Halte meine Seele
gestorben ist, oder? Abgesehen davon, werden wir gleich am Anfang eine Schweigeminute einlegen, und nächste Woche gibt es einen Trauergottesdienst.“
Ich blickte sie verständnislos an. So tragisch und verfrüht Dougs Tod manchen auch erscheinen mochte, Doug Fuller hatte zu Lebzeiten bestimmt keinen Gedanken an irgendwelche armen Kinder verschwendet, sondern sich vielmehr heißen und willigen Teenagern gewidmet. Aber wenn Sophie einen Grund dafür brauchte, ihre Party zu retten – obwohl jemand aus ihrer Clique gestorben und ihr Freund einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte –, konnte ich sie nicht umstimmen, egal, was ich auch sagte. Außerdem würde es ohne den Weihnachtsmarkt kein Fest in der Unterwelt geben, und damit wäre die Chance vertan, Nash und Dad zurückzuholen.
Ich schlüpfte in den Schuh und hüpfte auf einem Bein in die Küche, während ich gleichzeitig versuchte, den zweiten Schuh anzuziehen. Die Küchenuhr zeigte fünf Minuten vor fünf. Es wurde knapp.
„Wo ist Onkel Brendon?“, fragte ich auf dem Weg zur Tür.
„In der Garage, die Lichterketten überprüfen. Ich hab saumäßige Kopfschmerzen, und das Geblinke hat es nur noch schlimmer gemacht.“
In der Tür blieb ich stehen, die Hand auf der Klinke, und musterte Sophie kritisch. Nur mit Mühe konnte ich mir ein schadenfrohes Grinsen verkneifen. „Wie fühlst du dich?“
Sie wurde puterrot. „Hat Dad dir gesagt, dass ich hingefallen bin?“ Sie kniff die Lippen zusammen. „Ich warne dich, Kaylee, wenn du irgendwem erzählst, dass ich schlafgewandelt habe, dann …“
„Schlafgewandelt?“ Ich musste unwillkürlich lachen. Onkel Brendon hatte sich schon die verrücktesten Erklärungen für unsere Banshee-Aktivitäten ausgedacht, aber damit schoss er wirklich den Vogel ab. „Du schlafwandelst?“
Sophies Miene war wie versteinert. „Bisher noch nie. Aber ist ja logisch, dass du gerade dann auftauchst.“ Sie runzelte die Stirn. „Komischerweise tauchst du immer auf, wenn irgendwelche seltsamen Dinge passieren. Du bist so was wie ein wandelnder Unglücksbringer.“
„Viel Spaß bei deinem Weihnachtsmarkt, Sophie.“ Ich öffnete die Haustür. „Du bist bestimmt heiße Favoritin für die Wahl zum Miststück des Jahres.“ Bevor sie etwas erwidern konnte, knallte ich die Tür hinter mir zu.
Auf halbem Weg zur Straße materialisierte sich Todd vor mir, wie immer in Jeans und dunklem T-Shirt. „Alles okay?“, fragte er.
„Ich hab verschlafen. Sophie geht es übrigens gut.“
Er zuckte die Schultern. „Als würde ich mir die Chance entgehen lassen, deiner Cousine eins überzubraten.“
Ich grinste. Hoffentlich war ich bei der nächsten Hellionbesetzung zur Stelle, um diese ehrenvolle Aufgabe höchstpersönlich zu übernehmen. „Bist du bereit?“
„So bereit, wie man nur sein kann.“ Nebeneinander liefen wir zu meinem Auto.
„Glaubst du, dass Alec es schafft?“, fragte ich.
„Addy hat versprochen zu helfen, so gut sie kann. Man wird sie nicht in Nashs Nähe lassen oder zu deinem Dad, aber wahrscheinlich kann sie mit Alec Kontakt aufnehmen. Dafür wird sie aber später bezahlen müssen.“ Seine angespannte Miene und die geballten Fäuste sprachen Bände. „Wir hätten sie da nicht mit reinziehen sollen.“
„Das ist ihre Entscheidung, Todd. Wenn sie helfen will, dann soll sie. Und wenn sie nicht zu Alec vordringen kann, sind wir eh am Arsch.“
„Schon klar.“ Es war kaum zu übersehen, dass er einen inneren Konflikt ausfocht, während er sich mit seinem für einen Reaper typischen halb transparenten Körper auf den Beifahrersitz fallen ließ. Es war sicher die Hölle, sich zwischen seinem Bruder und dem Mädchen, das er liebte, entscheiden zu müssen. Vielleicht genauso schwer, wie es für mich gewesen war, mich zwischen Nash und Dad zu entscheiden. Nur, dass Todd um diese Entscheidung nicht herumkam.
Der Schulparkplatz war schon ziemlich voll, als wir ankamen, und die rosa-violetten Strahlen der untergehenden Sonne spiegelten sich in den Windschutzscheiben der Autos. Wenn der Markt öffnete, würde die Straße in beiden Richtungen komplett zugeparkt sein. Zum Glück war der Park auf der anderen Straßenseite menschenleer, und weil es kalt war, saß auch niemand vor dem Brunnen. Zumindest nicht in unserer Welt.
Ich suchte uns einen möglichst nahen Parkplatz und ging mit Todd zum Brunnen, die Hände in den Manteltaschen vergraben. Der Brunnen war rund, aus Backsteinen gemauert, mit abgeflachtem Rand,
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