Haltlos
Cola getrunken hatte, beobachtete sie noch ein wenig die Mönche, die die Durchreisenden bewirteten. Bei dem Gedanken daran, dass sich der rundliche Bruder Franziskus des Nächtens auf Dämonenjagd begeben sollte, hätte Tessa am liebsten laut losgelacht. Die einzigen Dämonen, mit denen der liebe Bruder zu kämpfen hätte, waren mit Sicherheit seine eigenen, die ihn nachts mit knurrendem Magen in die Klosterküche trieben, um den Kühlschrank oder die Speisekammer zu plündern. Es fröstelte Tessa, sie fühlte sich mit einem Male unbehaglich. Ihr Blick flog über die Menschen und hielt inne, als er auf den eines anderen Klosterbruders traf, der Tessa von der gegenüberliegenden Seite des Biergartens zu beobachten schien. Eine innere Stimme mahnte sie zur Vorsicht, doch Tessa tat alles mit einem Schulterzucken ab. Genauso schnell, wie der Blickkontakt andauerte, war der Mönch nämlich auch schon wieder im innen Raum der Schenke verschwunden. Es war wohl eher ein Zufall gewesen. Zumindest ist ihr schlechtes Gefühl der inneren Kälte wieder verschwunden, kam wohl von der Cola. Egal. Tessa raffte sich auf, bezahlte ihr Getränk und machte sich auf den Weg zu den Klosteranlagen, wobei sie sich vom Strom der Touristen mitziehen ließ. In das Kloster hineinzukommen stellte sich gar nicht als so schwierig heraus, wie Tessa zuvor befürchtet hatte, denn dieser Orden ging definitiv mit der Zeit. So waren auf dem Klostergelände einige Marktstände errichtet worden, wo überwiegend die Touristen Souvenirs, wie handgearbeitete Krüge und Körbe oder Obstund Gemüseprodukte dargeboten bekamen. Auch hier waren es die Mönche, die dem geschäftlichen Betrieb nachgingen. Tessa ließ sich eine Weile durch die Menge treiben und sah sich die verschiedenen Waren in aller Ruhe an. Ganz nebenbei konnte sie sich so einen guten Überblick über das umliegende Klostergelände verschaffen (Dormitium, etc.) Tessa hielt inne, da es ihr ein Gebäudekomplex besonders angetan hatte. Konnte es tatsächlich sein, dass ihr das Glück so in die Hände spielte? Diese Mönche schienen wirklich außergewöhnlich zu sein, ähm, außergewöhnlich geschäftstüchtig. Sie betrieben unglaubl icher Weise innerhalb der Klostermauern ein Gästehaus. In Tessa wuchs mehr und mehr der Verdacht, dass diese Männer keine richtigen Mönche sein konnten. Wahrscheinlich waren sie hier angestellt und schlüpften lediglich während ihrer Dienstzeit in die Mönchskutten, um dem Ganzen hier mehr Authentizität zu verleihen. Dennoch gefiel Tessa die Idee die Nacht an diesem Ort zu verbringen und deshalb ging sie hinüber, um sich ein Zimmer zu nehmen. Zudem wäre es eine gute Gelegenheit diesen merkwürdigen Klosterbrüdern auf den Grund zu gehen. Tessa wartete geduldig an der Rezeption, bis sie an der Reihe war. „Guten Tag, mein Name ist Bruder Connor, womit kann ich Ihnen helfen?“ „Bruder Connor, ich hätte gern ein Zimmer für eine Person, für zwei Nächte!“ „Einen Augenblick bitte Miss, ich sehe nur eben einmal nach, ob wir Ihnen damit dienen können. Sie müssen wissen, gerade in den Sommermonaten sind wir fast immer komplett ausgebucht, viele Menschen kommen der schönen Landschaft wegen her und, oh, verzeihen Sie, ich rede immer zu viel. So, einen Moment noch – im Übrigen kann ich Computer nicht ausstehen, die machen nie das, was ich von ihnen verlange“, spitzbübisch lächelte ihr Bruder Connor zu, „aber, ja, wir haben noch ein freies Kämmerchen für Sie. Wenn Sie die Güte hätten, noch etwa eine Stunde auf ein Zimmer zu warten, denn gerade ist ein Herr abgereist, aber das Zimmer müssten wir zuvor noch ein bisschen aufhübschen.“ „Das ist kein Problem, ich werde mich bei Ihnen hier im Kloster so lange noch ein bisschen umsehen.“ „Den Markt kann ich Ihnen nur empfehlen, lassen Sie doch Ihre Tasche hier, die bringe ich dann gleich hinauf.“ „Vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen Bruder Connor.“ Tessa ging nach draußen und wollte sich zunächst noch ein wenig mit den Anlagen vertraut machen, als sie sich nach einer kurzen Zeit jedoch dazu entschloss, lieber in der Empfangshalle auf ihr frei werdendes Zimmer zu warten. Es war schon kurz vor 20 Uhr und sie musste dringend bei Amber anrufen. Beim Betreten des Foyers sah sie wieder diesen Mönch aus dem Gasthaus, der sich angeregt mit Bruder Connor unterhielt. Als die beiden sie bemerkten, warf ihr Bruder Connor einen ernsten Blick zu, schaute aber ebenso schnell wieder weg.
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