Haltlos
aufgeregt!
„Nanu? Wo ist denn Lenni?“, fragte sie verwundert, als sie auf den Beifahrersitz schlüpfte.
„Joggen. Ich habe ihn an der Förde rausgeschmissen.“
Jaromir lächelte sie an und sie strahlte zurück. „Jetzt geht es endlich los!“
Jaromir nickte lachend und gab Gas.
Wie Victoria schon bei ihrem Gespräch über den Flugunterricht mit Abrexar vorgeschlagen hatte, sollte der erste Versuch in einem Waldgebiet in der Nähe von Hohenlockstedt stattfinden. Nach einer halben Stunde bog Jaromir in einen kleinen Waldweg ein und parkte den Wagen wenige Minuten später am Rand des Weges.
Sie stiegen aus und Victoria war jetzt richtig nervös.
Jaromir sah sie prüfend an. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass du lieber später Frühstücken möchtest?“
Sie nickte energisch, nahm seine Hand und zog ihn auf einen kleinen Trampelpfad zu, der noch tiefer in den Wald hinein führte. „Ich bin viel zu aufgeregt, um jetzt auch nur ans Essen zu denken! Komm, wir suchen uns eine Lichtung für den Start.“
Jaromir grinste und trottete bereitwillig hinter ihr her.
Nach zehn Minuten hatten sie die perfekte Stelle gefunden. Die Lichtung war groß genug, um Jaromir ausreichend Platz zum Abheben zu bieten. Und sie waren so tief im Wald, dass sie zu dieser Uhrzeit nicht Gefahr liefen, von irgendwelchen Spaziergängern überrascht zu werden.
Sicherheitshalber überprüfte Jaromir noch einmal die Umgebung, konnte aber kein menschliches Wesen ausmachen.
Victoria strahle Jaromir an und fragte erwartungsvoll: „Und jetzt?“
Der kratzte sich am Kopf. „Ich weiß auch nicht so genau… am besten ich verwandle mich und du steigst einfach auf.“
Sie nickte und trat ein paar Schritte zurück.
Vor ihren Augen verwandelte sich Jaromir in eine elegante, tiefschwarze Himmelsechse. Sie war immer wieder beeindruckt von seiner wahren Gestalt. Er war mit seinen zehn Metern Körperlänge imposant groß und dabei durch und durch athletisch und kraftvoll. Trotz allem wirkte er feingliedrig, was durch die matten, schwarzen Schuppen noch verstärkt wurde. Wie er jetzt so im Morgendunst auf der Lichtung stand, schien er einem Märchen entsprungen zu sein und Victoria hatte einmal mehr das Gefühl, einen bizarren Traum zu erleben – diese Szene wirkte so unwirklich.
Er sah sie amüsiert an. „Hey Vici! Ich bin aber Realität! Komm her und rauf mit dir.“
Sie lächelte und ging auf ihn zu. Als sie neben ihm stand, reichte sie mit ihrem Kopf nicht einmal an seine Brust heran. Aber das war kein Problem, denn Jaromir kauerte sich nun auf den Boden und streckte sein rechtes Vorderbein vor.
Sie sah ihn zweifelnd an. „Ich will dir aber nicht wehtun…“
Er lachte. „Ach Quatsch! Meine Schuppen sind hart. Ich werde nur einen leichten Druck spüren, wenn du auf meinen Rücken kletterst.“
Victoria war nicht ganz überzeugt und versuchte sich möglichst leicht zu machen. Das war allerdings gar nicht einfach, denn die Schuppen waren tatsächlich sehr hart. Und obwohl sie so matt waren, dass sie alles Licht verschluckten, waren sie trotzdem verdammt glatt. Victorias Schuhe waren nicht wirklich für einen Kletterpartie auf einem Drachen geeignet. Sie rutschte mehrfach ab und nahm sich vor, sich für das nächste Mal Schuhe mit einer weichen, elastischen Sohle zu besorgen.
Jaromir half ihr, indem er ihr einen Flügel zum Festhalten hinstreckte und gemeinsam schafften sie es.
Nach ein paar Augenblicken saß Victoria auf seinem Rücken direkt vor den Flügeln. Hier gab es eine Falte, die für einen Menschen wie geschaffen war.
Sie rutsche ein wenig hin und her und fand schnell eine geeignete Position. „So, ich glaube, ich bin fertig… Wollen wir starten?“
Beide waren aufgewühlt, als Jaromir nickte und aufstand.
Victoria hatte zwar mit seiner Kraft gerechnet, doch seine Schuppen waren wirklich extrem glatt, so dass sie bei der ersten ausladenden Bewegung des Drachens einfach von seinem Rücken rutschte und dann wie Fallobst auf den Boden plumpste.
„Autsch! … Die Erde ist ja verdammt weit weg, wenn man auf deinem Rücken sitzt!“ , beschwerte sie sich.
Jaromir verwandelte sich sofort wieder in Menschengestalt und lief zu Victoria, die sich den schmerzenden Hintern rieb.
„Hast du dich verletzt?“, fragte er besorgt.
Sie stand vorsichtig auf und bewegte Arme und Beine. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich glaube nicht. Aber ein paar hübsche blaue Flecken werde ich schon kriegen.“
Jaromir war erleichtert,
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