Halte meine Seele
Schließlich hatte ich Nash nie mit seinem Schatten sprechen oder komische Zuckungen machen sehen. Und Dämonenatem hatte ich auch nie an ihm gerochen. Genau genommen, roch er immer nach …
Pfefferminz. Seit wann kaute Nash eigentlich Kaugummi?
Nein. Er hatte mir geholfen, Scotts ersten Ballon verschwinden zu lassen, und …
Wie vom Donner gerührt plumpste ich auf den Beifahrersitz, als sich die Puzzleteile in meinem Kopf langsam zu einem Bild zusammenfügten. Ich hatte nicht gesehen, wie Nash den Ballon an Todd übergeben hatte. Ich hatte es nur angenommen, weil er es versprochen hatte.
Die Stimmungsschwankungen. Die Aggressivität. Die kalten Hände. Ihm zuliebe hatte ich Dad nichts von Everett erzählt. Und dann hatte er mich gemeinsam mit Emma rausgeschickt, damit ich den Dealer nicht zur Rede stellen konnte.
Nash nahm Drogen! Mir schossen die Tränen in die Augen. Der Gedanke war mir schon vorher gekommen, aber ich hatte ihn immer als Paranoia abgestempelt. Ich hatte es einfach nicht glauben wollen. Doch jetzt war die Zeit des Leugnens vorbei. Wie hatte ich bloß so dumm sein können?
„Kaylee?“ Emma legte mir die Hand auf die Schulter.
„Wir müssen hier weg. Und zwar jetzt.“ Doch gerade, als ich den Schlüssel ins Zündschloss stecken wollte, fiel mir der Ballon wieder ein. Ich würde das Teil ganz bestimmt nicht im Auto rumkutschieren.
Ich drehte mich um und nahm Emma den Ballon aus der Hand. Vor lauter Tränen konnte ich nicht mehr scharf sehen. „Du bleibst hier“, sagte ich, stieg aus dem Auto und schlug der überraschten Emma die Tür vor der Nase zu.
Kaum war ich losgelaufen, trat Nash aus dem Haus und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Er joggte die Stufen runter und blieb, als er mich sah, die Hände zum Schutz vor der Kälte in den Hosentaschen vergraben, auf dem Bürgersteig stehen.
Ich wollte so gerne glauben, einen tiefen Schmerz in seinen Augen zu sehen – Bedauern, Schuld, Scham. In Wahrheit jedoch war es zu dunkel, um etwas zu erkennen.
„Sag mir, dass der nicht dir gehört.“ Wenige Meter vor ihm blieb ich stehen und hielt den Ballon wie eine Bombe von mir weg. Ich konnte Nashs Gesichtsausdruck erkennen, nicht aber seine Augen. Mir war kotzübel. „Sag mir die Wahrheit, Nash.“ Die kalte Nachtluft brannte in meinen Lungen.
Er blickte betreten zu Boden. Ich versuchte es noch einmal. „Sag mir, dass der hier nicht dir gehört.“
Nash ließ die Schultern sinken und holte tief Luft, bevor er mir in die Augen sah. Sein Adamsapfel hüpfte wie wild auf und ab, als wollte er die nächsten Worte um jeden Preis zurückhalten.
„Das kann ich nicht, Kaylee. Der Ballon gehört mir.“
15. KAPITEL
Nashs Geständnis zog mir den Boden unter den Füßen weg, der ohnehin schon gewackelt hatte, und fror jeden klaren Gedanken ein. Der Schock war so groß, dass sich mein Körper völlig taub anfühlte – was nichts mit der Kälte zu tun hatte – und ich nichts tun konnte, außer Nash anzustarren. Dann wurde mir schlagartig bewusst, was sein Geständnis überhaupt bedeutete. Ich drehte mich um und stapfte zum Auto zurück, wütend und bestürzt zugleich.
„Warte, Kaylee!“ Es waren nicht die Worte, die mich zum Stehenbleiben bewogen. Es war seine ängstliche Stimme, die auf der letzten Silbe brach. Ich blieb stehen und krallte die Finger gefährlich fest um den unnatürlich kalten Luftballon.
Ganz langsam drehte ich mich um und hielt den Ballon hoch. „Deswegen bin ich gestern fast umgebracht worden, Nash“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Meine Stimme klang rau und heiser, was weniger an der kalten Luft lag als daran, dass ich nur mit Mühe die Tränen zurückhielt. „Was könntest du schon sagen, damit ich mich besser fühle? Wie willst du es wiedergutmachen, dass du denselben Dreck wie Doug und Scott genommen und mich von vorne bis hinten belogen hast?“
Der Wind in meinem Gesicht war fast so schneidend kalt wie der Ballon, der meine Finger taub werden ließ. Als Nash nicht antwortete, machte ich kehrt und lief zurück zum Auto. „Kaylee, bleib stehen!“ Er rannte mir nach.
Doch auch ich fing an zu laufen. Emma öffnete die Autotür, aber ich schüttelte den Kopf, um ihr zu verklickern, dass alles in Ordnung war und sie im Auto bleiben sollte.
„Es war ein Versehen, Kaylee. Lass es mich doch erklären!“
Ich wirbelte so abrupt herum, dass er vor Schreck fast über die eigenen Füße stolperte. „Du hast aus Versehen tödliches Gift
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