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Halte meine Seele

Halte meine Seele

Titel: Halte meine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Vincent
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„Wo er ist. Er sagt, du weißt, wie man rübergeht.“
    Rübergehen? Nein. Ich rang mühsam nach Atem.
    Der Schattenmann wollte, dass ich Scott in die Unterwelt brachte.

11. KAPITEL
    „Scott, von wem redest du?“ Ich stolperte zurück, bis ich gegen den Schreibtisch stieß, an dem ich mich auf der Suche nach einem Halt verzweifelt festklammerte. Einerseits musste ich sofort in die Unterwelt schauen und herausfinden, mit wem er sprach, andererseits hatte ich riesige Angst davor, Scott aus den Augen zu lassen.
    „Bring mich hin …“, flüsterte er aufgeregt. Mit jedem Schritt, den ich zurückwich, machte er einen auf mich zu. „Wir müssen rübergehen!“
    Auf keinen Fall. Ich besaß weder Harmonys Erfahrung noch Dads kluge, übertrieben vorsichtige Art, aber ich war garantiert nicht dumm genug zu glauben, dass Scotts Peiniger ihn wieder in Ordnung brachte, wenn wir dort waren.
    In der Unterwelt wurde Wohltätigkeit nicht gerade großgeschrieben. Dieser Schattenmann würde uns beide dort festhalten, mitsamt Seele und Körper, auf dass wir die Menschenwelt nie wiedersahen.
    Jemand rüttelte von außen an der Türklinke, und ich hörte Nash rufen. „Kaylee?“
    Doch er konnte nicht rein, die Tür war abgesperrt, und Scott nutzte den kurzen Moment meiner Unachtsamkeit sofort aus.
    „Nash, das sind keine Halluz…“
    Im selben Moment packte Scott mich am Arm und riss mich nach vorne. Ich keuchte erschrocken auf, als er mich an die Brust zog und fest umklammert hielt. In dem Moment, als ich tief Luft holte, um nach Hilfe zu schreien, bohrte sich etwas Spitzes in meinen Hals.
    „Bring mich rüber“, wiederholte Scott, und sein kalter, nach Frost stinkender Atem strich über mein Gesicht.
    Ich wagte es nicht zu atmen, und das Blut rauschte mir in den Ohren. Ich wusste zwar nicht genau, wo meine Halsschlagader entlanglief, aber beim Halsaufschlitzen kam es wohl eher auf Entschlossenheit an als auf Zielgenauigkeit.
    „Wenn du mich nicht hinbringst, sterbe ich. Und du auch“, flüsterte Scott mit vor Angst bebender Stimme.
    Selbst durch zwei Schichten Kleidung hindurch konnte ich spüren, wie kalt seine Haut war. Dagegen fühlte sich die Klinge – sie war kurz … vielleicht ein Gemüsemesser? – richtig warm an. „Da willst du bestimmt nicht hin, Scott“, presste ich in Todesangst hervor; schon die kleinste Bewegung konnte mir die Klinge in den Hals rammen. „Glaub mir.“
    „Carter, was machst du da?“, fragte Nash hinter der Tür, und seine Ruhe brachte mich fast um den Verstand. Sein bester Freund war gerade dabei, mich umzubringen! Auch wenn Nash von dem Messer nichts ahnte …
    „Sie will mich nicht hinbringen!“, zischte Scott und krallte die Finger noch fester in meinen Arm.
    „Er hat ein Messer“, sagte ich so laut, wie ich mich mit der Klinge am Hals traute.
    „Dich wohin bringen?“, fragte Nash, ohne auf meine Bemerkung einzugehen, und ich begriff, dass er Scott beeinflussen wollte – mit seiner beruhigenden Banshee-Stimme. „Lass mich rein, und wir reden darüber.“
    „Er hat keine Wahnvorstellungen, Nash“, sagte ich, mühsam um Fassung ringend. „Irgendjemand möchte, dass ich mit ihm in die Unterwelt gehe. Könntest du ihm bitte erklären, warum das keine gute Idee ist?“
    Damit Nashs Einfluss Wirkung zeigen konnte, musste er das Reden übernehmen. Außerdem hatte ich genug damit zu tun, bei dem Gedanken an das Messer keine Panik aufkommen zu lassen.
    Wenn meine Zeit abgelaufen war – und mein Name auf der Liste stand –, würde ich sowieso sterben, und nichts, was ich sagte oder tat, konnte das verhindern.
    War meine Zeit noch nicht gekommen, starb ich auch nicht, solange ich in der Menschenwelt blieb und allen Unterweltelementen aus dem Weg ging. Mein Überleben konnte auf vielerlei Arten zustande kommen. Scott konnte sich als furchtbar schlechter Messerstecher erweisen, oder Nash würde es schaffen, die Blutung rechtzeitig zu stillen. Vielleicht würde Todd sich herbeizaubern und mich auf direktem Weg ins Krankenhaus befördern. Oder wir schafften es tatsächlich, Scott zu überreden, keine Gewalt anzuwenden.
    Oder aber … Scott verschonte mein Leben, verstümmelte mich aber bis zur Unkenntlichkeit und beraubte mich meiner natürlichen Körperfunktionen.
    Was auch passieren mochte: Die Unterwelt war schlimmer. Dort war unser Ablaufdatum nichts wert, was diesen Ort zum mit Abstand erschreckendsten machte, den es gab, und dort brachte ich Scott garantiert nicht

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