Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
in ihrer jetzigen Form. Die meisten Gläubigen betrachten die biblischen Erzählungen heutzutage als Metaphern, nicht als historisch korrekte Schilderungen. Filme wie Braveheart oder Schindlers Liste sind Werke der Fantasie, beruhen aber auf realen Personen der Geschichte. Filme wie Titanic und Pearl Harbor wiederum zeigen fiktive Figuren vor einem realen historischen Hintergrund. Und selbst bei Harry Potter vermischen sich Fakten und Fiktion, etwa wenn dem real existierenden Londoner Bahnhof King‘s Cross ein zusätzlicher Bahnsteig 9 ¾ angedichtet wird.
Selbst jene Erzählungen, die sich möglichst exakt an historischen Abläufen orientieren, enthalten fiktionale Elemente. An der einen Stelle muss ein Historiker Lücken mit Spekulationen füllen, an einer anderen Details weglassen. Darüber hinaus ist die Versuchung, Ereignisse der Vergangenheit im Sinne einer stimmigen Erzählung ein wenig zu verändern, oft unwiderstehlich. Außerdem werden historische Geschichten notwendigerweise immer rückblickend erzählt, wenn dem Autor der Ausgang bereits bekannt ist. Dadurch werden Ereignisse automatisch ganz anders gewichtet, als ein Zeitgenosse es getan hätte. So sehr Historiker auch versuchen, diesen Schwierigkeiten zu entkommen, ist es doch nahezu unmöglich, völlig objektiv zu bleiben. Selbst wenn die Bibel also fiktionale oder metaphorische Elemente enthält, macht sie das nicht notwendigerweise zu einem fiktionalen Werk.
Das Neue Testament beschäftigt sich mit Jesus Christus, seinem Wirken und den daraus resultierenden Ereignissen. Es ist hauptsächlich in Form von Evangelien und Briefen geschrieben. Der Begriff »Evangelium« stammt aus dem Griechischen und bedeutet »Frohe Botschaft«. Die Bezeichnung »Apostelbriefe« ( » Apostel« kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet »Gesandter«) gibt einen Hinweis auf das Selbstverständnis der Verfasser: Sie begreifen sich nicht als Autoren eines fiktionalen Werks, sondern als Reporter oder Kommentatoren, die in der Welt Nachrichten verbreiten. Ihre Berichte besitzen nicht den im heutigen Journalismus üblichen sachlich-nüchternen Stil. Zudem wurden Fakten vermutlich weniger konsequent überprüft – aber natürlich können wir das nicht genau wissen. Es könnte auch sein, dass die Verfasser der Apostelbriefe durchaus um die Richtigkeit ihrer Quellen bemüht waren.
Von den Evangelien heißt es, sie beruhten vornehmlich auf der Niederschrift von Berichten von Augenzeugen oder von Gerüchten und Hörensagen. Doch selbst wenn es sich dabei nur um Gerede oder von einem Tunichtgut erfundene Geschichten handelt, macht das die Bibel noch nicht zu einem fiktionalen Werk – sondern nur zu einer äußerst mangelhaften Reportage. Die Verfasser der Bibel wollten uns von der Wahrheit der geschilderten Ereignisse überzeugen. Jesus wird als der Sohn Gottes dargestellt, der wirklich auf der Welt lebte, nicht als Romanfigur. Die Dialoge der Bibel sind aller Wahrscheinlichkeit nach keine wörtlichen Zitate, sondern als Rekonstruktion dessen, was möglicherweise gesagt wurde, anzusehen. Die Dialoge sind also zum Großteil fiktional – doch auch das macht die Bibel nicht zu einem fiktionalen Werk, eher zu einer Art Doku-Drama, das sich in Details (vielleicht übergroße) Freiheiten herausnimmt, um die zentrale Botschaft besser zu vermitteln.
Historiker haben bisher praktisch keine Quellen gefunden, die den Wahrheitsgehalt der Bibel bestätigen – oder widerlegen. Aktuelle Ausgrabungsfunde legen die Annahme nahe, dass einige der beschriebenen Personen und Orte wirklich existiert und einige der Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben könnten. Aber damit werden die biblischen Erzählungen noch nicht wahrheitsgetreuer als Braveheart oder gar die Geschichten über König Artus oder Robin Hood. Aus diesem Grund sind manche Bibelforscher eben davon überzeugt, dass die Bibel nicht als wirklichkeitsgetreue historische Dokumentation zu verstehen sei, sondern als literarisches, theologisches Werk, das von geschichtlichen Ereignissen inspiriert wurde. Es ist eine Glaubensfrage, wie viel davon man für die buchstäbliche Wahrheit hält.
Ist der Feminismus tot?
Klassische Philologie, Cambridge
Solange es Frauen gibt, lebt der Feminismus fort, denn es wird immer eine weibliche Sicht der Dinge geben. Doch der Ausdruck »Feminismus« weckt ganz spezielle Assoziationen. Der Begriff wurde in Frankreich geprägt und dort zunächst im positiven Sinne verwendet, um die zunehmende
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