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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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leid, daß das passiert ist. Und gerade in meinem Bezirk! Das gefällt mir überhaupt nicht!«
    »Mir gefiel das auch nicht«, bemerkte Richter Di trocken. »Zuerst sah es so aus, als ob wir ihnen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert wären, aber Meister Kalebasse rettete die Situation. Ein höchst ungewöhnlicher Mann. Wissen Sie irgend etwas über sein Vorleben?«
    »Nicht viel. Er gehört zu dieser Stadt, gewissermaßen. Jeder kennt ihn, aber niemand weiß, woher er kam. Es wird allgemein angenommen, daß er in seinen jüngeren Tagen ein >Bruder der grünen Waiden, einer jener ritterlichen Straßenräuber war, die die Reichen berauben, um den Armen zu helfen. Man sagt, daß er einst einem taoistischen Eremiten irgendwo in den Bergen begegnete und dessen Schüler werden wollte. Als der alte Knabe dies ablehnte, setzte Meister Kalebasse sich mit gekreuzten Beinen unter einen Baum vor die Eremitenklause und harrte viele Tage dort aus, so daß ihm die Beine abstarben. Daraufhin weihte der alte Einsiedler ihn in alle Geheimnisse um Leben und Tod ein.« Er hielt inne, sich nachdenklich das Kinn reibend. »Ja, die vier Burschen, die Sie überfallen haben, müssen Längs Helfershelfer aus dem Süden gewesen sein. Männer von hier würden Meister Kalebasse niemals etwas zuleide tun. Erstens, weil sie große Achtung vor seiner Weisheit haben, und zweitens, weil sie glauben, er besitze magische Kräfte und könne einem die Seele rauben und sie in seine Kalebasse einschließen. Aber wie konnten diese Männer wissen, daß Sie jenen Spaziergang machen würden?«
    »Bevor ich diese Frage beantworte, Sju, müssen Sie mir offen etwas erklären. Als wir uns heute nachmittag hier unterhielten, hatte ich das deutliche Gefühl, daß Sie bei all Ihrer Sorge um Lang und andere unwillkommene Besucher insgeheim an wichtigere Probleme dachten. Da ich es Ihnen zu verdanken habe, daß ich tief in eine Situation verwickelt bin, über die ich so gut wie nichts weiß, verlange ich eine vollständige Erklärung, hier und jetzt.«
    Der Hauptmann sprang auf und begann, mit großen Schritten auf und ab zu gehen, während er nervös stotterte:
    »Tut mir schrecklich leid. Sie haben natürlich vollkommen recht. Hätte Ihnen gleich die ganze Geschichte erzählen sollen. Schlimmer Fehler, Dinge zurückzuhalten. Ich...«
    »Heraus damit, Mann! Es wird spät, und ich bin müde!«
    »Ja, Richter. Nun, Oberst Kang ist ein persönlicher Freund von mir, müssen Sie wissen. Mein bester Freund, genaugenommen. Wir stammen aus derselben Stadt, bleiben immer in engem Kontakt. Es war der Oberst, der meine Versetzung aus der Hauptstadt hierher veranlaßte, er wollte einen Kameraden in seiner Nähe haben, dem er vertrauen konnte. Er ist ein prächtiger Bursche, aus einer Familie mit alter Militärtradition. Ausgezeichnete Krieger, aber natürlich kein Geld. Und keine Verbindungen am Hof. Dazu ist er ein wenig hochmütig und meidet andere. Sie können sich also vorstellen, daß es den Leuten hier nicht sehr gefallen hat, als er zum Befehlshaber im Wasserpalast ernannt wurde. Die ziehen nämlich die Speichellecker vor, die Burschen, die geben und nehmen. Deshalb hat er alle möglichen Schwierigkeiten gehabt, aber er ist immer gut mit ihnen fertig geworden. Unlängst jedoch war er sehr niedergeschlagen. Ich drängte ihn, mir zu erzählen, was ihn beunruhigte, aber der eigensinnige Kerl sagte nur, daß es mit etwas im Palast zu tun habe. Und dann mußte er gestern auch noch irgendeine Untersuchung durchführen - eine höllisch komplizierte Geschichte, gestand er mir; er wisse nicht, wie er die Sache anpacken solle. Er dürfe mir nichts darüber erzählen, sagte er, aber es stünde alles auf dem Spiel! Sie können sich vorstellen...«
    »Alles sehr interessant, aber kommen wir zur Sache!«
    »Gewiß. Nun, als ich Sie erkannte, hielt ich Ihre Ankunft für ein Geschenk des Himmels. Sie wissen, wie sehr ich Sie bewundere ... Ich dachte, daß Sie mir helfen könnten, mit all den hochkarätigen Gaunern hier fertig zu werden, und daß, wenn es mir außerdem gelänge, eine Begegnung zwischen Ihnen und meinem Oberst zu arrangieren und dieser bereit wäre, Ihnen mehr über jene Untersuchung zu erzählen, Sie mit Ihrem ausgezeichneten Ruf vielleicht...«
    Richter Di hob seine Hand.
    »Wann genau haben Sie dem Oberst gesagt, daß ich hier bin?«
    »Wann, fragen Sie, Herr? Ich traf Sie doch erst heute nachmittag! Ich sehe den Oberst immer nur morgens, wenn ich zum Palast gehe, um

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