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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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sein Geist sie hinterher verfolgte und ihnen Unglück brachte.
    »Das verstehen wir vollkommen«, sagte Meister Kalebasse ruhig. Dann hob er eine seiner Krücken und richtete sie mit zitternder Hand auf den Anführer. »Was ich nicht verstehe, ist, warum sie so ein häßliches Scheusal wie dich für diese Arbeit ausgesucht haben!«
    »Ich werde dir dein Maul stopfen, altes Wrack!« schrie der bärtige Mann wütend.
    Er ging auf Meister Kalebasse zu. »Zuerst werde ich...«
    In diesem Augenblick wurde die Krücke plötzlich ganz ruhig; sie schnellte nach vorn, und ihre Spitze bohrte sich tief in des Bärtigen linkes Auge. Mit einem Schmerzgebrüll ließ er sein Schwert fallen. Richter Di hechtete sich auf den Boden und packte es, wobei die Waffe des Mannes hinter ihm seine Schulter streifte. In der nächsten Sekunde war der Richter wieder auf den Beinen. Er drehte sich um und rammte sein Schwert in die Brust des anderen, der Meister Kalebasse gerade von hinten durchbohren wollte. Während der Richter das Schwert aus dem zusammensinkenden Gegner zog, sah er, wie der bärtige Anführer, obszöne Flüche ausstoßend, auf Meister Kalebasse losstürmte. Richter Di bekam gerade noch mit, wie Meister Kaiebasses Krücke erneut blitzschnell nach vorn schoß und genau in der Magengrube des Ungetüms landete, als er selbst zurückspringen mußte, um den nach seinem Kopf gezielten Schlag des zweiten Schwertkämpfers zu parieren. Ein Speerwerfer war noch übrig! Er hob seine Waffe, um sie auf den Richter zu schleudern, doch Meister Kalebasse angelte mit dem gebogenen Ende seiner Krücke nach dem Fußknöchel des Mannes. Der stürzte zu Boden und ließ seinen Speer fallen, den der alte Mann mit einer geschickten Bewegung der Krücke zu sich heranzog. Der bärtige Riese wälzte sich auf dem Boden, hielt sich den Magen und gab erstickte Laute von sich.
    Der Richter stellte fest, daß sein Gegner ein erfahrener Schwertkämpfer war. Er mußte sein ganzes Geschick aufbieten, um des Mannes selbstsicheren Angriff abzuwehren. Dem geliehenen Schwert des Richters fehlte die feine Balance seiner eigenen Waffe, der berühmten Klinge >Regendrache<, doch sobald er sich daran gewöhnt hatte, trieb er seinen Gegner in eine Position zurück, von wo aus er selbst die beiden anderen Schurken im Auge behalten konnte. Im Augenblick jedoch mußte er sich auf seinen eigenen Kampf konzentrieren, denn sein Gegner führte eine Reihe raffinierter Scheinangriffe mit abwechselnden, gefährlichen Stößen durch.
    Als der Richter sich wieder im Vorteil befand, warf er Meister Kalebasse einen raschen Blick zu. Der alte Mann saß immer noch auf der Bank, aber jetzt hielt er ein Schwert in der Hand. Mit erstaunlichem Geschick parierte er die Stöße seines Angreifers. Der bärtige Riese kam taumelnd auf die Füße und versuchte, einen Halt an der Wand zu finden. Diesen Moment der Unaufmerksamkeit des Richters nutzte sein Gegner sofort aus. Er durchdrang dessen Deckung mit einem langen, auf die Brust gezielten Stoß. Bevor Richter Di ausweichen konnte, streifte die Schwertspitze seinen Unterarm. Sie hätte ihm die Seite durchbohrt, doch das flache Lederkästchen, das er in sein Gewand gestopft hatte, fing den Schlag auf und rettete ihm das Leben.
    Der Richter trat zurück, sein Schwert schnellte nach vorn, und durch eine Serie schneller Finten gelang es ihm, wieder zum Angriff überzugehen. Aber aus seiner Wunde am Unterarm rann Blut, und sein mangelndes Training ließ ihn kurzatmig werden. Nun mußte er seinen Gegner so schnell wie möglich erledigen.
    Blitzschnell wechselte er das Schwert von der rechten in die linke Hand. Wie alle überlegenen Schwertkämpfer war er beidhändig. Für einen Augenblick durch den neuen Angriffswinkel überrascht, gab sich sein Gegner eine Blöße, und der Richter stieß ihm das Schwert in die Kehle. Als der Mann hintenüber fiel, eilte Richter Di Meister Kalebasse zu Hilfe, indem er dem angreifenden Schwertfechter zurief, er solle sich umdrehen und sich verteidigen. Aber plötzlich blieb der Richter wie angewurzelt stehen. Verblüfft wurde er Zeuge eines unglaublichen Schauspiels.
    Der Schwertfechter sprang wie rasend vor dem sitzenden Mann hin und her und ließ einen Hagel blitzschneller Hiebe auf ihn niederprasseln. Aber Meister Kalebasse, mit dem Rücken an den Pfeiler gelehnt, parierte jeden Streich, entspannt und gemächlich, mit absoluter Präzision. Ob der Angriff auf seinen Kopf oder seine Füße zielte, das Schwert des

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