter der Stadt zu. Ein paar Leute drehten sich in den Autos nach mir um und starrten mich an: ein gespenstisch blasses Mädchen, das mit wehendem Haar die Straße entlangrannte. Ich glaubte, Mrs. Henderson zu sehen, die durch die Lamellen in ihrem Wohnzimmer spähte, aber verschwendete keinen Gedanken an sie.
    Ich brauchte etwa zehn Minuten, um das Kino zu finden. Auf dem Weg kam ich an einem Café vorbei, das
Fat Cat
hieß und voller Schüler zu sein schien. Musik schallte aus einer Jukebox, und die Jugendlichen saßen in tiefen Sofas und tranken Milchshakes oder teilten sich Schüsseln mit Nachos. Einige tanzten auf dem karierten Fußboden. Auch die
Terrasse
ließ ich hinter mir, eins der feineren Restaurants in der Stadt im ersten Stock eines alten viktorianischen Hotels. Die besten Tische standen auf dem Balkon, der an der Front des Gebäudes entlanglief. Der neue Bäcker und

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