Hamburg - Dänemark
knurrte.
„Morgen“, murmelte ich.
Nathan nickte stumm und reichte mir einen Becher, bevor er sich weiter mit dem Rührei beschäftigte, das in der Pfanne vor sich hin briet. Während ich den Kaffee trank lehnte ich am Kühlschrank und beobachtete Nathan, ohne ihn richtig wahrzunehmen. Immer noch war ich mit der Blasattacke der letzten Nacht beschäftigt, überlegte, wieso und vor allem ob Bastian das getan hatte. Ich konnte ja unmöglich direkt fragen, das wäre zu peinlich gewesen. Mit dem Becher in der Hand verließ ich die Küche und ging ins Wohnzimmer, wo sich schon ein paar meiner Freunde am Frühstückstisch eingefunden hatten und leise unterhielten.
Nathan war mir gefolgt und verteilte das Rührei auf den Tellern. Kurz darauf brachte er die Brötchen und die Gespräche verstummten. Während des Essens redete ich nicht gern, danach und davor auch nicht. Allerdings störte es mich nicht, wenn andere gleichzeitig essen und labern konnten. Dolly und Sara quatschten die ganze Zeit, was ich zwar registrierte, jedoch ausblenden konnte. Nur als Bastian das Zimmer betrat und sich neben mich setzte, murmelte ich ein kurzes: „Morgen.“
Er nickte mir zu und bediente sich an den Brötchen. Verstohlen beobachtete ich ihn, versuchte Anzeichen von einem schlechten Gewissen festzustellen, fand aber nichts. Er wirkte so entspannt wie immer. Also hatte ich wohl geträumt, beschloss ich, und atmete innerlich auf. Es wäre mir doch unsäglich peinlich gewesen, wenn es wirklich passiert wäre.
Nach dem Frühstück ging es wieder zum Strand und alle taten das, wozu sie Lust hatten. Diesmal lieh ich mir Sandros Surfbrett und versuchte mein Glück. Irgendwie wollte ich Abstand zu Bastian, obwohl ja gar nichts passiert war. Ich war kein guter Surfer und gab nach einigen Versuchen auf. Es war einfach zu anstrengend, immer wieder auf das Brett zu klettern. Atemlos lief ich zu meinem Handtuch und ließ mich lang darauf fallen. Nach einer Weile, ich hatte mich gerade etwas erholt, fiel ein Schatten über mich.
Ich wusste ohne hinzusehen, wer da vor mir stand. Meine Sinne fühlten einfach, dass es Bastian sein musste. Irgendwie reagierte ich auf ihn immer wieder allergisch. Ein Handtuch wurde neben mir ausgebreitet, dann erschien er in meinem Gesichtsfeld.
„Schmierst du mir den Rücken ein?“ Das Lächeln, mit dem Bastian diese Bitte vorbrachte, ließ meinen Widerstand schmelzen. Ich erhob mich mit einem Knurren und kniete mich neben ihm in den Sand.
„Danke.“ Er drückte mir die Sonnenmilch in die Hand und legte sich auf den Bauch.
Wie alles an diesem Zwerg war auch sein Rücken schön. Ich schluckte und ließ Milch in meine Handfläche laufen, fuhr dann mit den Fingern über die weiche Haut. Irrte ich mich oder bekam Bastian eine Gänsehaut? Unter meinen Händen erbebte er tatsächlich und ich glaubte, ihn leise stöhnen zu hören. Schnell machte ich meine Arbeit, versuchte, möglichst neutral zu bleiben, während ich seine Beine und schließlich – war ja klar – die unglaublich entzückenden Füße einschmierte. Fast musste ich mich zwingen, die Finger von ihm zu nehmen. Es hatte sich einfach zu gut angefühlt.
Wortlos legte ich mich auf mein Handtuch und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während ich in den blauen Himmel starrte. Was hatte dieser Kerl bloß an sich, dass er mich so aufwühlte? War es sein Rasierwasser? Benutzte er überhaupt eins? Irgendwie sah er so aus, als müsste er sich gar nicht rasieren mit diesem Babyface.
„Tut mir leid wegen gestern Nacht.“
Mein Kopf ruckte herum, ungläubig starrte ich meinen Nebenmann an. Der hatte sich nicht bewegt, sah mich noch nicht einmal an. Scheiße. Also hatte ich nicht geträumt. Fieberhaft überlegte ich, was ich sagen sollte. Mir fiel nichts ein, also schwieg ich. Reden wurde sowieso überbewertet.
Ich sprach den Rest des Tages nicht mehr mit Bastian. Das tat ich nicht extra, ich wusste einfach nicht, was ich mit ihm hätte besprechen sollen. Natürlich hätte ich gern gewusst, warum er es getan hatte, aber es gab auch Dinge, die ich lieber nicht hören wollte. Zum Beispiel, dass er sich in mich verliebt hatte.
Immer wieder beobachtete ich ihn, wenn ich glaubte, dass er es nicht bemerkte, doch er wirkte entspannt und ausgeglichen. Meine Befürchtungen stimmten also nicht, ich war erleichtert und gleichzeitig – unzufrieden? Unbemerkt war ich in ein noch größeres Gefühlschaos geschliddert, als das, mit dem ich Hamburg verlassen
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