Halten Sie sich für schlau?: Die berüchtigten Testfragen der englischen Elite-Universitäten (German Edition)
beinahe unmöglich.
Die meisten Menschen dieser Welt definieren sich über ihre Familie, ihren Herkunftsort und ihre Nation. Sie akzeptieren eine Staatsregierung, der Vertreter der eigenen Nationalität angehören, die die Landessprache sprechen. Sie missbilligen es dagegen, von als »Eindringlingen« empfundenen Repräsentanten fremder Staaten regiert zu werden. Deswegen erklärten Estland, Lettland, Litauen, Georgien und viele andere ehemalige Sowjetstaaten kurz nach dem Zusammenbruch der UdSSR ihre Unabhängigkeit. Aktuell bestehen in Schottland Bestrebungen, sich von Großbritannien zu lösen.
Angesichts dieser Verbundenheit mit der eigenen Nation erscheint ein freiwilliger Zusammenschluss aller Staaten in einer Weltregierung so utopisch zu sein wie zu Dantes Zeiten. In der Historie kam das britische Weltreich, das in seiner Blütezeit ein Viertel des Globus umspannte, in seiner Ausdehnung einer Weltregierung sehr nahe – allerdings war der Zusammenschluss der Nationen erzwungen. Als Großbritannien seinen Status als starke Nation verlor, zerbrach das Reich und Länder wie Australien, Kanada, Neuseeland und Indien wurden eigenständig.
Kürzlich ist allerdings etwas Interessantes passiert: Die Wahl Barack Obamas zum amerikanischen Präsidenten wurde weltweit begrüßt; viele betrachteten Obama als Helden. 2009 wurde er bei einem Staatsbesuch in Ghana von der Menge so euphorisch gefeiert, als wäre er nicht der amerikanische Präsident, sondern der Regierungsvorsitzende des eigenen Landes. Würde sich Obama für das (hypothetische) Amt des afrikanischen Präsidenten bewerben, gewänne er die Wahl vermutlich. Und wenn er sich ums Amt des Weltpräsidenten bewerben würde? Natürlich sind solche Ereignisse unwahrscheinlich, aber allein die Spekulation darüber zeigt, dass eine Weltregierung nicht völlig undenkbar ist.
Mitte des 19. Jahrhunderts sinnierte General Ulysses S. Grant, der Held des Amerikanischen Bürgerkriegs: »Irgendwann kommt meiner Ansicht nach der Tag, an dem die Nationen dieser Erde sich auf eine Art Parlament einigen, das sich mit internationalen Problemen beschäftigt und dessen Entscheidungen so verbindlich sein werden, wie es für uns die Urteile des Obersten Gerichtshofs sind.« Wir werden sehen.
4 Deutsche Übertragung von Constantin Sauter
Ist die Bibel ein fiktionales Werk? Gehört es gar zur Kategorie der seichten Frauenliteratur?
Anglistik, Oxford
Was für eine seltsame Frage! Der Bibel einen möglicherweise fiktionalen Charakter zuzuschreiben, erscheint faszinierend und provokativ, die Assoziation mit der Frauenliteratur hingegen bizarr. Kein anderes Buch scheint dieser Zuordnung deutlicher zu widersprechen als die Bibel.
Der im englischen Sprachraum für die seichte Frauenliteratur geläufige Ausdruck »chick lit« (wörtlich in etwa »Kükenliteratur«) wurde vermutlich in den späten 1980er-Jahren an amerikanischen Universitäten geprägt. Er bezog sich ursprünglich wertneutral auf von Frauen geschriebene Romane wie Stolz und Vorurteil oder Sturmhöhe . In den 1990er-Jahren wandelte sich die Bedeutung, und »chick lit« bezeichnete von Frauen für trendbewusste junge Frauen geschriebene belletristische Werke. Nun ist die Bibel ganz offenkundig das genaue Gegenteil: Frauen spielen fast ausschließlich untergeordnete Rollen, von einigen Ausnahmen wie Delila, der Geliebten Samsons, und Salome, die den Kopf Johannes des Täufers fordert, einmal abgesehen. Weibliche Lust wird in der Bibel, wie am Beispiel von Lots Töchtern zu sehen ist, als unmoralisch, weiblicher Ehrgeiz als böse verdammt. Die wenigen starken Frauenfiguren der Bibel sind große Dulderinnen, eher mütterlich denn verführerisch. Die Bibel ist eine Sammlung von mindestens 2000 Jahre alten Erzählungen, die von Männern geschrieben wurden, die in äußerst traditionellen Gesellschaften lebten. Wie man es auch dreht oder wendet, die Bibel gehört ebenso wenig zur Kategorie der seichten Frauenliteratur wie ein Telefonbuch. Dafür enthält sie aber genug Darstellungen von Inzest, Gewalt, Brutalität, Mord und Betrug, um selbst dem anspruchsvollsten Krimifan einiges zu bieten.
Ob die Bibel nun fiktional ist, scheint mir die viel interessantere Frage. Schon lange räumt der Großteil des Klerus ein, dass die Bibel nicht hundertprozentig wörtlich zu nehmen sei. Nur eine fundamentalistische Minderheit glaubt beispielsweise, dass Gott die Erde tatsächlich in sieben Tagen schuf, mit allen heute lebenden Geschöpfen
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