Haltlos
begleiten.“ Tessa dehnte die Worte mit übertriebender Höflichkeit. „Du machst keinen Blödsinn, oder?“ „Amber!“ „O.k. war nur zur Sicherheit. O.k., aber um 20 Uhr treffen wir uns wieder hier, pünktlich. Ach so, bekomme ich Jens?“ „Jens?“ „Na du weißt schon, unseren schnuckeligen Chauffeur.“ „Ja klar, Ambrosia muss ja standesgemäß zum shoppen vorgefahren werden. Wann hast du dich in so einen Snob verwandelt?“ Mit einem Knuff auf Ambers Schulter fiel Tessa innerlich mehr als nur ein Felsbrocken, ja eher so ein ganzes Gebirge vom Herzen, dass alles für sie bisher so gut gelaufen war. Sie ist Amber „losgeworden“ und konnte sich nun ihrer eigenen Mission in aller Ruhe zuwenden. Jens, so wie Amber ihn nannte, hatte bereits ein Auto für Tessa kommen lassen, da sie gestern schon deutlich gemacht hatte, dass sie von dieser ganzen Chauffeur-Nummer wenig hält. Nachdem Amber dann, nach Tessas Empfinden endlich in die Limousine gestiegen ist, kramte sie ein paar Sachen zusammen und verstaute Laptop, Kamera und Schreibzeug in ihrer XXL Handtasche, man konnte nie vorbereitet genug sein. Beim Hinausgehen spürte sie einen Luftzug, der ihr ihre Härchen auf dem ganzen Körper zum stehen brachte. Sie schaute sich um, konnte aber nichts Ungewöhnliches bemerken. Hatte sie doch schon seit längerem das Gefühl beobachtet zu werden, schimpfte sie sich selbst eine paranoide Gans, stieg in ihr Auto und fuhr nach Pagelow, in dessen unmittelbarer Nähe der Orden residieren sollte. Wie konnten die Leute nur früher ohne Navigationsgerät ans Ziel gelangen? Tessa war froh, dass ihr Navi sie ohne langwierige Irrfahrten nach 45 Minuten zum Ziel geführt hatte. Bevor sie sich zum Kloster begab, wollte sie sich ganz in Ruhe den eigentlichen Ort Pagelow ansehen. Es handelte sich um ein sehr altes Dorf, dessen Häuser zum Teil sehr marode waren, an anderer Stelle bereits saniert oder tatsächlich in dieser Abgeschiedenheit neu erbaut worden waren. Zäune waren umgestürzt, Dächer abgedeckt und Grundstücke zugewachsen. Das Dorf gliederte sich in eine weite Flur landwirtschaftlicher Nutzflächen ein. An einem Zaun standen zwei alte Frauen in Schürzenkleidern, deren Haare unter Tüchern zurückgebunden waren und brachten sich gegenseitig auf den neuesten Stand des Dorfklatsches, während ihre Hunde sich gegenseitig ankläfften. Auch die Straßen hatten bereits bessere Zeiten erlebt. So fehlten hier und da Pflastersteine, Wurzeln schoben die Wegsteinplatten nach oben und an manchen Stellen fehlte der Gehweg komplett. Tessas Euphorie wich einem beklommenen Gefühl, sie könnte auf der falschen Fährte sein, der Blog könnte ein Fake gewesen sein und sie war so blöd darauf hereingefallen zu sein. Wie konnte in dieser Einöde und in dem von Zerfall geprägtem Umfeld ein intaktes Kloster existieren? Sie hoffte dennoch inständig, dass der Weg nach Deutschland nicht umsonst gewesen ist. Und nach der nächsten Kreuzung wurde sie auch eines besseren belehrt. Ein Hinweisschild zeigte an, dass weiter die Straße herunter eine Gaststube, die sich passender Weise „Zum freundlichen Klosterbruder“ nannte, liegen sollte. Tessa folgte dem Wegweiser und blieb nach ca. 10 Minuten erstaunt vor einem gemütlichen Gasthaus mit Biergarten stehen, dessen Plätze fast alle von Ausflugsgästen besetzt waren. Anscheinend bot sich die Gegend besonders zum Radfahren und Wandern an, sofern sie die Kleidung der Gäste richtig deutete. Tessa musste unwillkürlich Lächeln, als sie einen rundlichen, etwas tollpatschig wirkenden Mönch entdeckte, der gerade damit beschäftigt war ein Tablett mit leeren Gläsern an den Tischen vorbei zu manövrieren. Tessa entschied, dass sie durchaus eine Cola vertragen könnte und suchte sich einen sonnigen Platz. Gerade als sie sich setzte erschien der Mönch „Guten Tag und willkommen in unserem kleinen aber feinen Gasthaus „Zum freundlichen Klosterbruder“. Was darf ich Ihnen bringen?“ „Ich hätte gerne eine Cola, aber bitte eine große. Vielen Dank, Bruder?“ „Franziskus, und sehr gern, junges Fräulein.“ Als er Tessas Cola brachte fragte sie ihn noch „Bruder Franziskus, sagen sie, wo finde ich denn die Klosteranlagen?“ „Oh Miss, dass ist gar nicht schwer, Sie müssen nur dem Weg dort drüben etwa einen Kilometer in südlicher Richtung folgen, oder einfach den vielen Menschen nach“, mit einem Schmunzeln widmete er sich den anderen Gästen. Nachdem sie in großen Schlucken ihre
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