Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
Verfügungsgewalt über Offensivwaffen besitzen.
Ironischerweise waren Vorstellungen wie diejenigen Einsteins auch deswegen nicht zu verwirklichen, weil sich damals gleich zwei Großmächte, die sich in ihren Machtstrukturen und Ideologien fundamental unterschieden, darum bemühten, die Welt unter ihrem Banner zu vereinigen. Auf der einen Seite stand die Sowjetunion, die gemäß Lenins Vision vom Export des Kommunismus in die ganze Welt die Gründung eines bolschewistischen Weltstaats anstrebte. Auf der anderen Seite stand die westliche Welt mit ihrer Führungsmacht USA, die auf eine weltweite Überwindung der Nationalstaatlichkeit hoffte. Nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems ist heute von der kommunistischen Vision nicht mehr viel übrig geblieben. 1992 sprach Francis Fukuyama zuversichtlich vom »Ende der Geschichte«, da sich die ganze Welt nun in Richtung Demokratie und freie Marktwirtschaft bewege – den Grundvoraussetzungen für eine Weltregierung im Sinne Kants. Die Finanzkrise der jüngsten Zeit und die weiterhin anhaltenden politischen Turbulenzen in dieser Welt haben jedoch gezeigt, dass Fukuyamas Optimismus übertrieben war.
In gewisser Weise hat sich die Welt auf eine koordinierte Regierungsform, wenn auch nicht auf eine Weltregierung, zubewegt. So haben sich zum Beispiel 27 Einzelstaaten in der Europäischen Union zusammengeschlossen, und auf der ganzen Welt gehen Länder mit ihren Nachbarstaaten wirtschaftliche oder politische Abkommen ein. Immer mehr Nationen versuchen zumindest ansatzweise, sich bei globalen Themen wie Handel oder Umweltschutz mit anderen abzustimmen. Die Vereinten Nationen jedoch werden von den meisten Menschen immer noch als ineffektiv bewertet. Die von Gordon Brown nach der UN-Konferenz 2009 in Kopenhagen initiierte Koordination der Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise und der weltweiten Rezession war jedoch ein konkretes Beispiel für durch staatenübergreifenden Konsens motivierte Handlungen. Diese lassen Experten zwar nicht von einer Weltregierung, aber doch von einer »Weltordnungspolitik« (Global Governance) sprechen, bei der die Welt nicht von einer überstaatlichen Institution regiert wird, sondern sich internationaler Organisationen wie der Welthandelsorganisation, der G20, dem Weltwährungsfonds usw. bedient, um Aktionen zu koordinieren.
Diese Entwicklung fußt auf der rasant fortschreitenden Globalisierung. Die Staaten der Welt sind mittlerweile wirtschaftlich und kommunikativ so eng miteinander verflochten, dass keine Regierung mehr völlig unabhängig handeln kann. Gleichzeitig ist der finanzielle Einfluss global operierender Konzerne und Banken so groß, dass die Geschicke der Welt ohnehin schon international gesteuert werden. In gewisser Weise könnte man also behaupten, wir hätten de facto schon eine Weltregierung, wenn auch nicht de jure in Form einer offiziellen Instanz. Es liegt im Interesse jener Großkonzerne, die »Weltordnungspolitik« nicht den Regierungen zu überlassen (vor allem keiner Weltregierung). Ihrer Meinung nach schränkt staatliche Einmischung den Freihandel ein, erstickt den Unternehmergeist und bremst das Wirtschaftswachstum. Die USA und Großbritannien unterliefen den Vorstoß von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy zur stärkeren Regulierung des internationalen Bankwesens mit dem Argument, Regulierung würde die Rezession nur befördern. Banker und Hedgefonds-Manager atmeten dabei sicher erleichtert auf.
In den 1940er- und 1950er-Jahren, als Einstein für eine Weltregierung plädierte, spannen George Orwell und Aldous Huxley ihre eigenen Visionen von einer Welt mit einer einzigen Regierung. Sowohl in 1984 als auch in Schöne neue Welt gibt es keinerlei Raum mehr für Individualismus, das Leben ist ein trister Albtraum. Angesichts der übermächtigen Sowjetunion schien diese Gefahr nur zu real. Kant definierte als Kernproblem der Weltregierung, dass diese entweder zu stark oder zu schwach sei – wobei er in »zu stark« die größere Bedrohung sah.
Ähnlich wie Orwell und Huxley stehen in der westlichen Welt die meisten Menschen einer Regierung mit zu vielen Kompetenzen kritisch gegenüber. Das zeigt sich auch am Misstrauen vieler Europäer gegenüber der zunehmenden europäischen Integration. In Großbritannien ist die Europaskepsis besonders stark ausgeprägt. Wenn sich nun aber allein schon die freiheitlichen Demokratien Europas gegen eine ganzheitliche Regierung wehren, dann erscheint die Institution einer Weltregierung
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