Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
Freiheit der Frauen als gesellschaftlichen Fortschritt zu beschreiben. Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde er in vielen Ländern der westlichen Welt als abwertende Bezeichnung für die Ziele der Frauenrechtsbewegung benutzt. Heute wird damit vor allem die neue Frauenbewegung der 1960er-Jahre assoziiert. 1998 trug ein Titelblatt des Magazins Time die Überschrift »Ist der Feminismus tot?«. Dabei ging es aber weniger um die Frage, ob die Frauenbewegung an sich am Ende sei, sondern vielmehr darum, ob der Feminismus, wie er in den 1960er- und 1970er-Jahren praktiziert wurde, noch existiere. Damals hatten Frauen wie Germaine Greer, Gloria Steinem und Sheila Rowbotham den Sexismus angeprangert und den Krieg der Geschlechter ausgerufen. Nicht die Rechte der Frauen standen bei den Protesten im Vordergrund, vielmehr wurde die Einstellung der Männer Frauen gegenüber kritisiert.
Wie seither viele andere Publikationen auch, legte das Time Magazine lediglich nahe, dass diese Spielart des Feminismus allmählich ihre letzte Ölung bekommen sollte. So wie in den 1920er-Jahren die Suffragettenbewegung ihren Schwung verlor, nachdem Frauen das Wahlrecht erhalten hatten, so hat auch der Feminismus der 1960er- und 1970er-Jahre seine Ziele weitgehend erreicht und sich damit selbst obsolet gemacht. Zumindest laut Gesetz sind Männer und Frauen seit 1980 auch am Arbeitsplatz gleichberechtigt.
Seit Anfang der 1990er-Jahre betrachten Frauen es in der westlichen Welt als selbstverständlich, dass sie in jedem Beruf arbeiten dürfen und sie auch Spitzenpositionen bekleiden können (auch wenn sich das in der Realität als ziemlich schwierig herausgestellt hat). Sexismus ist mittlerweile ein extrem negativ besetzter Begriff. In vielen Ländern ist Abtreibung erlaubt, und die Mutterschutzgesetze werden immer großzügiger. Jüngeren Frauen ist der verbissene Feminismus der 1970er-Jahre, dessen Vertreterinnen Latzhosen trugen und ihre BHs verbrannten, fremd. Sie wollen »Girl-Power« und ihren Spaß. Das Aushängeschild für diesen Trend waren die Spice Girls: frech, lustig, unverblümt und offen sinnlich – ein Gräuel für die ältere Generation von Feministinnen, die sich gegen die Darstellung von Frauen als Sexobjekte verwehrt hatten.
Ginia Bellafante, die Autorin des Time -Artikels von 1998, machte unter anderem das Buch Die Masken der Sexualität von Camille Paglia für diesen Umschwung verantwortlich. In dem 1990 erschienenen Buch vertrat Paglia die These, die weibliche Sexualität sei die größte Macht der Menschheit, und forderte Frauen auf, diese zu nutzen. Bellafante beklagte, dass nach Paglias aufsehenerregendem Plädoyer für die weibliche Sexualität der Feminismus ausgestorben sei und Frauen sich stattdessen in romantischen und sexuellen Geständnissen artikulierten. Sobald sich eine Frau auch nur dazu bekannte, dass sie Sex genoss – oder sich über die Qualität ihres Liebeslebens beschwerte –, so Bellafante, wurde sie von anderen Frauen für die Darstellung der weiblichen Perspektive gelobt. Bellafante wertete auch die Popularität von Serien wie Ally McBeal oder Filmen wie Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück als negativ, da sie lediglich eine emotionale Nabelschau von Singlefrauen über 30 betrieben und einen Beweis dafür lieferten, dass der Feminismus in eine Sackgasse geraten sei.
Im Jahr 2008 stellte eine Veröffentlichung von Soziologen der Universität Cambridge fest, dass viele Frauen die Begriffe »Feminismus« und »Feministin« inzwischen sogar ablehnten, da sie sie mit »Verbissenheit« assoziierten. Damit erfuhr der Begriff »Feminismus« eine ähnliche Abwertung wie der in den 1970er-Jahren geprägte Ausdruck »politische Korrektheit«. Fast scheint es, als zweifelten inzwischen viele Frauen zentrale Überzeugungen der Frauenbewegung an. Laut der Studie der Universität Cambridge erreichte die Unterstützung für die Gleichberechtigung der Geschlechter in den 1990er-Jahren ihren Höhepunkt und ist seitdem zurückgegangen. In den 1990er-Jahren war die Mehrheit der Frauen der Ansicht, dass Frauen lieber bezahlter Arbeit nachgehen als zu Hause Kinder hüten sollten. Heute denken nur noch 40 Prozent der Befragten so, in den USA noch weniger. Die Professorin für empirische Soziologie Jacqueline Scott, unter deren Federführung die Studie entstand, schrieb: »Im Spannungsfeld zwischen Arbeit und Familienleben scheinen sich Zweifel breitzumachen, ob eine Frau beides tun sollte.«
Einige Monate
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