Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Halte meine Seele

Halte meine Seele

Titel: Halte meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Vincent
Vom Netzwerk:
Ich machte Scotts Tasche zu und stellte sie genauso hin, wie ich sie gefunden hatte. Als ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand beobachtete, schnappte ich mir den Ballon, sprang aus dem Wagen und knallte die Tür zu. Dann rannte ich, den Ballon mit der unnatürlich kalten Hülle so weit wie möglich von mir gestreckt, über den Parkplatz zu meinem Mietwagen.
    Noch im Laufen zerrte ich die Autoschlüssel aus der Tasche und rammte sie, kaum dass ich den Wagen erreicht hatte, ins Schloss. Zum Glück öffnete sich der Kofferraum gleich beim ersten Dreh. Ich hatte ihn vorher noch nie benutzt, und es hätte mich nicht gewundert, wenn er Murphys Gesetz – das man eigentlich in Kaylees Gesetz umbenennen müsste – gefolgt und geklemmt hätte.
    Der Ballon sank dank der schweren Verschlussklammer direkt auf den Boden des Kofferraums, und ich knallte schnell den Deckel zu. Auf dem Weg zurück ins Schulgebäude bemühte ich mich, Atem und Puls langsam wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    Ich hatte keinen Bock darauf, mit hochrotem Kopf und völlig außer Atem in den Unterricht zu platzen.
    Andererseits … So schlecht war die Idee gar nicht. Sollten die anderen ruhig denken, dass ich den Gong verpasst hatte, weil ich mit Nash beschäftigt gewesen war.
    Dieser Gedanke brachte mich unwillkürlich zum Lächeln, das mir sofort verging, als ich die Tür zum Klassenzimmer öffnete und in die Gesichter meiner Mitschüler blickte. Ich hatte mein Textbuch im Schrank vergessen!
    „Miss Cavanaugh.“ Mr Tuttle saß auf der Pultkante und ließ die Füße, die strumpflos in Slippern steckten, über dem Boden baumeln. „Wie nett, dass Sie uns beehren. Sie haben nicht zufällig eine Entschuldigung für Ihr Zuspätkommen? Oder ein Textbuch?“
    Ich schüttelte stumm den Kopf, und das Blut schoss mir in die Wangen. Soviel zum Thema Gerüchteküche …
    „Gut, das bedeutet für Sie Nachsitzen.“
    Na klar. Nachsitzen war schließlich die gerechte Strafe dafür, dass ich meine Mitschüler vor einem tödlichen Unterweltgift retten wollte. Oder etwa nicht?

6. KAPITEL
    „Du musst nachsitzen, nur weil du ein Mal zu spät gekommen bist?“, fragte Nash skeptisch. Nach einem letzten Blick in den Spind schulterte er den Rucksack und knallte die Tür zu. Überall um uns herum knallten die Spindtüren, denn vor drei Minuten war der letzte Gong ertönt, und jetzt strömten alle Schüler aus dem Gebäude: die Unterstufe Richtung Eingangsportal, wo die Schulbusse warteten, der Großteil der Oberstufe Richtung Parkplatz.
    „Das war schon das dritte Mal“, erwiderte ich, als er mir den Arm um die Hüften legte. „Letzten Monat bin ich zweimal zu spät gekommen, weil ein gewisser Jemand es lustig fand, sich während Coach Rundells Mittagspause in den Geräteraum der Turnhalle zu stehlen.“
    „Ja, tut mir leid.“ Nash machte eine zufriedene Miene, von Reue keine Spur.
    „Dir haben sie es bestimmt durchgehen lassen, oder?“
    „Ich hatte eh ’ne Freistunde, da stört es keinen.“
    „Jedenfalls nicht, solange man eine grün-weiße Jacke trägt“, seufzte ich.
    „Willst du sie dir mal ausleihen?“, fragte er grinsend und schlüpfte wie zum Beweis mit einem Arm aus der Jacke. Jetzt, wo wir Scott von seiner außerweltlichen Last befreit hatten, wirkte er viel ausgeglichener.
    „Nein, danke. Dazu habe ich zu großen Respekt.“
    „Wovor, dem Geist dieser Schule?“ Er runzelte die Stirn, doch an seinen Augen erkannte ich, dass er sich amüsierte.
    „Vor der Tatsache, dass du unverdientermaßen die Ausnahme von den Regeln bist, die wir Normalos einhalten müssen.“
    „Welche Regeln?“ Doug Fullers Stimme schallte über den Flur. Mit Emma im Arm kam er auf uns zu, die Hand demonstrativ auf dem Streifen nackter Haut platziert, der zwischen ihrem T-Shirt und der tief sitzenden Jeans hervorlugte.
    „Genau das meine ich“, murmelte ich missmutig.
    „Hudson, deine Freundin ist eine Spaßbremse.“ Doug ließ seine Tasche auf den Boden fallen und zog Emma an sich.
    „Sie kann nichts dafür“, erwiderte eine schneidende Stimme hinter mir. Es war Sophie, die neben ihrer Freundin Laura Bell am Spind lehnte und mich feindselig musterte. „Im Irrenhaus haben sie den Spaß mit Elektroschocks aus ihr herausgebrutzelt.“
    Mir wurde ganz heiß vor Wut und auch Scham, und ich überlegte ernsthaft, sie einmal kräftig an dem Luftballon ihres Freundes ziehen zu lassen. Warum sollte ich mir die Mühe machen, jemanden zu retten, der mich am

Weitere Kostenlose Bücher