Halte meine Seele
gefressen. Oder ausgeschlürft. Oder was auch immer.
„Wir sollten das von unserer Welt aus durchziehen“, sagte ich ganz leise. „Damit Avari uns nicht dazwischenfunkt.“
„Das übernehme ich.“ Todd drückte Addy aufmunternd die Hand und blickte mir fest in die Augen. „Sobald ich mir eine dieser wandelnden Neonröhren geschnappt habe, komme ich zurück und helfe dir mit Nash und deinem Dad. Kommst du solange hier klar?“
Ich nickte, auch wenn ich mir gar nicht sicher war. „Ja, klar. Alles gut. Aber beeil dich.“
Eine Sekunde später war Todd verschwunden.
Wieder eine Sekunde später zerriss ein Schrei die Stille, als Lana plötzlich von den Füßen gerissen wurde … ohne erkennbaren Grund. Es war ein bizarrer Anblick, der mich an einen alten Horrorfilm erinnerte, in dem ein Mädchen von unsichtbaren Mächten die Schlafzimmerwand hochgeschleift wird.
Lana taumelte nach hinten, stieß dabei die Eingangstüren auf und verschwand aus unserem Blickfeld.
Die Menge brüllte wütend auf: eine Mischung aus grellem Gekreische und tiefem Gebrüll, das durch meine Knochen pulsierte. Ein Teil des Wutgeschreis schien direkt in meinem Kopf zu ertönen und nicht in den Ohren.
Als die ersten Unterweltwesen auf die völlig verdutzte Luci zustürmten, tauchte Todd neben mir auf, wie ein Honigkuchenpferd grinsend.
Was für ein abgefahrener Tag …
„Wo ist sie?“, schrie ich gegen den Lärm der aufgebrachten Meute an.
„Im Werkzeugschrank neben dem Kunstzimmer. Ich musste sie k. o. schlagen, aber so sind wir sie eine Weile los. Jetzt müssen wir nur noch Nash suchen und hier abhauen, bevor Avari seine Marionette wieder einsatzbereit gemacht hat.“ Er warf Addison einen bedauernden Blick zu und drückte ihre Hand, als wolle er sich dafür entschuldigen, sie zurückzulassen.
Doch sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Geh und such deinen Bruder. Wir wussten beide, dass es irgendwann zu Ende geht, und ich bin froh über die Zeit, die wir zusammen verbringen durften. Die Zeit, die du mir geschenkt hast.“
Sie tauschten einen letzten Blick, dann rannten wir los in Richtung Hintereingang, wo uns der wütende Mob nicht sehen konnte. Alec bewegte sich so schnell durch die Menge, dass ich ihn schon nach wenigen Sekunden aus den Augen verloren hatte. Mitten in dem Gewusel trat ich auf einen dicken Klumpen und verlor das Gleichgewicht, als ihn jemand mit einem fürchterlich lauten Blöken unter mir wegzog. Mein rechter Fuß verfing sich im Rocksaum, und ich kippte nach vorne und streckte schnell die Hand aus, damit ich nicht mit dem Gesicht auf dem Boden aufschlug.
Doch im letzten Moment fing mich jemand auf und zog mich auf die Füße, wobei das Kleid mit einem lauten Ratsch auseinanderriss. Es war Todd. Er zog mich an sich und legte schützend die Arme um mich, als sich das Wesen neben mir zu seiner ganzen schrecklichen Größe aufrichtete. Es schlug aufgebracht mit seinen grauen, lederartigen Flügeln und peitschte mit dem Schwanz – auf den ich offenbar getreten war – nach meinen Knöcheln.
„Es tut mir leid!“, rief ich, während Todd langsam vor dem Ungeheuer zurückwich, dessen gräuliche Wangenknochen scharf genug aussahen, um das Fleisch von seinem Gesicht zu schälen. Wieder brüllte die Kreatur und senkte wie ein Stier vor dem Angriff den Kopf. Doch dann erwischte er mit dem Flügel den haarigen Typen hinter ihm, und die beiden stürzten sich wie zwei blutrünstige Raubkatzen aufeinander.
Todd und ich rannten um unser Leben. Zum Glück hatten wir nicht bedrohlich genug gewirkt, um die Aufmerksamkeit dieses Wesens lange genug zu fesseln.
Ein Stück vor uns sahen wir Alec mit seinen auf und ab hüpfenden braunen Locken im Getümmel, und wir liefen ihm nach, wobei mich Todd sicher an den wildesten Monstern vorbeischleuste. Erst um die Ecke des Schulgebäudes blieben wir stehen und schnappten nach Luft. Der graue Grasstreifen – bei uns der Innenhof der Schule – lag leer und friedlich da, zumindest, bis die Unterweltbewohner entdeckten, dass das Gebäude mehr als einen Eingang hatte.
Wir betraten das Gebäude durch die Cafeteria und durchsuchten hektisch jedes Klassenzimmer. Wo abgeschlossen war, schauten wir durch die Fenster, und sobald wir Schritte hörten – mal lautes Stampfen, dann wieder leises Trippeln –, versteckten wir uns hinter der nächsten Ecke.
Im Erdgeschoss fanden wir nur die bewusstlose Lampadie im Schrank, also rannten wir die Treppe hinauf in den ersten Stock und
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