Halte meine Seele
liebsten tot sehen würde?
„Leider ist deine Unsicherheit genauso unübersehbar wie dein schlecht gefärbter Haaransatz“, sagte Emma mit einem liebenswürdigen Lächeln und einem betonten Blick auf Sophies Haare. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stolzierte, mit Doug im Schlepptau, zur Tür hinaus.
Nash und ich ließen Sophie, der es glatt die Sprache verschlagen hatte, stehen und folgten den anderen. „Dir ist schon klar, dass sie es genießt, dich zu ärgern“, sagte Nash.
„Wow, danke, Dad“, erwiderte ich gereizt. „Glaubst du vielleicht, sie lässt mich in Ruhe, wenn ich sie nicht beachte?“
„Nein.“ Nash griff nach meiner Hand. „Egal, was du tust, sie ist und bleibt eine Zicke. Aber du solltest es ihr nicht so leicht machen. Lass sie ein bisschen dafür schuften.“
Das war leichter gesagt als getan. „Es frustriert mich wahnsinnig, dass sie keine Ahnung hat, dass wir ihr das Leben gerettet haben. Und dass sie beim Verteilen der Gene reines Glück gehabt hat, sonst wäre sie genauso wie ich.“ Sophies Vater – der jüngere Bruder meines Vaters – war zwar ein Banshee, ihre Mutter jedoch ein Mensch, also hätte Sophie beides werden können, Banshee oder Mensch. Ob es nun dem Schicksal, dem Glück oder sonst einer Ungerechtigkeit zuzuschreiben war: Sophie hatte ganz normale menschliche Gene abbekommen und eine schrecklich arrogante Art obendrein, eine, die von Tag zu Tag unerträglicher wurde.
„Das lässt sich nun mal nicht ändern, Kaylee.“ Er stieß die Tür auf, und mir strich ein eiskalter Windzug übers Gesicht. „Abgesehen davon, muss Sophie bestimmt bald selbst in Therapie, schließlich ist ihre Mutter vor Kurzem gestorben, und ihr Freund gibt ein kleines Vermögen dafür aus, sich an Demon’s H zu berauschen. Wenigstens weißt du, wer und was du bist.“ Warum klang er nur so schrecklich vernünftig? „Sophie ahnt, dass wir irgendetwas vor ihr geheim halten. Etwas, das mit ihrer Familie und dem Tod ihrer Mutter zu tun hat. Und möglicherweise wird sie die Wahrheit nie erfahren.“
Weil Onkel Brendon ihr nicht sagen wollte, dass ihre Mutter im Tausch gegen ewige Jugend fünf unschuldige Seelen gestohlen hatte – darunter auch Sophies.
Nash zuckte die Schultern. „Mir tut sie irgendwie leid, und deshalb kann ich den ganzen Scheiß, den sie verzapft, besser ertragen.“
Und tatsächlich half es, Sophie zu bemitleiden, auch wenn sie diesen Gedanken entsetzlich finden würde.
„Und noch was, Kaylee – das mit gestern Abend tut mir leid. Ich kann warten. Das weißt du doch, oder?“
„Ja, das weiß ich.“ Mein Freund wirkte jetzt ruhig und ausgeglichen, nicht so gereizt wie gestern Abend. Anscheinend hatte er gut geschlafen und wenig Kaffee getrunken.
„Danke.“ Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, deutlich länger, als ich es in der Schule normalerweise tat. Er schmeckte so gut nach Pfefferminz, und wir beendeten den Kuss erst, als lautes Geschrei über den Parkplatz schallte.
Scott hatte gerade gemerkt, dass sein Frost weg war.
„Komm mit!“ Nash schlängelte sich zwischen den geparkten Autos hindurch, ich hinterher. Wir mussten zu Scott und so tun, als wüssten wir von nichts.
Neben Scotts Auto, die Hände in den Jackentaschen vergraben, standen Doug und Emma. Doug schien genauso sauer zu sein wie Scott. Außerdem war Brant Williams da, dem man offenbar eine Kostprobe versprochen hatte. Einige in der Nähe parkende Schüler glotzten neugierig herüber.
Plötzlich war ich heilfroh, dass wir das Risiko eingegangen waren und den Ballon geklaut hatten. Die Schule hatte so viele Schüler – wie sollten wir sie nur alle beschützen?
„Bist du sicher, dass das Zeug im Auto war?“ Doug hängte sich die Tasche über die Schulter, wobei die Hand wieder verräterisch zuckte.
„Ja, verflucht, ich bin sicher!“ Scott hieb wütend auf den Vordersitz ein, den er nach vorne geklappt hatte, um hinten alles abzusuchen. „Ich hab vor der Schule ja noch eine Nase voll genommen und den Ballon dann in die Sporttasche gesteckt. Und jetzt ist er weg!“
„Was ist denn los?“ Nash tat, als wüsste er von nichts, und ich gesellte mich zu Emma. Sie schob sich eine blonde Strähne hinters Ohr und sah mich schulterzuckend an.
„Irgendjemand hat das Auto geknackt und mir den Stoff geklaut“, blaffte Scott wütend, und seine Wut ging dabei deutlich über bloße Verärgerung hinaus. Scott raste vor Zorn, Zorn und einer düsteren Verzweiflung,
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