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Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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sprang hinein und brauste zum Verwaltungszentrum.
    Miss Honey war im Naturkundemuseum und reinigte am Spülbecken ein Aquarium. Neben ihrem Ellbogen stand eine Kiste mit faustgroßen Schalentieren.
    »Miss Honey, ich bin ja so froh, dass ich Sie erwischt habe.«
    »Mich erwischt? Grundgütiger, Mädchen, wo auf Gottes grüner Erde sollte ich denn sonst sein?«
    »Ich –«
    »Mache gerade Hausputz für diese Einsiedlerkrebse da.« Sie nickte in die Richtung der Kiste. Hier und dort war ein schwingender Tentakel zu sehen, der die Außenwelt erkundete.
    »Miss Honey, bei unserem letzten Gespräch haben Sie Ihren Neffen erwähnt.«
    Die knotigen Hände wurden etwas langsamer, schrubbten aber weiter. »Hat Corey schon wieder was angestellt?«, fragte sie.
    »Wir untersuchen gewisse Fragen der Patientenbehandlung in der GMC-Ambulanz, wie sie personell ausgestattet ist und das alles. Ich interessiere mich für Coreys Ausbildung.«
    »Dass er ein Pfleger ist, heißt nicht, dass er –«, die alte Frau zögerte, »– nicht normal ist.«
    »Natürlich nicht. Solche Klischees sind absurd.«
    Honey schrubbte so heftig, dass ihre Locken hüpften.
    »Corey sollte ja eigentlich Arzt werden. Ist stattdessen seinem Herzen gefolgt. Jungs werden erwachsen. Was kann man da tun?«
    »Corey hat seine Ausbildung in Texas gemacht?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »University of Texas. Er sagte UTEP dazu. Pfft. Ist denn das ein Name für eine Schule? Klingt wie ein Spray gegen Fußpilz.«
    Honey ließ Wasser in das Aquarium laufen.
    »Was brachte ihn dazu, nach Charleston zurückzukehren?«, fragte ich.
    »Geriet in Schwierigkeiten, verlor seinen Job, hatte einen Unfall und war pleite.«
    Die alte Frau hob den Kopf. Ihre Augen waren fast unmerklich zusammengekniffen.
    »Aus meinem Neffen wäre ein guter Arzt geworden.«
    »Da bin ich mir sicher. Was waren seine Spezialgebiete bei der Pflegerausbildung?«
    »Zuerst Notfallmedizin, dann Neurologie.« Nö-rologie. »Bevor er zurückkam, qualifizierte er sich noch für den OP. War zwei Jahre lange Chirurgiepfleger. Ziemlich unappetitlich für meinen Geschmack. Aber keiner kann mir erzählen, dass Leute aufschneiden und wieder zunähen ein einfacher Job ist. Ja. Für mein Gefühl hat sich Corey recht gut entwickelt.«
    Ich hörte kaum zu. Wieder fanden zwei Puzzleteile ihren Platz.
    Jetzt befürchtete ich wirklich, dass wir den falschen Mann verhaftet hatten. Nun sah Daniels immer mehr wie der Mörder aus.
    Und Daniels lief noch immer frei herum.
    Mir lief es kalt den Rücken hinunter.
    Ich musste Gullet anrufen. Nein. Ich musste persönlich mit ihm sprechen. Gegen jede Logik glaubte ich allmählich Marshalls Geschichte, dass Daniels ihm die Sache in die Schuhe schieben wollte. Um den Sheriff so weit zu bringen, dass er sich diesen Gedanken wenigstens durch den Kopf gehen ließ, musste ich ihn vor mir haben.
    Der freitagnachmittägliche Verkehr wurde noch verstärkt durch Wochenendausflügler, die in die Stadt strömten. Die Fahrt nach North Charleston dauerte fast vierzig Minuten.
    Gullet war in seinem Büro. Er wirkte so angespannt, wie ich ihn noch nie gesehen hatte.
    »Ich will, dass Sie mir jetzt gut zuhören. Ich habe Ihnen etwas sehr Wichtiges zu sagen«, sagte ich und stellte einen Stuhl direkt vor den Schreibtisch des Sheriffs.
    Gullet schaute auf seine Uhr und stieß dann resigniert die Luft aus. Die Botschaft war eindeutig. Wehe, das ist nicht gut. Und machen Sie es kurz.
    »Marshall behauptet, Daniels hätte ihn hereingelegt.«
    Gullet musterte mich. »Jeder vom Gouverneur abwärts benutzt mich als Zielscheibe. Und jetzt wollen Sie mir sagen, dass ich den Falschen eingesperrt habe?«
    »Ich sage Ihnen nur, dass wir die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen.«
    »Wir haben genug, um Marshall dreimal zu überführen.«
    »Marshall behauptet, unsere Beweise seien nichts als Indizien.«
    Gullet wollte etwas einwenden, doch ich redete einfach weiter.
    »Bis zu einem gewissen Grad hat er Recht. Die Beweise, die wir bislang gesammelt haben, zeigen nur, dass in dieser Ambulanz Patienten ermordet wurden. Jeder Beliebige hätte die Drahtschlinge dort verstecken können. Das Schneckenhaus hätte absichtlich in Marshalls Schreibtisch deponiert worden sein können. Sie wissen, dass sich die Verteidigung genau dieser Argumentationsrichtung bedienen wird.«
    »Was die Verteidigung behaupten und was die Jury glauben wird, könnte ziemlich unterschiedlich sein.«
    »Sie haben selber gesagt, dass es ein

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