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Halo

Halo

Titel: Halo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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erinnerte ich mich an Gabriels und Ivys Warnung und ihre Ansicht, dass wir keine Chance auf eine gemeinsame Zukunft hatten, aber irgendwie spielte das keine Rolle mehr. Ich hatte das Gefühl, dass sich der Himmel öffnen und sich das Fegefeuer über mich ergießen konnte – nichts würde das Lächeln aus meinem Gesicht zaubern. So eine Wirkung hatte er auf mich – es war wie eine Explosion des Glücks in meinem Kopf, als ob lauter Perlen in meiner Brust herumkugeln und meinen Körper zum Zittern und Prickeln brachten.
    Ein Leben mit Xavier war voller Versprechungen. Aber würde er es immer noch wollen, wenn ich meine wahre Identität preisgab?
    Ich versuchte, meine Jubelstimmung vor Gabriel und Ivy zu verbergen. Sie hatten lange genug gebraucht, um sich von meiner letzten Eskapade mit Xavier zu erholen, und ich glaubte nicht, dass sie noch mehr verkraften konnten. Wann immer ich mit ihnen zusammensaß, kam ich mir vor wie eine Doppelagentin und fürchtete, dass mich mein Gesicht verriet. Aber dass Gabriel die Gedanken der Menschen lesen konnte, bedeutete nicht, dass er es auch bei mir konnte; dazu mussten sich meine schauspielerischen Fähigkeiten verbessert haben, denn mein neues Hochgefühl wurde in keiner Weise kommentiert. Mir kam der Gedanke, dass ich endlich die wahre Bedeutung der Redewendung «Ruhe vor dem Sturm» verstand. Alles schien glattzugehen, aber ich wusste, dass der Schein nur trügte. Eine Explosion stand bevor. Spannungen, Wut und Schuld brodelten unter der Oberfläche unseres Schauspiels «Glückliche Familie» und warteten darauf, in dem Moment auszubrechen, in dem Ivy und Gabriel meinen Betrug bemerken würden.
    «Einer meiner jüngeren Schüler hat mich heute gefragt, ob es die Vorhölle tatsächlich gibt», erzählte Gabriel eines Tages beim Abendessen. Für mich hatte es etwas Ironisches, dass in unserem Gespräch jetzt das Thema «Bestrafung von Sünden» aufkam.
    Ivy ließ ihre Gabel sinken. «Was hast du geantwortet?»
    «Ich sagte, dass das niemand weiß.»
    «Warum hast du nicht ja gesagt?», fragte ich.
    «Weil gute Taten freiwillig sein müssen», erklärte mein Bruder. «Wenn jemand sicher weiß, dass über ihn gerichtet wird, dann verhält er sich entsprechend.»
    Das ließ sich nicht bestreiten. «Wie ist die Vorhölle eigentlich?»
    Ich wusste genug über Himmel und Erde, aber niemand hatte mir je etwas von dem Zwischenraum der Ewigkeit erzählt.
    «Sie kann ganz unterschiedlich sein», sagte Ivy. «Sie kann eine Art Warteraum sein, ein Bahnhof.»
    «Manche Seelen sagen, dass es dort schlimmer sei als in der Hölle», fügte Gabriel hinzu.
    «Das ist doch lächerlich», spottete ich. «Was könnte denn schlimmer sein?»
    «Ewiges Nichts», sagte Ivy. «Jahr für Jahr auf einen Zug zu warten, der niemals kommt, darauf zu waren, dass jemand deinen Namen ruft. Die Menschen verlieren jegliches Zeitgefühl, verlieren sich in der Unendlichkeit. Sie flehen, in den Himmel zu dürfen, versuchen, sich selbst in die Hölle zu werfen, aber es gibt keinen Ausgang. Die Seelen wandern ziellos umher. Und es endet niemals, Bethany. Auf der Erde vergehen Jahrhunderte, und sie sind immer noch dort.»
    «Klingt echt bescheuert», war alles, was mir dazu einfiel. Gabriel und Ivy wirkten einen Moment überrascht, bevor sie in Gelächter ausbrachen.
    Ich dagegen fragte mich, ob Engel in die Vorhölle verstoßen werden konnten.
     
    Am Dienstag saß ich in der Mittagspause mit Molly und den anderen Mädchen in der Sonne auf der Wiese. Die Bäume um uns herum waren mit grünen Knospen übersät, alles erwachte wieder zum Leben. Das imposante Hauptgebäude der Bryce Hamilton ragte hinter uns auf und warf Schatten auf die Bänke, die im Kreis um eine alte Eiche standen. Efeu rankte sich so um den dicken Stamm, als umarmte er ihn. Wenn wir nach Westen schauten, hatten wir in der Ferne Blick auf das Meer, das sich bis zum Horizont ausdehnte. Wolken zogen träge darüber hinweg. Die Mädchen fläzten sich im hohen Gras und ließen ihre Gesichter von der Sonne wärmen. Ich fühlte mich verwegen und wagemutig genug, mir den Rock ein Stück bis über die Knie hochzuziehen.
    «Weiter so!» Die Mädchen applaudierten zu meinem Fortschritt und merkten an, dass ich dabei war, «eine von ihnen» zu werden, bevor sie sich wieder ihrem üblichen Tratsch über Lehrer und abwesende Freundinnen zuwandten.
    «Miss Lucas ist so eine blöde Kuh», beklagte sich Megan. «Sie zwingt mich, meinen Text über die russische

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