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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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Ihnen zu entwischen, und Sie ihm begegneten, würden Sie ihn für einen Geist halten, Doktor. Und für einen sehr unangenehmen Geist
     

    Das zweite Treffen mit Meister Kalebasse
     
    dazu!« Er hielt inne und lauschte. »Da wir gerade über Geister sprechen, meinen Sie nicht, daß uns jemand verfolgt?«
    Jetzt hörte auch Richter Di, daß sich im Dickicht etwas bewegte. Rasch griff er nach einer der Krücken und flüsterte:
    »Wenn wir angegriffen werden, verdrücken Sie sich einfach. Ich kann auf mich selbst aufpassen; ich bin ein Stockfechter. Keine Angst!«
    »Ich habe keine Angst, denn niemand kann mich verletzen. Ich bin nur eine leere Hülle, Doktor. Seit vielen Jahren schon.«
    Drei Männer sprangen auf die Straße. Sie trugen grobe Jacken und Hosen, und ihr Haar war mit roten Stoffetzen hochgebunden. Alle drei hatten Schwerter, und zwei schwangen kurze Speere. Während einer von ihnen des Esels Zügel an sich riß, hob ein anderer seinen Speer und schnauzte den Richter an:
    »Benimm dich lieber, du Bastard!«
    Richter Di wollte soeben einen Stoß mit der Krücke führen, als er plötzlich einen stechenden Schmerz in der Kreuzgegend verspürte.
    »Tu das nicht, Hundskopf!« knurrte eine Stimme hinter ihm. »Geben Sie mir meine Krücke wieder, Doktor«, sagte Meister Kalebasse. »Ich brauche sie beide.« »Was machen wir mit dem alten Kauz, Chef?« fragte der Speerschwinger. Der Mann hinter dem Richter fluchte. »Nimm ihn auch mit. Ist eben sein Pech.« Wieder spürte der Richter die Schwertspitze in seinem Rücken. »Los, weitergehen!«
    Der Richter entschied, daß er im Augenblick nichts tun könne. Die Schurken waren eher bezahlte Mörder als gewöhnliche Räuber, und er war sich sicher, daß er mit ihrer Sorte fertig würde. Er ging weiter und sagte nur: »Ich hoffe, wir begegnen keiner Patrouille. Um euretwillen, meine ich.«
    Der Mann hinter ihm lachte schallend. »Die Soldaten haben im Moment andere Sorgen, du Dummkopf!« Die Strolche trieben ihre Gefangenen einen schmalen Seitenpfad entlang. Einer führte Meister Kaiebasses Esel am Zügel, ein zweiter folgte mit einem Speer, während die beiden anderen hinter Richter Di gingen.
    Der Pfad mündete in eine Lichtung. Ein niedriges Backsteinhaus stand zwischen den Bäumen. Sie gingen zu einem zweiten Bau, der wie ein verlassener Warenspeicher aussah. Der Mann an der Spitze ließ die Zügel des Esels los, trat mit dem Fuß die Tür auf und ging hinein. Bald erschien ein Lichtkegel. »Vorwärts!« Einer der Männer hinter dem Richter trieb diesen hinein, wobei er mit der Spitze seines Schwertes ein wenig nachhalf.
    Der Warenspeicher war leer bis auf etliche Ballen, die sich in einer Ecke stapelten, und eine Holzbank vor ein paar Pfeilern zur Rechten. Das Licht kam von einer Kerze in einer Wandnische. Der Richter drehte sich um und sah nun den Anführer der Strolche. Es war ein ungeschlachter Mann, so groß wie er selbst, mit einem groben Gesicht, das ein ringförmiger Stoppelbart rahmte. Er trug ein langes Schwert. Die beiden anderen, von denen der eine ein Schwert, der zweite einen Speer hielt, waren gemein aussehende, kräftig gebaute Burschen. Der Richter ging langsam in die Mitte des Raumes und lauerte auf eine Gelegenheit, seinen Entführern eine Waffe zu entreißen. Aber es waren offensichtlich erfahrene Männer, denn sie hielten ihn, kampfbereit, in sicherem Abstand.
    Meister Kalebasse kam hereingehumpelt, gefolgt von dem zweiten Speerträger. Der alte Mann strebte direkt auf die Bank zu und ließ sich darauf nieder. Dann nahm er seine Krücken zwischen die Knie und sagte zum Richter:
    »Setzen Sie sich auch, Doktor! Sie können es sich ebensogut bequem machen.«
    Richter Di setzte sich. Wenn es so aussähe, als hätte er aufgegeben, wären die Chancen besser, seine Feinde zu überrumpeln. Der Anführer stand vor dem Richter und Meister Kalebasse; zwei andere hatten rechts und links von der Bank Stellung bezogen; der vierte war hinter den Richter getreten, das Schwert bereit. Der bärtige Anführer prüfte die Spitze seines Schwertes mit dem Daumen und sagte ernst:
    »Ihr sollt wissen, daß ich und meine Freunde nichts gegen euch beide haben. Wir tun, wofür wir bezahlt werden, weil das die einzige Möglichkeit für uns ist, unseren Lebensunterhalt zu verdienen.«
    Der Richter wußte, daß dies das Todesurteil war. Verbrecher aus den einfachen Schichten waren abergläubisch; sie sagten das immer, bevor sie ihr Opfer umbrachten, um zu verhindern, daß

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