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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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verlieren. Das warme Blut, das aus der Wunde an ihrem Kopf quoll, verfilzte ihr das Haar. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und war leichenblass. Ich vermutete innere Verletzungen, konnte aber nicht genau sagen, an welcher Stelle.
    «Halte durch», flüsterte ich ihr ins Ohr. «Es kommt gleich Hilfe.»
    Ich wiegte ihren Kopf, wobei mir klebriges Blut über die Hände floss, und konzentrierte mich darauf, meine heilende Energie auf sie zu übertragen. Ich wusste, dass es um Minuten ging. Ihr Körper hatte den Kampf schon beinahe aufgegeben, und ich fühlte, wie ihre Seele versuchte, sich von ihm zu lösen. Bald schon würde sie ihren Körper von außen betrachten.
    Ich strengte mich so sehr an, dass ich das Gefühl hatte, gleich ohnmächtig zu werden, aber ich kämpfte gegen den Schwindel an und konzentrierte mich noch mehr. Ich stellte mir eine Kraftquelle vor, die tief in mir entsprang, die durch mein Blut und meine Adern floss bis zu den Fingerspitzen und schließlich in den Körper auf dem Boden überging. Vielleicht, vielleicht würde das Mädchen überleben.
    Ich hörte Gabriel, bevor ich ihn durch die Menge kommen sah. Die Schüler atmeten erleichtert auf, dass jemand kam, der Verantwortung übernehmen konnte. Ihnen war sie damit genommen. Was immer jetzt auch geschah, lag nicht mehr in ihren Händen.
    Während Xavier dem anderen Fahrer zu Hilfe eilte, kniete sich Gabriel neben mich und versuchte mit all seiner Macht, die Wunden des Mädchens zu schließen. Er arbeitete schnell und ruhig. Er betastete die gebrochenen Rippen, die offenbar gerissene Lunge, das verdrehte Handgelenk, das so leicht nachgab wie ein Zweig. Als die Rettungssanitäter kamen, atmete das Mädchen wieder regelmäßig, war allerdings noch nicht wieder bei Bewusstsein. Ich bemerkte, dass Gabriel einige ihrer kleinen Verwundungen nicht geheilt hatte, vermutlich um kein Misstrauen zu wecken.
    Als die Sanitäter das Mädchen auf eine Trage legten, eilten einige ihrer hysterischen Freundinnen zu uns.
    «Grace!», schrie eine. «O mein Gott, wie geht es ihr?»
    «Gracie! Was ist passiert! Kannst du uns hören?»
    «Sie ist ohne Bewusstsein», sagte Gabriel. «Aber sie wird wieder gesund werden.»
    Nachdem er die Schüler zurück in den Unterricht geschickt hatte, nahm mich Gabriel am Arm und führte mich zur Treppe, wo Ivy auf uns wartete. Xavier, der nicht mit den anderen mitgegangen war, lief zu mir.
    «Beth, bist du in Ordnung?» Sein walnussbraunes Haar war vom Wind zerzaust, und das Pulsieren seiner Halsschlagader ließ erkennen, wie angespannt er war.
    Ich wollte antworten, bekam aber kaum Luft, und die Welt begann sich um mich zu drehen. Ich spürte, dass Gabriel mit mir allein sein wollte.
    «Du gehst lieber in deine Klasse», sagte er mit seiner Lehrerstimme zu Xavier.
    «Ich warte auf Beth», antwortete Xavier. Seine Augen wanderten über mein verschmutztes Haar, die Blutflecken auf meiner Bluse und meine Finger, die Gabriels Arm umklammerten.
    «Sie braucht ein paar Minuten», sagte Gabriel kühler. «Du kannst später nach ihr sehen.»
    Xavier stand wie festgenagelt. «Ich gehe nicht, bevor Beth mich darum bittet.»
    Ich drehte den Kopf, um Gabriels Gesichtsausdruck zu sehen, doch dabei schienen die Stufen, auf denen ich stand, nachzugeben. Oder waren es meine Knie, die weich wurden? Vor meinen Augen tanzten schwarze Flecken, und ich lehnte mich fester an Gabriel.
    Ich hörte, wie ich Xaviers Namen sagte und er einen Schritt auf mich zukam, dann verlor ich in Gabriels Armen das Bewusstsein.
     
    Ich kam in meinem vertrauten Zimmer wieder zu mir. Ich lag zusammengerollt unter dem Patchworkquilt auf meinem Bett und spürte eine Brise, die den salzigen Geruch des Meeres ins Zimmer trug. Die Balkontür stand leicht offen. Ich hob den Kopf und fokussierte den Blick auf beruhigende Kleinigkeiten wie die abblätternde Farbe der Fensterrahmen und den pockennarbigen Fußboden, der in dem bernsteinfarbenen Licht, das von draußen hereinfiel, glatter wirkte. Mein Kissen war weich und duftete nach Lavendel. Ich vergrub mein Gesicht darin, unfähig, mich zu rühren. Dann sah ich die Uhrzeit auf meinem Wecker – sieben Uhr abends! Ich hatte stundenlang geschlafen. Meine Glieder waren schwer wie Blei. Ich geriet einen Moment in Panik, als ich meine Beine nicht bewegen konnte, bevor ich erkannte, dass Phantom auf ihnen lag. Er gähnte und streckte sich, als er sah, dass ich wach war. Ich streichelte seinen silbrigen Kopf, und er sah mich mit

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