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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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wie
er war!
    »Hier!«, rief Mudi und ließ das Blütenblattkonfetti auf
sie niederrieseln, ehe er sich zu ihrer Tante umdrehte. Die
Seismooney
hatte bei Mudi auf jeden Fall geholfen. Kein böser
Blick war je auf ihren Bruder gefallen und sollte es auch nie
tun, dachte Halva, als sie sich im Blütenregen duckte und
die Augen zukniff.
    »Miryam!«, rief Mudi, und Halva schaute zu ihrer jungen
Tante hinüber, die erst im Morgengrauen in Frankfurt gelandet
war und dementsprechend mitgenommen und müdewirkte. Sie stand neben dem Esstisch und sah aus, als würde
sie einfach umfallen, wenn sie die Tischkante losließe. An
ihrer Hand traten die Knöchel weiß hervor. Sie war
durchsichtig,
fand Halva, als Miryams Blick kurz und scheu den ihren
traf. Durchsichtig und undurchdringlich zugleich: Miryam,
die
wahre
Miryam, an die sie sich erinnerte, war heute hinter
tausend unsichtbaren Schleiern verborgen. Wovor wollte sie
sich verstecken? Sie waren doch eine
Familie.
Was machte
Miryam jetzt noch Angst? Nichts auf dieser Welt war inniger,
unangreifbarer und bot solchen Schutz wie die Familie.
Oder hatte sich auch das im Iran geändert?
    Miryam und ihre geradezu greifbare Furcht ließ sie an all
das denken, weswegen sie damals den Iran verlassen hatten.
Schon die Erinnerung daran ließ sie frösteln. Nur einige
Monate vor ihrer geplanten Ausreise hatte ein Freund Cyrus
gebeten, auf dem Kopierer der Militärstube einige Briefe kopieren
zu dürfen. Cyrus hatte zugestimmt, auch wenn ihm
der ganze Stapel an Papier, den der Freund brachte, seltsam
vorkam. Er fragte nichts, aber er musste Rede und Antwort
stehen, als sein Freund ein Original im Kopierer vergaß: Es
war ein Pamphlet, das Redefreiheit und Demokratie forderte
und das Ende des im Iran herrschenden Regimes. Nur eine
Stunde später war Cyrus von der Geheimpolizei in einem
Wagen ohne Nummernschild abgeholt worden. Er war eine
Woche lang fortgeblieben, ohne dass sie wussten, wo er war
und ob er noch lebte. Sieben Tage, in denen Raya sich von
einer frohen jungen Frau in einen lebendigen Geist verwandelte.
Soweit Halva wusste, hatte ein Kollege ihres Vaters
ihrer Mutter geholfen, ihn zu finden und freizubekommen.
Als Cyrus aus dem Gefängnistor geworfen worden war, hatte er nur kriechen können. Die Polizei hatte ihn grün und blau
gedroschen und ihm alle Finger gebrochen. An Schläfen und
Handgelenken hatte er Brandnarben gehabt, wo man ihm
bei der Folter die Elektroden angesetzt hatte.
    »Ich habe noch Glück gehabt«, hatte er gesagt, während
Raya ihm schluchzend Verbände anlegte. »Sie hätten mich
auch dabehalten können. Einfach so. Für immer. Wenn
Bijan nicht angerufen hätte … Sein Vetter ist der Sekretär
des Polizeipräsidenten.«
    »Bijan und seine Vettern. Immer nur Bijan …«, hatte Raya
geweint. »Ich will kein Leben, in dem man so abhängig ist.«
Cyrus hatte warnend den Kopf geschüttelt, aber sie hatte
weitergesprochen: »Ich stehe nicht gern in jemandes Schuld,
der nicht Teil der Familie ist.«
    »Bijan ist schon beinahe ein Teil der Familie.« Raya war
aufgefahren, doch Cyrus hatte nur mit den Achseln gezuckt.
»Wir schulden ihm alles.
Ich
schulde ihm alles. Irgendwann
kann ich ihm das hoffentlich danken.«
    Halvas Gedanken wurden unterbrochen, als Mudi Miryam
flüchtig über den Arm streifte und dann respektvoll den
Kopf neigte, wie es sich für einen jungen Mann einer Frau
gegenüber gehörte.
    Raya dagegen legte Miryam ermutigend den Arm um die
Schultern und zog sie an sich. »Lasst uns anfangen«, rief
sie. »Was für ein Glückstag. Wir sind in der Familie wieder
vereint. Und wir können alle Mudi feiern. Cyrus, den Champagner!
« Raya klatschte lachend in die Hände, und Halva
dachte an die Geschichten, die ihre Mutter ihr von den geheimen
Festen in Teheran erzählt hatte. Eine Flasche Wein
konnte auf dem Schwarzmarkt gut und gerne zwei Wochenlöhne kosten, doch das war es den Teheranern wert. Die
Todesangst und der stete seelische und geistige Druck, unter
dem sie litten, machte sich hinter verschlossenen Türen in
einer wilden Lebenslust Luft. Wenn die Polizei dann vor
der Tür stand, hatte Raya manchmal hektisch all den teuer
auf dem Schwarzmarkt erstandenen Wein in die Toilette geschüttet,
sich den Schmuck abgerissen und die Schminke
mit Klopapier abgerubbelt.
    »Champagner? Bist du wahnsinnig geworden?«, fragte
Mudi und lachte ungläubig. Halva sah ihren Vater kurz das
Gesicht verziehen, wie um seinem Sohn beizupflichten, aber
er griff

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