Halte meine Seele
streckte mich ihm entgegen.
„Ja, alles gut.“ Er drückte kurz die Lippen auf meinen Mund und flüsterte dann ganz leise in mein Ohr, was seinen Worten, trotz des Themas, etwas Prickelndes verlieh. „Er ist nicht high, nur angepisst.“ Ein zweiter Kuss, diesmal länger und deutlich intensiver. „Ich fahre bei ihm vorbei, wenn wir hier fertig sind.“ Er und Doug hatten eingewilligt, bei den Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt zu helfen, als Wiedergutmachung für das von Scott gebrochene Versprechen. „Ruf mich an, wenn du aus der Arbeit kommst, ja?“
Ich legte die Hand auf seinen Arm. „Mach ich. Dad arbeitet heute länger, und ich bräuchte ein bisschen Hilfe bei den Anatomiehausaufgaben.“
Überrascht zog Nash die Augenbrauen hoch. „Du hast doch gar keinen Anatomieunterricht.“
„Eben“, erwiderte ich grinsend.
Beim nächsten Kuss ließen wir uns so lange Zeit, bis Sophie sich lautstark räusperte, damit Nash ihr beim Tragen der Zwanzigliterfarbeimer half. Ohne sich umzudrehen, scheuchte er sie mit einer Handbewegung davon. „Lass sie einfach stehen, ich bring sie gleich mit.“
Sophie stapfte wütend, aber ausnahmsweise einmal kommentarlos davon.
Als sie weg war, blickte Nash sich verstohlen um und öffnete seinen halb leeren Rucksack. „Komm, gib mir den Ballon, bevor du gehst.“
„Warum holst du ihn dir nicht einfach heute Abend?“, fragte ich, die Hand schon am Türgriff.
Er runzelte die Stirn. „Hat dein Vater den Mietwagen schon gesehen?“
„Nein. Er ist gestern nach dem Abendessen direkt eingeschlafen.“
„Und was, wenn er heute früher heimkommt und einen Blick hineinwirft? Willst du etwa, dass er den Ballon bei dir findet?“
„Warum sollte er in den Kofferraum schauen, Nash?“
Sein Blick wurde hart. „Gib mir jetzt den Ballon, Kaylee“, entgegnete er gereizt.
Überrascht trat ich einen Schritt zurück. „Was ist los mit dir? Du benimmst dich wie ein Riesenarschloch!“ Was auch immer mit ihm los war, es hatte nicht nur mit den Drogenproblemen seiner Freunde zu tun. Da war noch etwas anderes.
Seufzend blickte er zu Boden. „Entschuldige. Ich will nur nicht, dass du das Zeug im Auto spazieren fährst. Lass mich das bitte erledigen, damit ich mir keine Sorgen um dich machen muss.“
„Na gut.“ Es war gar nichts gut, aber ich hatte keine Lust, mich zu streiten. Nicht schon wieder. „Gib mir den Rucksack.“
Ich ging nach hinten und öffnete ganz vorsichtig den Kofferraum, damit der Ballon nicht hochsteigen und wegfliegen konnte. Doch statt mir den Rucksack zu geben, beugte sich Nash damit tief in den Kofferraum, stopfte den Ballon hinein und zog hastig den Reißverschluss zu, bevor jemand etwas bemerken konnte. „Lass dich damit ja nicht erwischen“, sagte ich warnend. Auch wenn keiner der Lehrer etwas mit dem Ballon anzufangen wusste, die Zeugen von Scotts Ausraster womöglich schon. „Und vergiss nicht, den Schlüssel zurückzubringen.“
Plötzlich wieder allerbester Laune, grinste er nur. „Ich kann schon selbst auf mich aufpassen.“
„Das weiß ich.“ Trotzdem konnte ich auf der Fahrt zur Arbeit an nichts anderes denken als an Nash, der jederzeit mit einem Ballon voller Dämonenatem geschnappt werden konnte.
Nach meiner Schicht im Cinemark, die an diesem Tag etwas länger gedauert hatte als sonst, machte ich mich bettfertig und rief Nash an. Ich musste wissen, ob er den Ballon sicher entsorgt hatte, sonst könnte ich kein Auge zumachen. Nash versicherte mir, er habe Todd den Ballon gegeben, und wir telefonierten fast eine halbe Stunde weiter, bis Dad an die Tür klopfte und mich bat aufzulegen.
Ich wünschte Nash eine gute Nacht und kuschelte mich in die Decke, doch vor meinem geistigen Auge liefen die Ereignisse der letzten Tage wie ein Film immer wieder ab.
Doug, der mein Auto zu Schrott fuhr.
Scotts Ausraster auf dem Parkplatz.
Nash mit dem gestohlenen Ballon im Rucksack.
Dieser verdammte Dämonenatem! Wir steckten in einem ziemlichen Schlamassel, und Scotts Vorrat zu klauen, war ungefähr so hilfreich, wie ein Loch im Hoover Staudamm mit einem Kaugummi zu flicken …
7. KAPITEL
„Neeeein!“ Ich erwachte von meinem eigenen, gellenden Schrei und blinzelte verschlafen in den grauen Dunst, der um meine Knöchel waberte. Er ähnelte Rauch – schwerer als Luft und undurchdringlich –, nur ohne die Hitze und den verbrannten Geruch.
Aus Angst, mich im Nebel zu weit von der Stelle zu bewegen, drehte ich mich vorsichtig hin und her
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