Hamam - Kolats Zaubertrank
Schärfste ist, was ich jemals erlebt habe, weiß ich gar nicht. Aber es war mit Sicherheit das Aufregendste und Kurioseste, das ich erlebt habe. Willst du’s trotzdem hören?“
„Klar will ich. Leg los!“
„Na gut. Also, das war vor drei Jahren. Ich war mit einer Gruppe von Mitarbeitern kirchlicher Institutionen, also aus Heimen, Krankenhäusern und Beratungsstellen zu Schweige-Exerzitien in einem Kloster in den Bergen … „
„Was, du warst freiwillig in einem Kloster? Das kann ich mir bei dir überhaupt nicht vorstellen“, unterbrach Claude ungläubig.
„Warum denn nicht?“
„Jesus, du bist doch keine verbiesterte Betschwester, die den ganzen Tag lang Halleluja singt und das Ave Maria betet.“
„Richtig, weder das Eine, noch das Andere. Aber man muss keine verbiesterte Betschwester sein, um ein paar Tage in einem Kloster zur Ruhe zu kommen. Man kann von den Katholen halten, was man will, aber sie haben’s nun mal drauf, eine sehr spirituelle und mystische Atmosphäre zu schaffen. Davon leben sie ja. Und was mich betrifft, ich kann den Humbug, der in der Bibel steht, sehr gut von Spiritualität und Meditation unterscheiden und mir das herauspicken, was mir gut tut.“
„Aha, religiöser Pragmatismus nennt sich das. Und Schweigen und Meditieren tun dir also gut?“
„Ja klar. Manche der Teilnehmer kommen mit dem Schweigen überhaupt nicht zurande, aber für mich ist es Erholung pur. Und außerdem - aber das ist nicht der Hauptgrund - gibt’s bei Kirchens drei Tage Sonderurlaub, wenn du an Exerzitien teilnimmst.“
„Echt? Na dann muss ich das auch mal machen. Und wie läuft das da so ab?“
„Diese Besinnungstage werden von einem Pater aus Freiburg durchgeführt; meistens in der Kar-Woche. Das Kloster liegt abgeschieden in cirka 1500 m Höhe auf einem Bergplateau in den Dolomiten. Meistens liegt da noch Schnee vor Ostern. Wie gesagt, es wird die ganze Woche lang geschwiegen. Du kannst an Gottesdiensten und Andachten teilnehmen, musst das aber nicht. Lediglich an der musikalischen Morgenmeditation und den Vorträgen, die Pater Benedikt anbietet, sollte man teilnehmen. Die Meditationen und das Singen finde ich auch immer sehr schön. Die Vorträge, die er hält, sind mal so, mal so. Manchmal sind sie sehr biblisch und das interessiert mich dann eher weniger. Manchmal sind es aber auch philosophische Themen, die er anpackt und da bin ich dann hell wach. Man merkt schon, dass der Bursche eine gute Portion Lebenserfahrung mit bringt. Aber bei allem, was er so erzählt, kann ich nicht mitgehen. Und das sind dann auch die einzigen Momente, bei denen mir das Schweigen schwer fällt. Es ist halt wie bei einer Predigt in der Kirche. Da kann man ja auch nicht anfangen zu diskutieren, obwohl man es gerne möchte.“
„Gut, das hab ich jetzt kapiert. Und was ist daran so scharf und aufregend?“
„Kommt, kommt, nur etwas Geduld, my Lord“, imitierte Liz Claudes Vorrede. „Also, dieser Benedikt ist ein richtiger Schluri, dem der Schalk im Nacken sitzt. Er hat Humor, ist geistreich und sieht auch noch verteufelt gut aus. Ein richtiger Frauenschwarm. Wieso der ins Kloster gegangen ist, war mir immer ein Rätsel. Außerdem sagt man ihm eine gewisse Affinität zum weiblichen Geschlecht nach. Andere meinen, er wäre schwul. Das glaube ich allerdings nicht“.
„Naja, du wirst es ja wissen. Ich nehme jetzt mal an, dass du den Burschen verführt hast - und das ganz ohne Worte, ha ha.“
„Nicht ganz ohne Worte, aber hör doch einfach mal zu. Außerdem sollte die Frage erlaubt sein, wer hier wen verführt hat. Jedenfalls war der Typ die ganze Zeit mit mir am Flirten. Der hat ein unheimlich schelmisches und verführerisches Lächeln drauf. Allein damit schaffte er es schon, mich feucht werden zu lassen. Ich erwiderte seine Blicke, aber er machte ansonsten keine weiteren Annäherungsversuche, die ganze Woche nicht. Am Gründonnerstag verkündete er dann, dass wir am Karsamstag eine Gelegenheit zur Beichte hätten, falls wir in der Ostermesse am Sonntag die Kommunion empfangen wollten. Tja, und da dies anscheinend die einzige Gelegenheit war, mit dem Schelm ins Gespräch zu kommen, habe ich mir einen teuflischen Plan zurechtgelegt“ raunte Liz verschwörerisch.
„Also, du hast den armen Pater im Beichtstuhl verführt!?“, platzte Claude ungläubig heraus.
„Geht’s vielleicht noch lauter? Müssen ja nicht gleich alle hier hören, Mann! Und außerdem: Wieso armer Pater? Ich glaube kaum, dass er
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